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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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an dem Entschluß nie wieder zu stehlen gehal-
ten. Ein paar Gelegenheiten unterwegens
hätten ihn gereizt, doch nicht verführt. Stets
in Sorgen, doch noch irgendwo entdeckt
zu werden, sei er immer tiefer gegen Mittag
zugewandert, und habe einst in der Abend-
dämmerung an der Thüre dieses Meierhofes
den Besizzer selbst um eine Gabe angesprochen.
Bitter hab' es ihm dieser verwiesen, daß er,
als ein so junger starker Bursche, nicht lieber
das Grabscheit als den Bettelstab wähle; und
da er ausSchaam vorgegeben: daß er würk-
lich Arbeit suche, ihm bei der nahen Erndte
den Plaz eines Knechts im Hofe angetragen,
wenn er anders Gutes thun wolle. -- Die-
ses leztre hab' er würklich gethan; sei auch
nach der Erndte geblieben, und bald seines
Herrn Günstling, aber bald drauf auch im
Geheim -- was freilich Entschuldigung brau-
che! -- der Günstling der jüngsten Tochter
im Hause geworden. Daß der Vater nicht
gutwillig sein Mädchen einem armen, herge-

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an dem Entſchluß nie wieder zu ſtehlen gehal-
ten. Ein paar Gelegenheiten unterwegens
haͤtten ihn gereizt, doch nicht verfuͤhrt. Stets
in Sorgen, doch noch irgendwo entdeckt
zu werden, ſei er immer tiefer gegen Mittag
zugewandert, und habe einſt in der Abend-
daͤmmerung an der Thuͤre dieſes Meierhofes
den Beſizzer ſelbſt um eine Gabe angeſprochen.
Bitter hab' es ihm dieſer verwieſen, daß er,
als ein ſo junger ſtarker Burſche, nicht lieber
das Grabſcheit als den Bettelſtab waͤhle; und
da er ausSchaam vorgegeben: daß er wuͤrk-
lich Arbeit ſuche, ihm bei der nahen Erndte
den Plaz eines Knechts im Hofe angetragen,
wenn er anders Gutes thun wolle. — Die-
ſes leztre hab' er wuͤrklich gethan; ſei auch
nach der Erndte geblieben, und bald ſeines
Herrn Guͤnſtling, aber bald drauf auch im
Geheim — was freilich Entſchuldigung brau-
che! — der Guͤnſtling der juͤngſten Tochter
im Hauſe geworden. Daß der Vater nicht
gutwillig ſein Maͤdchen einem armen, herge-

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[441/0449] an dem Entſchluß nie wieder zu ſtehlen gehal- ten. Ein paar Gelegenheiten unterwegens haͤtten ihn gereizt, doch nicht verfuͤhrt. Stets in Sorgen, doch noch irgendwo entdeckt zu werden, ſei er immer tiefer gegen Mittag zugewandert, und habe einſt in der Abend- daͤmmerung an der Thuͤre dieſes Meierhofes den Beſizzer ſelbſt um eine Gabe angeſprochen. Bitter hab' es ihm dieſer verwieſen, daß er, als ein ſo junger ſtarker Burſche, nicht lieber das Grabſcheit als den Bettelſtab waͤhle; und da er ausSchaam vorgegeben: daß er wuͤrk- lich Arbeit ſuche, ihm bei der nahen Erndte den Plaz eines Knechts im Hofe angetragen, wenn er anders Gutes thun wolle. — Die- ſes leztre hab' er wuͤrklich gethan; ſei auch nach der Erndte geblieben, und bald ſeines Herrn Guͤnſtling, aber bald drauf auch im Geheim — was freilich Entſchuldigung brau- che! — der Guͤnſtling der juͤngſten Tochter im Hauſe geworden. Daß der Vater nicht gutwillig ſein Maͤdchen einem armen, herge- E e 5

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/449>, abgerufen am 23.11.2024.