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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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leicht ganz ohne Grund, so wenig als ein
Rauch ganz ohne Feuer entstehe; da überdies
Alibius zwar sich selbst vertheidigt, in Rücksicht
seiner Tochter aber sehr unbestimmt sich ausge-
drückt hatte; so beschlos man, doch noch mit
der Untersuchung nicht ganz abzubrechen, son-
dern auch Amalien zu verhaften. Es geschah.
Sie ward vor Gericht geführt und befragt:
Ob sie an dem Morde ihrer Mutter keinen An-
theil habe? Ganz schuldlos in ihrem Gewis-
sen, erschrack sie bei einem Vorwurf, der so
unerwartet und so ungerecht zugleich kam.
Aber grade dieses Erschrecken galt für einen
Anklage-Grund mehr gegen sie. Man war
grausam genug, sie auf die Folter zu werfen;
und sie überstand solche mit einer Gelassenheit
und Standhaftigkeit, wie man nur selten sie
findet.

Jezt hätte die Schuldlose doch wohl ent-
lassen werden sollen! Und würklich wollte
man es thun. Aber -- schändlich und un-
glaublich beinahe! -- jezt trat ihr eigner Va-

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leicht ganz ohne Grund, ſo wenig als ein
Rauch ganz ohne Feuer entſtehe; da uͤberdies
Alibius zwar ſich ſelbſt vertheidigt, in Ruͤckſicht
ſeiner Tochter aber ſehr unbeſtimmt ſich ausge-
druͤckt hatte; ſo beſchlos man, doch noch mit
der Unterſuchung nicht ganz abzubrechen, ſon-
dern auch Amalien zu verhaften. Es geſchah.
Sie ward vor Gericht gefuͤhrt und befragt:
Ob ſie an dem Morde ihrer Mutter keinen An-
theil habe? Ganz ſchuldlos in ihrem Gewiſ-
ſen, erſchrack ſie bei einem Vorwurf, der ſo
unerwartet und ſo ungerecht zugleich kam.
Aber grade dieſes Erſchrecken galt fuͤr einen
Anklage-Grund mehr gegen ſie. Man war
grauſam genug, ſie auf die Folter zu werfen;
und ſie uͤberſtand ſolche mit einer Gelaſſenheit
und Standhaftigkeit, wie man nur ſelten ſie
findet.

Jezt haͤtte die Schuldloſe doch wohl ent-
laſſen werden ſollen! Und wuͤrklich wollte
man es thun. Aber — ſchaͤndlich und un-
glaublich beinahe! — jezt trat ihr eigner Va-

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[359/0367] leicht ganz ohne Grund, ſo wenig als ein Rauch ganz ohne Feuer entſtehe; da uͤberdies Alibius zwar ſich ſelbſt vertheidigt, in Ruͤckſicht ſeiner Tochter aber ſehr unbeſtimmt ſich ausge- druͤckt hatte; ſo beſchlos man, doch noch mit der Unterſuchung nicht ganz abzubrechen, ſon- dern auch Amalien zu verhaften. Es geſchah. Sie ward vor Gericht gefuͤhrt und befragt: Ob ſie an dem Morde ihrer Mutter keinen An- theil habe? Ganz ſchuldlos in ihrem Gewiſ- ſen, erſchrack ſie bei einem Vorwurf, der ſo unerwartet und ſo ungerecht zugleich kam. Aber grade dieſes Erſchrecken galt fuͤr einen Anklage-Grund mehr gegen ſie. Man war grauſam genug, ſie auf die Folter zu werfen; und ſie uͤberſtand ſolche mit einer Gelaſſenheit und Standhaftigkeit, wie man nur ſelten ſie findet. Jezt haͤtte die Schuldloſe doch wohl ent- laſſen werden ſollen! Und wuͤrklich wollte man es thun. Aber — ſchaͤndlich und un- glaublich beinahe! — jezt trat ihr eigner Va- Z 4

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/367>, abgerufen am 25.11.2024.