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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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chen Miene, eben nicht die rechtschaffensten.
Er hatte kaum von seines Gastes Börse eini-
ge Muthmaßungen gefaßt, als der Gedanke
in ihm aufstieg: Der Tod eines Menschen
könne hier eine ganze Familie glücklich ma-
chen, und sei daher wohl zu entschuldigen.
Er theilte seinen beiden Söhnen diesen Ein-
fall mit, und fand sie dazu bereitwilliger, als
sie sollten. Das schändliche Vorurtheil: daß
das Leben eines Juden weit weniger als ein
christliches werth und eigentlich nur als
ein halbmenschliches zu betrachten wäre, trug
viel zu ihrer Willfährigkeit bei; und jener
Unglückliche ward im tiefsten Schlaf über-
fallen, beraubt und ermordet.

Sie hatten ihre Maasregeln so gut zu neh-
men, den Leichnam so heimlich zu verscharren
gewußt, daß niemand in der ganzen Gegend
etwas davon argwohnte. Die Vermögens-
umstände dieses Bauern besserten sich durch
diese schändliche Erbschaft gewaltig; er be-
zahlte seine Schulden; und in Jahresfrist

chen Miene, eben nicht die rechtſchaffenſten.
Er hatte kaum von ſeines Gaſtes Boͤrſe eini-
ge Muthmaßungen gefaßt, als der Gedanke
in ihm aufſtieg: Der Tod eines Menſchen
koͤnne hier eine ganze Familie gluͤcklich ma-
chen, und ſei daher wohl zu entſchuldigen.
Er theilte ſeinen beiden Soͤhnen dieſen Ein-
fall mit, und fand ſie dazu bereitwilliger, als
ſie ſollten. Das ſchaͤndliche Vorurtheil: daß
das Leben eines Juden weit weniger als ein
chriſtliches werth und eigentlich nur als
ein halbmenſchliches zu betrachten waͤre, trug
viel zu ihrer Willfaͤhrigkeit bei; und jener
Ungluͤckliche ward im tiefſten Schlaf uͤber-
fallen, beraubt und ermordet.

Sie hatten ihre Maasregeln ſo gut zu neh-
men, den Leichnam ſo heimlich zu verſcharren
gewußt, daß niemand in der ganzen Gegend
etwas davon argwohnte. Die Vermoͤgens-
umſtaͤnde dieſes Bauern beſſerten ſich durch
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zahlte ſeine Schulden; und in Jahresfriſt

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[126/0134] chen Miene, eben nicht die rechtſchaffenſten. Er hatte kaum von ſeines Gaſtes Boͤrſe eini- ge Muthmaßungen gefaßt, als der Gedanke in ihm aufſtieg: Der Tod eines Menſchen koͤnne hier eine ganze Familie gluͤcklich ma- chen, und ſei daher wohl zu entſchuldigen. Er theilte ſeinen beiden Soͤhnen dieſen Ein- fall mit, und fand ſie dazu bereitwilliger, als ſie ſollten. Das ſchaͤndliche Vorurtheil: daß das Leben eines Juden weit weniger als ein chriſtliches werth und eigentlich nur als ein halbmenſchliches zu betrachten waͤre, trug viel zu ihrer Willfaͤhrigkeit bei; und jener Ungluͤckliche ward im tiefſten Schlaf uͤber- fallen, beraubt und ermordet. Sie hatten ihre Maasregeln ſo gut zu neh- men, den Leichnam ſo heimlich zu verſcharren gewußt, daß niemand in der ganzen Gegend etwas davon argwohnte. Die Vermoͤgens- umſtaͤnde dieſes Bauern beſſerten ſich durch dieſe ſchaͤndliche Erbſchaft gewaltig; er be- zahlte ſeine Schulden; und in Jahresfriſt

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/134>, abgerufen am 23.11.2024.