Verdächtige Umstände, fremde Zeugnisse, eigne Widersprüche, häuften sich iezt stärker, als vorher, gegen ihn. Die Justiz, ihrem damaligen Schlendrian getreu, sprach aber- mals auf geschärfte peinliche Frage. Man fand dies volkommen in der Ordnung; nur war man verlegen drüber: welche Marter eigentlich gegen eine Person zu gebrauchen sei, deren Hartnäckigkeit man schon aus Proben kante. Der Culmbacher Freimann bot auch hier seine Beihülfe an; und mit einem Scharf- sinn, der jeden gefühlvollen Menschen zwar zu Unwillen und Abscheu reizt, den man aber ein halbes Jahrhundert früher, bei Leuten seiner Art, sehr zu billigen pflegte, zwang er das wirklich, was er zwingen wolte. Denn ein feines baumwollenes Hemde, in Baumöl eingetaucht, und mit einer gewissen Vorsicht am Leibe des Hundssattlers angezündet, ver- ursachte diesem so unerträgliche Schmerzen, daß er sich endlich alles zu bekennen erbot.
Verdaͤchtige Umſtaͤnde, fremde Zeugniſſe, eigne Widerſpruͤche, haͤuften ſich iezt ſtaͤrker, als vorher, gegen ihn. Die Juſtiz, ihrem damaligen Schlendrian getreu, ſprach aber- mals auf geſchaͤrfte peinliche Frage. Man fand dies volkommen in der Ordnung; nur war man verlegen druͤber: welche Marter eigentlich gegen eine Perſon zu gebrauchen ſei, deren Hartnaͤckigkeit man ſchon aus Proben kante. Der Culmbacher Freimann bot auch hier ſeine Beihuͤlfe an; und mit einem Scharf- ſinn, der jeden gefuͤhlvollen Menſchen zwar zu Unwillen und Abſcheu reizt, den man aber ein halbes Jahrhundert fruͤher, bei Leuten ſeiner Art, ſehr zu billigen pflegte, zwang er das wirklich, was er zwingen wolte. Denn ein feines baumwollenes Hemde, in Baumoͤl eingetaucht, und mit einer gewiſſen Vorſicht am Leibe des Hundsſattlers angezuͤndet, ver- urſachte dieſem ſo unertraͤgliche Schmerzen, daß er ſich endlich alles zu bekennen erbot.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0168"n="160"/><p>Verdaͤchtige Umſtaͤnde, fremde Zeugniſſe,<lb/>
eigne Widerſpruͤche, haͤuften ſich iezt ſtaͤrker,<lb/>
als vorher, gegen ihn. Die Juſtiz, ihrem<lb/>
damaligen Schlendrian getreu, ſprach aber-<lb/>
mals auf geſchaͤrfte peinliche Frage. Man<lb/>
fand dies volkommen in der Ordnung; nur<lb/>
war man verlegen druͤber: welche Marter<lb/>
eigentlich gegen eine Perſon zu gebrauchen ſei,<lb/>
deren Hartnaͤckigkeit man ſchon aus Proben<lb/>
kante. Der Culmbacher Freimann bot auch<lb/>
hier ſeine Beihuͤlfe an; und mit einem Scharf-<lb/>ſinn, der jeden gefuͤhlvollen Menſchen zwar<lb/>
zu Unwillen und Abſcheu reizt, den man aber<lb/>
ein halbes Jahrhundert fruͤher, bei Leuten<lb/>ſeiner Art, ſehr zu billigen pflegte, zwang er<lb/>
das wirklich, was er zwingen wolte. Denn<lb/>
ein feines baumwollenes Hemde, in Baumoͤl<lb/>
eingetaucht, und mit einer gewiſſen Vorſicht<lb/>
am Leibe des Hundsſattlers angezuͤndet, ver-<lb/>
urſachte dieſem ſo unertraͤgliche Schmerzen,<lb/>
daß er ſich endlich alles zu bekennen erbot.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[160/0168]
Verdaͤchtige Umſtaͤnde, fremde Zeugniſſe,
eigne Widerſpruͤche, haͤuften ſich iezt ſtaͤrker,
als vorher, gegen ihn. Die Juſtiz, ihrem
damaligen Schlendrian getreu, ſprach aber-
mals auf geſchaͤrfte peinliche Frage. Man
fand dies volkommen in der Ordnung; nur
war man verlegen druͤber: welche Marter
eigentlich gegen eine Perſon zu gebrauchen ſei,
deren Hartnaͤckigkeit man ſchon aus Proben
kante. Der Culmbacher Freimann bot auch
hier ſeine Beihuͤlfe an; und mit einem Scharf-
ſinn, der jeden gefuͤhlvollen Menſchen zwar
zu Unwillen und Abſcheu reizt, den man aber
ein halbes Jahrhundert fruͤher, bei Leuten
ſeiner Art, ſehr zu billigen pflegte, zwang er
das wirklich, was er zwingen wolte. Denn
ein feines baumwollenes Hemde, in Baumoͤl
eingetaucht, und mit einer gewiſſen Vorſicht
am Leibe des Hundsſattlers angezuͤndet, ver-
urſachte dieſem ſo unertraͤgliche Schmerzen,
daß er ſich endlich alles zu bekennen erbot.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/168>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.