glücklichern Augenblick zu flüchten versucht. Auch dann würd' er wahrscheinlich mit Spies- ruthen nur bestraft worden seyn; wär' er nicht, nebst noch einem Unglücks-Gefährten, für die Häupter eines ganzen Komplotts an- gesehn worden.
Daß diesem Armen geholfen werden müsse -- darüber war Junkers Mitleid längst bei sich selbst einig; auch ein Ausweg fiel ihm, wiewohl etwas später, ein; Er gab dem Na- ckenden eines seiner eignen Kleider, und einen Mantel zum Umwerfen; befahl ihm dann ei- ne Laterne in die Hand zu nehmen, und ihm vorzuleuchten. So kamen sie an ein Stadt- thor. Der Vorwand, daß man ihn zu einem tödtlichen Kranken in der Vorstadt gerufen habe, öfnete Junkern, den man kante, ohne Anstand die Pforte. Sein angeblicher Be- dienter kam ganz natürlich auch mit. Kaum waren sie draußen, so wolte dieser Leztere noch- mals das Knie seines Retters umfassen; be- kam aber von Junkern nebst einem kleinen Zehr-
D d 4
gluͤcklichern Augenblick zu fluͤchten verſucht. Auch dann wuͤrd' er wahrſcheinlich mit Spies- ruthen nur beſtraft worden ſeyn; waͤr' er nicht, nebſt noch einem Ungluͤcks-Gefaͤhrten, fuͤr die Haͤupter eines ganzen Komplotts an- geſehn worden.
Daß dieſem Armen geholfen werden muͤſſe — daruͤber war Junkers Mitleid laͤngſt bei ſich ſelbſt einig; auch ein Ausweg fiel ihm, wiewohl etwas ſpaͤter, ein; Er gab dem Na- ckenden eines ſeiner eignen Kleider, und einen Mantel zum Umwerfen; befahl ihm dann ei- ne Laterne in die Hand zu nehmen, und ihm vorzuleuchten. So kamen ſie an ein Stadt- thor. Der Vorwand, daß man ihn zu einem toͤdtlichen Kranken in der Vorſtadt gerufen habe, oͤfnete Junkern, den man kante, ohne Anſtand die Pforte. Sein angeblicher Be- dienter kam ganz natuͤrlich auch mit. Kaum waren ſie draußen, ſo wolte dieſer Leztere noch- mals das Knie ſeines Retters umfaſſen; be- kam aber von Junkern nebſt einem kleinen Zehr-
D d 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0431"n="423"/>
gluͤcklichern Augenblick zu fluͤchten verſucht.<lb/>
Auch dann wuͤrd' er wahrſcheinlich mit Spies-<lb/>
ruthen nur beſtraft worden ſeyn; waͤr' er<lb/>
nicht, nebſt noch einem Ungluͤcks-Gefaͤhrten,<lb/>
fuͤr die Haͤupter eines ganzen Komplotts an-<lb/>
geſehn worden.</p><lb/><p>Daß dieſem Armen geholfen werden muͤſſe<lb/>— daruͤber war Junkers Mitleid laͤngſt bei<lb/>ſich ſelbſt einig; auch ein Ausweg fiel ihm,<lb/>
wiewohl etwas ſpaͤter, ein; Er gab dem Na-<lb/>
ckenden eines ſeiner eignen Kleider, und einen<lb/>
Mantel zum Umwerfen; befahl ihm dann ei-<lb/>
ne Laterne in die Hand zu nehmen, und ihm<lb/>
vorzuleuchten. So kamen ſie an ein Stadt-<lb/>
thor. Der Vorwand, daß man ihn zu einem<lb/>
toͤdtlichen Kranken in der Vorſtadt gerufen<lb/>
habe, oͤfnete Junkern, den man kante, ohne<lb/>
Anſtand die Pforte. Sein angeblicher Be-<lb/>
dienter kam ganz natuͤrlich auch mit. Kaum<lb/>
waren ſie draußen, ſo wolte dieſer Leztere noch-<lb/>
mals das Knie ſeines Retters umfaſſen; be-<lb/>
kam aber von Junkern nebſt einem kleinen Zehr-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D d 4</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[423/0431]
gluͤcklichern Augenblick zu fluͤchten verſucht.
Auch dann wuͤrd' er wahrſcheinlich mit Spies-
ruthen nur beſtraft worden ſeyn; waͤr' er
nicht, nebſt noch einem Ungluͤcks-Gefaͤhrten,
fuͤr die Haͤupter eines ganzen Komplotts an-
geſehn worden.
Daß dieſem Armen geholfen werden muͤſſe
— daruͤber war Junkers Mitleid laͤngſt bei
ſich ſelbſt einig; auch ein Ausweg fiel ihm,
wiewohl etwas ſpaͤter, ein; Er gab dem Na-
ckenden eines ſeiner eignen Kleider, und einen
Mantel zum Umwerfen; befahl ihm dann ei-
ne Laterne in die Hand zu nehmen, und ihm
vorzuleuchten. So kamen ſie an ein Stadt-
thor. Der Vorwand, daß man ihn zu einem
toͤdtlichen Kranken in der Vorſtadt gerufen
habe, oͤfnete Junkern, den man kante, ohne
Anſtand die Pforte. Sein angeblicher Be-
dienter kam ganz natuͤrlich auch mit. Kaum
waren ſie draußen, ſo wolte dieſer Leztere noch-
mals das Knie ſeines Retters umfaſſen; be-
kam aber von Junkern nebſt einem kleinen Zehr-
D d 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/431>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.