Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

"neue Waaren abzuholen. Komm mit, hilf
"mir tragen! Jch will dir reichlich lohnen.
"Ueberhaupt, wenn ich merke, daß du in mein
"Geschäfte dich schickst, so will ich dich von
"nun an dazu gebrauchen, und ich wette, es
"soll dich bald besser als dein ärmlicher We-
"berstuhl nähren. Aber freilich, da deine
"Noth dringend ist, so müssen wir auch so-
"gleich uns aufmachen. Jch hatte ohnedem
"keine Lust heute zu übernachten. Mein Weib
"aber mag dableiben, und unsere Rückkunft
"abwarten.

Wer war bereitwilliger zu allem diesen, als
unser Weber! da der Krämer noch überdies
einen Zwanziger vorstreckte; da sogleich Brod
und Bier dafür eingekauft, und das Weinen
der Kinder gestilt ward, so entstand aus dem
bisherigen Klagen ein ordentlicher Jubel. Man
aß, und die beiden Männer machten sich dann
sofort auf den Weg. Dieser Weg ging durch
einen Wald. Es ward schon dunkel, bevor sie
sich noch in der Mitte desselben befanden. Als sie

K 2

„neue Waaren abzuholen. Komm mit, hilf
„mir tragen! Jch will dir reichlich lohnen.
„Ueberhaupt, wenn ich merke, daß du in mein
„Geſchaͤfte dich ſchickſt, ſo will ich dich von
„nun an dazu gebrauchen, und ich wette, es
„ſoll dich bald beſſer als dein aͤrmlicher We-
„berſtuhl naͤhren. Aber freilich, da deine
„Noth dringend iſt, ſo muͤſſen wir auch ſo-
„gleich uns aufmachen. Jch hatte ohnedem
„keine Luſt heute zu uͤbernachten. Mein Weib
„aber mag dableiben, und unſere Ruͤckkunft
„abwarten.

Wer war bereitwilliger zu allem dieſen, als
unſer Weber! da der Kraͤmer noch uͤberdies
einen Zwanziger vorſtreckte; da ſogleich Brod
und Bier dafuͤr eingekauft, und das Weinen
der Kinder geſtilt ward, ſo entſtand aus dem
bisherigen Klagen ein ordentlicher Jubel. Man
aß, und die beiden Maͤnner machten ſich dann
ſofort auf den Weg. Dieſer Weg ging durch
einen Wald. Es ward ſchon dunkel, bevor ſie
ſich noch in der Mitte deſſelben befanden. Als ſie

K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0155" n="147"/>
&#x201E;neue Waaren abzuholen. Komm mit, hilf<lb/>
&#x201E;mir tragen! Jch will dir reichlich lohnen.<lb/>
&#x201E;Ueberhaupt, wenn ich merke, daß du in mein<lb/>
&#x201E;Ge&#x017F;cha&#x0364;fte dich &#x017F;chick&#x017F;t, &#x017F;o will ich dich von<lb/>
&#x201E;nun an dazu gebrauchen, und ich wette, es<lb/>
&#x201E;&#x017F;oll dich bald be&#x017F;&#x017F;er als dein a&#x0364;rmlicher We-<lb/>
&#x201E;ber&#x017F;tuhl na&#x0364;hren. Aber freilich, da deine<lb/>
&#x201E;Noth dringend i&#x017F;t, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir auch &#x017F;o-<lb/>
&#x201E;gleich uns aufmachen. Jch hatte ohnedem<lb/>
&#x201E;keine Lu&#x017F;t heute zu u&#x0364;bernachten. Mein Weib<lb/>
&#x201E;aber mag dableiben, und un&#x017F;ere Ru&#x0364;ckkunft<lb/>
&#x201E;abwarten.</p><lb/>
          <p>Wer war bereitwilliger zu allem die&#x017F;en, als<lb/>
un&#x017F;er Weber! da der Kra&#x0364;mer noch u&#x0364;berdies<lb/>
einen Zwanziger vor&#x017F;treckte; da &#x017F;ogleich Brod<lb/>
und Bier dafu&#x0364;r eingekauft, und das Weinen<lb/>
der Kinder ge&#x017F;tilt ward, &#x017F;o ent&#x017F;tand aus dem<lb/>
bisherigen Klagen ein ordentlicher Jubel. Man<lb/>
aß, und die beiden Ma&#x0364;nner machten &#x017F;ich dann<lb/>
&#x017F;ofort auf den Weg. Die&#x017F;er Weg ging durch<lb/>
einen Wald. Es ward &#x017F;chon dunkel, bevor &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich noch in der Mitte de&#x017F;&#x017F;elben befanden. Als &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0155] „neue Waaren abzuholen. Komm mit, hilf „mir tragen! Jch will dir reichlich lohnen. „Ueberhaupt, wenn ich merke, daß du in mein „Geſchaͤfte dich ſchickſt, ſo will ich dich von „nun an dazu gebrauchen, und ich wette, es „ſoll dich bald beſſer als dein aͤrmlicher We- „berſtuhl naͤhren. Aber freilich, da deine „Noth dringend iſt, ſo muͤſſen wir auch ſo- „gleich uns aufmachen. Jch hatte ohnedem „keine Luſt heute zu uͤbernachten. Mein Weib „aber mag dableiben, und unſere Ruͤckkunft „abwarten. Wer war bereitwilliger zu allem dieſen, als unſer Weber! da der Kraͤmer noch uͤberdies einen Zwanziger vorſtreckte; da ſogleich Brod und Bier dafuͤr eingekauft, und das Weinen der Kinder geſtilt ward, ſo entſtand aus dem bisherigen Klagen ein ordentlicher Jubel. Man aß, und die beiden Maͤnner machten ſich dann ſofort auf den Weg. Dieſer Weg ging durch einen Wald. Es ward ſchon dunkel, bevor ſie ſich noch in der Mitte deſſelben befanden. Als ſie K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/155
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/155>, abgerufen am 23.11.2024.