Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Der Himmel war weithin feurig geröthet, und in den vom Winde gejagten, eilig dahin jagenden Wolken spiegelte sich die Gluth bald mehr, bald minder stark. Alle Rettungsversuche blieben erfolglos. Nach einer Stunde war der Dachstuhl der Mühle ganz verzehrt. Bald schien der Flammenherd in sich zusammenzusinken, bald schlug die helle Lohe mit erneuerter Wuth empor, dickes, schweres, dunkelschwarzes Rauchgewölk über den Fluß hinsendend. Der Müller, kaum noch von seiner Wunde genesen, nun wieder von einem furchtbaren Schicksale getroffen, saß bleich, aber ruhig im Kahne, in der Mitte seiner Feinde, und sah, wie sein Haus niederbrannte. Dann wendete er sich wieder seinem treuen Wendelin zu, den sie der Länge nach hingelegt hatten. Erst als die Feuersbrunst ihrem Ende sich näherte, ergriffen die Soldaten die Ruder und entfernten sich von der Stätte des Unheils. Stumm, finster, starr fuhr der schwergeprüfte Mann dahin, wie gefaßt darauf, daß Alles in Stücken gehe, was ihm bis zum heutigen Tage das Leben werth gemacht hatte. Eine Stunde später war er wieder in seinem früheren Kerker. Im Laufe des Nachmittags wurde er unter starker Militärbedeckung nach Rehburg geschafft. Der Brand selbst dauerte noch den ganzen Tag fort. Das Glimmen und vereinzelte Aufflackern des Der Himmel war weithin feurig geröthet, und in den vom Winde gejagten, eilig dahin jagenden Wolken spiegelte sich die Gluth bald mehr, bald minder stark. Alle Rettungsversuche blieben erfolglos. Nach einer Stunde war der Dachstuhl der Mühle ganz verzehrt. Bald schien der Flammenherd in sich zusammenzusinken, bald schlug die helle Lohe mit erneuerter Wuth empor, dickes, schweres, dunkelschwarzes Rauchgewölk über den Fluß hinsendend. Der Müller, kaum noch von seiner Wunde genesen, nun wieder von einem furchtbaren Schicksale getroffen, saß bleich, aber ruhig im Kahne, in der Mitte seiner Feinde, und sah, wie sein Haus niederbrannte. Dann wendete er sich wieder seinem treuen Wendelin zu, den sie der Länge nach hingelegt hatten. Erst als die Feuersbrunst ihrem Ende sich näherte, ergriffen die Soldaten die Ruder und entfernten sich von der Stätte des Unheils. Stumm, finster, starr fuhr der schwergeprüfte Mann dahin, wie gefaßt darauf, daß Alles in Stücken gehe, was ihm bis zum heutigen Tage das Leben werth gemacht hatte. Eine Stunde später war er wieder in seinem früheren Kerker. Im Laufe des Nachmittags wurde er unter starker Militärbedeckung nach Rehburg geschafft. Der Brand selbst dauerte noch den ganzen Tag fort. Das Glimmen und vereinzelte Aufflackern des <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="12"> <pb facs="#f0082"/> <p>Der Himmel war weithin feurig geröthet, und in den vom Winde gejagten, eilig dahin jagenden Wolken spiegelte sich die Gluth bald mehr, bald minder stark. Alle Rettungsversuche blieben erfolglos.</p><lb/> <p>Nach einer Stunde war der Dachstuhl der Mühle ganz verzehrt. Bald schien der Flammenherd in sich zusammenzusinken, bald schlug die helle Lohe mit erneuerter Wuth empor, dickes, schweres, dunkelschwarzes Rauchgewölk über den Fluß hinsendend.</p><lb/> <p>Der Müller, kaum noch von seiner Wunde genesen, nun wieder von einem furchtbaren Schicksale getroffen, saß bleich, aber ruhig im Kahne, in der Mitte seiner Feinde, und sah, wie sein Haus niederbrannte. Dann wendete er sich wieder seinem treuen Wendelin zu, den sie der Länge nach hingelegt hatten. Erst als die Feuersbrunst ihrem Ende sich näherte, ergriffen die Soldaten die Ruder und entfernten sich von der Stätte des Unheils.</p><lb/> <p>Stumm, finster, starr fuhr der schwergeprüfte Mann dahin, wie gefaßt darauf, daß Alles in Stücken gehe, was ihm bis zum heutigen Tage das Leben werth gemacht hatte.</p><lb/> <p>Eine Stunde später war er wieder in seinem früheren Kerker.</p><lb/> <p>Im Laufe des Nachmittags wurde er unter starker Militärbedeckung nach Rehburg geschafft.</p><lb/> <p>Der Brand selbst dauerte noch den ganzen Tag fort. Das Glimmen und vereinzelte Aufflackern des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
Der Himmel war weithin feurig geröthet, und in den vom Winde gejagten, eilig dahin jagenden Wolken spiegelte sich die Gluth bald mehr, bald minder stark. Alle Rettungsversuche blieben erfolglos.
Nach einer Stunde war der Dachstuhl der Mühle ganz verzehrt. Bald schien der Flammenherd in sich zusammenzusinken, bald schlug die helle Lohe mit erneuerter Wuth empor, dickes, schweres, dunkelschwarzes Rauchgewölk über den Fluß hinsendend.
Der Müller, kaum noch von seiner Wunde genesen, nun wieder von einem furchtbaren Schicksale getroffen, saß bleich, aber ruhig im Kahne, in der Mitte seiner Feinde, und sah, wie sein Haus niederbrannte. Dann wendete er sich wieder seinem treuen Wendelin zu, den sie der Länge nach hingelegt hatten. Erst als die Feuersbrunst ihrem Ende sich näherte, ergriffen die Soldaten die Ruder und entfernten sich von der Stätte des Unheils.
Stumm, finster, starr fuhr der schwergeprüfte Mann dahin, wie gefaßt darauf, daß Alles in Stücken gehe, was ihm bis zum heutigen Tage das Leben werth gemacht hatte.
Eine Stunde später war er wieder in seinem früheren Kerker.
Im Laufe des Nachmittags wurde er unter starker Militärbedeckung nach Rehburg geschafft.
Der Brand selbst dauerte noch den ganzen Tag fort. Das Glimmen und vereinzelte Aufflackern des
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