Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht nur ihre Zimmerthüre offen, sondern auch
sie selbst auf den Boden hingestreckt, in ihrem
Blute schwimmend getroffen habe. Jndem er
sofort zu ihr hingeeilt, hab' er noch einiges
Leben in ihr verspürt, habe sie aufzurichten
versucht; hab' ihr zugerufen: Wer dieses
gethan? -- Würklich hätte sie noch einmal
die Augen aufgeschlagen; mühsam die Worte:
Räuber! Mörder! dreie zugleich! herausge-
stoßen; aber auch gleich drauf ihren Geist aus-
gehaucht. Jezt erst hab' er seine Blicke im
Zimmer rund herum gekehrt, und gesehn, daß
auch ein Schrank aufgesprengt worden sei.
Angstvoll hab' er zu den Nachbarn eilen, und
sie um Hülfe, um Nachforschung der Räuber,
die hier so gräslich gewirthschaftet, anrufen
wollen; doch schon auf der Treppe hab' ihn pfeil-
schnell der Gedanke ergriffen: Gott, wenn du
selbst für ihren Mörder göltest! Ein Blick
auf sich selbst habe diese Besorgniß verstärkt.
Hier und da sei sein Gewand mit Blut befleckt
gewesen. Sehr natürlich bei der Mühe, die

nicht nur ihre Zimmerthuͤre offen, ſondern auch
ſie ſelbſt auf den Boden hingeſtreckt, in ihrem
Blute ſchwimmend getroffen habe. Jndem er
ſofort zu ihr hingeeilt, hab' er noch einiges
Leben in ihr verſpuͤrt, habe ſie aufzurichten
verſucht; hab' ihr zugerufen: Wer dieſes
gethan? — Wuͤrklich haͤtte ſie noch einmal
die Augen aufgeſchlagen; muͤhſam die Worte:
Raͤuber! Moͤrder! dreie zugleich! herausge-
ſtoßen; aber auch gleich drauf ihren Geiſt aus-
gehaucht. Jezt erſt hab' er ſeine Blicke im
Zimmer rund herum gekehrt, und geſehn, daß
auch ein Schrank aufgeſprengt worden ſei.
Angſtvoll hab' er zu den Nachbarn eilen, und
ſie um Huͤlfe, um Nachforſchung der Raͤuber,
die hier ſo graͤslich gewirthſchaftet, anrufen
wollen; doch ſchon auf der Treppe hab' ihn pfeil-
ſchnell der Gedanke ergriffen: Gott, wenn du
ſelbſt fuͤr ihren Moͤrder goͤlteſt! Ein Blick
auf ſich ſelbſt habe dieſe Beſorgniß verſtaͤrkt.
Hier und da ſei ſein Gewand mit Blut befleckt
geweſen. Sehr natuͤrlich bei der Muͤhe, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0304" n="296"/>
nicht nur ihre Zimmerthu&#x0364;re offen, &#x017F;ondern auch<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t auf den Boden hinge&#x017F;treckt, in ihrem<lb/>
Blute &#x017F;chwimmend getroffen habe. Jndem er<lb/>
&#x017F;ofort zu ihr hingeeilt, hab' er noch einiges<lb/>
Leben in ihr ver&#x017F;pu&#x0364;rt, habe &#x017F;ie aufzurichten<lb/>
ver&#x017F;ucht; hab' ihr zugerufen: Wer die&#x017F;es<lb/>
gethan? &#x2014; Wu&#x0364;rklich ha&#x0364;tte &#x017F;ie noch einmal<lb/>
die Augen aufge&#x017F;chlagen; mu&#x0364;h&#x017F;am die Worte:<lb/>
Ra&#x0364;uber! Mo&#x0364;rder! dreie zugleich! herausge-<lb/>
&#x017F;toßen; aber auch gleich drauf ihren Gei&#x017F;t aus-<lb/>
gehaucht. Jezt er&#x017F;t hab' er &#x017F;eine Blicke im<lb/>
Zimmer rund herum gekehrt, und ge&#x017F;ehn, daß<lb/>
auch ein Schrank aufge&#x017F;prengt worden &#x017F;ei.<lb/>
Ang&#x017F;tvoll hab' er zu den Nachbarn eilen, und<lb/>
&#x017F;ie um Hu&#x0364;lfe, um Nachfor&#x017F;chung der Ra&#x0364;uber,<lb/>
die hier &#x017F;o gra&#x0364;slich gewirth&#x017F;chaftet, anrufen<lb/>
wollen; doch &#x017F;chon auf der Treppe hab' ihn pfeil-<lb/>
&#x017F;chnell der Gedanke ergriffen: Gott, wenn du<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r ihren Mo&#x0364;rder go&#x0364;lte&#x017F;t! Ein Blick<lb/>
auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t habe die&#x017F;e Be&#x017F;orgniß ver&#x017F;ta&#x0364;rkt.<lb/>
Hier und da &#x017F;ei &#x017F;ein Gewand mit Blut befleckt<lb/>
gewe&#x017F;en. Sehr natu&#x0364;rlich bei der Mu&#x0364;he, die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0304] nicht nur ihre Zimmerthuͤre offen, ſondern auch ſie ſelbſt auf den Boden hingeſtreckt, in ihrem Blute ſchwimmend getroffen habe. Jndem er ſofort zu ihr hingeeilt, hab' er noch einiges Leben in ihr verſpuͤrt, habe ſie aufzurichten verſucht; hab' ihr zugerufen: Wer dieſes gethan? — Wuͤrklich haͤtte ſie noch einmal die Augen aufgeſchlagen; muͤhſam die Worte: Raͤuber! Moͤrder! dreie zugleich! herausge- ſtoßen; aber auch gleich drauf ihren Geiſt aus- gehaucht. Jezt erſt hab' er ſeine Blicke im Zimmer rund herum gekehrt, und geſehn, daß auch ein Schrank aufgeſprengt worden ſei. Angſtvoll hab' er zu den Nachbarn eilen, und ſie um Huͤlfe, um Nachforſchung der Raͤuber, die hier ſo graͤslich gewirthſchaftet, anrufen wollen; doch ſchon auf der Treppe hab' ihn pfeil- ſchnell der Gedanke ergriffen: Gott, wenn du ſelbſt fuͤr ihren Moͤrder goͤlteſt! Ein Blick auf ſich ſelbſt habe dieſe Beſorgniß verſtaͤrkt. Hier und da ſei ſein Gewand mit Blut befleckt geweſen. Sehr natuͤrlich bei der Muͤhe, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/304
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/304>, abgerufen am 28.07.2024.