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Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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der Herr Bürgermeister es für gut befand, bei der Landesregierung anzutragen, daß der gefangene Müller einem entfernteren Criminalgerichte zur Untersuchung übergeben werde. Für den Fall, daß dieser Antrag gutgeheißen würde, wurde das Amt Rehburg vorgeschlagen, das zugleich ein fester Ort war.

Dieser Vorschlag wurde höheren Orts gebilligt. Der Bescheid der churfürstlich hannoverischen Regierung langte kurz darauf an und befahl die Uebersiedelung des Angeklagten nach dem Schlosse Rehburg.

Am Abend desselben Tages, an welchem dieser Befehl eingetroffen war, fuhr ein offener Wagen, mit fünf wohlbewaffneten Soldaten besetzt, in den Hof des Rathhausgebäudes ein. Der Müller, mit Ketten belastet, wurde herausgeführt und mußte in der Mitte der Soldaten seinen Platz nehmen. Bald bewegte sich der Wagen und bog in ein ödes Seitengäßchen ein, um auf einem Umwege auf das Heimlichste aus der Stadt herausgeführt zu werden.

Diese Anstalten blieben aber nicht so ganz geheim, als man glaubte. Dem Rathhause gegenüber war seit Einbruch der Dämmerung ein junger Mensch auf den steinernen Stufen eines Brunnens in stiller Trauer gesessen. Es war Wendelin. Seitdem der Müller in Haft war, irrte er fast täglich wie ein Geist in der Nähe des Rathhauses umher; besonders in der Dämmerung, bis tief in die Nacht hinein, hätte ihn ein aufmerksames Auge oft erspähen können. Da ihm ver-

der Herr Bürgermeister es für gut befand, bei der Landesregierung anzutragen, daß der gefangene Müller einem entfernteren Criminalgerichte zur Untersuchung übergeben werde. Für den Fall, daß dieser Antrag gutgeheißen würde, wurde das Amt Rehburg vorgeschlagen, das zugleich ein fester Ort war.

Dieser Vorschlag wurde höheren Orts gebilligt. Der Bescheid der churfürstlich hannoverischen Regierung langte kurz darauf an und befahl die Uebersiedelung des Angeklagten nach dem Schlosse Rehburg.

Am Abend desselben Tages, an welchem dieser Befehl eingetroffen war, fuhr ein offener Wagen, mit fünf wohlbewaffneten Soldaten besetzt, in den Hof des Rathhausgebäudes ein. Der Müller, mit Ketten belastet, wurde herausgeführt und mußte in der Mitte der Soldaten seinen Platz nehmen. Bald bewegte sich der Wagen und bog in ein ödes Seitengäßchen ein, um auf einem Umwege auf das Heimlichste aus der Stadt herausgeführt zu werden.

Diese Anstalten blieben aber nicht so ganz geheim, als man glaubte. Dem Rathhause gegenüber war seit Einbruch der Dämmerung ein junger Mensch auf den steinernen Stufen eines Brunnens in stiller Trauer gesessen. Es war Wendelin. Seitdem der Müller in Haft war, irrte er fast täglich wie ein Geist in der Nähe des Rathhauses umher; besonders in der Dämmerung, bis tief in die Nacht hinein, hätte ihn ein aufmerksames Auge oft erspähen können. Da ihm ver-

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[0060] der Herr Bürgermeister es für gut befand, bei der Landesregierung anzutragen, daß der gefangene Müller einem entfernteren Criminalgerichte zur Untersuchung übergeben werde. Für den Fall, daß dieser Antrag gutgeheißen würde, wurde das Amt Rehburg vorgeschlagen, das zugleich ein fester Ort war. Dieser Vorschlag wurde höheren Orts gebilligt. Der Bescheid der churfürstlich hannoverischen Regierung langte kurz darauf an und befahl die Uebersiedelung des Angeklagten nach dem Schlosse Rehburg. Am Abend desselben Tages, an welchem dieser Befehl eingetroffen war, fuhr ein offener Wagen, mit fünf wohlbewaffneten Soldaten besetzt, in den Hof des Rathhausgebäudes ein. Der Müller, mit Ketten belastet, wurde herausgeführt und mußte in der Mitte der Soldaten seinen Platz nehmen. Bald bewegte sich der Wagen und bog in ein ödes Seitengäßchen ein, um auf einem Umwege auf das Heimlichste aus der Stadt herausgeführt zu werden. Diese Anstalten blieben aber nicht so ganz geheim, als man glaubte. Dem Rathhause gegenüber war seit Einbruch der Dämmerung ein junger Mensch auf den steinernen Stufen eines Brunnens in stiller Trauer gesessen. Es war Wendelin. Seitdem der Müller in Haft war, irrte er fast täglich wie ein Geist in der Nähe des Rathhauses umher; besonders in der Dämmerung, bis tief in die Nacht hinein, hätte ihn ein aufmerksames Auge oft erspähen können. Da ihm ver-

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/60>, abgerufen am 21.11.2024.