Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

gern entschuldigt hätten, ein günstiges Zeug-
nis; und ein paar einzelne Züge von Gutmü-
thigkeit werden im Verfolge dieser Erzälung
vorkommen. Er gestand überdies selbst, bald
nach seiner Hochzeit, zu Strzedokluk beim Tan-
ze, eine gewiße Dirne von Tellez kennen ge-
lernt zu haben, die er gewiß geehlicht haben
würde, wenn er nur erst seine jezzige Frau los-
gewesen wäre. Vielleicht war es daher diese
neue Liebe, vielleicht auch blos ein natürlicher
Wankelmuth, der ihn antrieb, schon vor Ver-
lauf des zweiten Jahrs, nichts sehnlicher zu
wünschen, als, bald wieder Wittwer zu wer-
den; oder vielmehr sich selbst zum Wittwer
zu machen.

Seine ersten Gedanken gingen jezt -- sehr
nach gewöhnlicher Art roher Seelen! -- auf
abergläubische Mittel. Mit nichts schlägt der
Pöbel lieber todt, als mit -- Simpathie,*)

*) Und zwar sehr natürlich, wie mich dünkt!
Nicht nur, weil er steif und fest an den En-
flus solcher Alfanzereien glaubt; sondern weil

gern entſchuldigt haͤtten, ein guͤnſtiges Zeug-
nis; und ein paar einzelne Zuͤge von Gutmuͤ-
thigkeit werden im Verfolge dieſer Erzaͤlung
vorkommen. Er geſtand uͤberdies ſelbſt, bald
nach ſeiner Hochzeit, zu Strzedokluk beim Tan-
ze, eine gewiße Dirne von Tellez kennen ge-
lernt zu haben, die er gewiß geehlicht haben
wuͤrde, wenn er nur erſt ſeine jezzige Frau los-
geweſen waͤre. Vielleicht war es daher dieſe
neue Liebe, vielleicht auch blos ein natuͤrlicher
Wankelmuth, der ihn antrieb, ſchon vor Ver-
lauf des zweiten Jahrs, nichts ſehnlicher zu
wuͤnſchen, als, bald wieder Wittwer zu wer-
den; oder vielmehr ſich ſelbſt zum Wittwer
zu machen.

Seine erſten Gedanken gingen jezt — ſehr
nach gewoͤhnlicher Art roher Seelen! — auf
aberglaͤubiſche Mittel. Mit nichts ſchlaͤgt der
Poͤbel lieber todt, als mit — Simpathie,*)

*) Und zwar ſehr natürlich, wie mich dünkt!
Nicht nur, weil er ſteif und feſt an den En-
flus ſolcher Alfanzereien glaubt; ſondern weil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0226" n="218"/>
gern ent&#x017F;chuldigt ha&#x0364;tten, ein gu&#x0364;n&#x017F;tiges Zeug-<lb/>
nis; und ein paar einzelne Zu&#x0364;ge von Gutmu&#x0364;-<lb/>
thigkeit werden im Verfolge die&#x017F;er Erza&#x0364;lung<lb/>
vorkommen. Er ge&#x017F;tand u&#x0364;berdies &#x017F;elb&#x017F;t, bald<lb/>
nach &#x017F;einer Hochzeit, zu Strzedokluk beim Tan-<lb/>
ze, eine gewiße Dirne von Tellez kennen ge-<lb/>
lernt zu haben, die er gewiß geehlicht haben<lb/>
wu&#x0364;rde, wenn er nur er&#x017F;t &#x017F;eine jezzige Frau los-<lb/>
gewe&#x017F;en wa&#x0364;re. Vielleicht war es daher die&#x017F;e<lb/>
neue Liebe, vielleicht auch blos ein natu&#x0364;rlicher<lb/>
Wankelmuth, der ihn antrieb, &#x017F;chon vor Ver-<lb/>
lauf des zweiten Jahrs, nichts &#x017F;ehnlicher zu<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chen, als, bald wieder Wittwer zu wer-<lb/>
den; oder vielmehr &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum Wittwer<lb/>
zu machen.</p><lb/>
          <p>Seine er&#x017F;ten Gedanken gingen jezt &#x2014; &#x017F;ehr<lb/>
nach gewo&#x0364;hnlicher Art roher Seelen! &#x2014; auf<lb/>
abergla&#x0364;ubi&#x017F;che Mittel. Mit nichts &#x017F;chla&#x0364;gt der<lb/>
Po&#x0364;bel lieber todt, als mit &#x2014; Simpathie,<note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="*)">Und zwar &#x017F;ehr natürlich, wie mich dünkt!<lb/>
Nicht nur, weil er &#x017F;teif und fe&#x017F;t an den En-<lb/>
flus &#x017F;olcher Alfanzereien glaubt; &#x017F;ondern weil</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0226] gern entſchuldigt haͤtten, ein guͤnſtiges Zeug- nis; und ein paar einzelne Zuͤge von Gutmuͤ- thigkeit werden im Verfolge dieſer Erzaͤlung vorkommen. Er geſtand uͤberdies ſelbſt, bald nach ſeiner Hochzeit, zu Strzedokluk beim Tan- ze, eine gewiße Dirne von Tellez kennen ge- lernt zu haben, die er gewiß geehlicht haben wuͤrde, wenn er nur erſt ſeine jezzige Frau los- geweſen waͤre. Vielleicht war es daher dieſe neue Liebe, vielleicht auch blos ein natuͤrlicher Wankelmuth, der ihn antrieb, ſchon vor Ver- lauf des zweiten Jahrs, nichts ſehnlicher zu wuͤnſchen, als, bald wieder Wittwer zu wer- den; oder vielmehr ſich ſelbſt zum Wittwer zu machen. Seine erſten Gedanken gingen jezt — ſehr nach gewoͤhnlicher Art roher Seelen! — auf aberglaͤubiſche Mittel. Mit nichts ſchlaͤgt der Poͤbel lieber todt, als mit — Simpathie, *) *) Und zwar ſehr natürlich, wie mich dünkt! Nicht nur, weil er ſteif und feſt an den En- flus ſolcher Alfanzereien glaubt; ſondern weil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/226
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/226>, abgerufen am 23.11.2024.