Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweimal hatte er schon seinen Freund frucht-
los zu neuer Thätigkeit aufgemuntert. D. P.
gestand frei heraus: daß ihm sein ganzes Ge-
werbe anekle. Er schilderte solches als eine Zu-
sammenhäufung von Ränken, Betrügereien,
Verdrehungen des Rechts oder Unrechts; und
der Pfarrer widersprach ihm -- nicht. Er
bestätigte vielmehr manches, was er hörte,
und wieß jedem feilen Rabulisten den Plaz in
der Verdammniß ganz zu oberst, zwischen
Kuppler und Tirannen an.

"Aber, fuhr er mit gutmüthigem Lächeln
fort, eben weil es auf diesem Pfade der Boshei-
ten und der Ränke so zahllos viele giebt, müßen
Sie umkehren, und als Beschüzzer derjeni-
gen Gerechtigkeit auftreten, die so mannichfachen
Angriffen sich ausgesezt sieht. -- Bloße un-
thätige Reue, mein Lieber, versöhnt nichts im
Himmel und auf Erden. Auch das schmerz-
liche Bedauern ehmaliger Fehltritte ist noch
keine Tugend! -- Der Feind, der mich kränk-
te, und der nun abläßt, der wohl auch um

Zweimal hatte er ſchon ſeinen Freund frucht-
los zu neuer Thaͤtigkeit aufgemuntert. D. P.
geſtand frei heraus: daß ihm ſein ganzes Ge-
werbe anekle. Er ſchilderte ſolches als eine Zu-
ſammenhaͤufung von Raͤnken, Betruͤgereien,
Verdrehungen des Rechts oder Unrechts; und
der Pfarrer widerſprach ihm — nicht. Er
beſtaͤtigte vielmehr manches, was er hoͤrte,
und wieß jedem feilen Rabuliſten den Plaz in
der Verdammniß ganz zu oberſt, zwiſchen
Kuppler und Tirannen an.

„Aber, fuhr er mit gutmuͤthigem Laͤcheln
fort, eben weil es auf dieſem Pfade der Boshei-
ten und der Raͤnke ſo zahllos viele giebt, muͤßen
Sie umkehren, und als Beſchuͤzzer derjeni-
gen Gerechtigkeit auftreten, die ſo mannichfachen
Angriffen ſich ausgeſezt ſieht. — Bloße un-
thaͤtige Reue, mein Lieber, verſoͤhnt nichts im
Himmel und auf Erden. Auch das ſchmerz-
liche Bedauern ehmaliger Fehltritte iſt noch
keine Tugend! — Der Feind, der mich kraͤnk-
te, und der nun ablaͤßt, der wohl auch um

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0532" n="524"/>
          <p>Zweimal hatte er &#x017F;chon &#x017F;einen Freund frucht-<lb/>
los zu neuer Tha&#x0364;tigkeit aufgemuntert. D. P.<lb/>
ge&#x017F;tand frei heraus: daß ihm &#x017F;ein ganzes Ge-<lb/>
werbe anekle. Er &#x017F;childerte &#x017F;olches als eine Zu-<lb/>
&#x017F;ammenha&#x0364;ufung von Ra&#x0364;nken, Betru&#x0364;gereien,<lb/>
Verdrehungen des Rechts oder Unrechts; und<lb/>
der Pfarrer wider&#x017F;prach ihm &#x2014; <hi rendition="#g">nicht</hi>. Er<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;tigte vielmehr manches, was er ho&#x0364;rte,<lb/>
und wieß jedem feilen Rabuli&#x017F;ten den Plaz in<lb/>
der Verdammniß ganz zu ober&#x017F;t, zwi&#x017F;chen<lb/>
Kuppler und Tirannen an.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Aber, fuhr er mit gutmu&#x0364;thigem La&#x0364;cheln<lb/>
fort, eben weil es auf die&#x017F;em Pfade der Boshei-<lb/>
ten und der Ra&#x0364;nke &#x017F;o zahllos viele giebt, mu&#x0364;ßen<lb/>
Sie <hi rendition="#g">umkehren</hi>, und als Be&#x017F;chu&#x0364;zzer derjeni-<lb/>
gen Gerechtigkeit auftreten, die &#x017F;o mannichfachen<lb/>
Angriffen &#x017F;ich ausge&#x017F;ezt &#x017F;ieht. &#x2014; Bloße un-<lb/>
tha&#x0364;tige Reue, mein Lieber, ver&#x017F;o&#x0364;hnt nichts im<lb/>
Himmel und auf Erden. Auch das &#x017F;chmerz-<lb/>
liche Bedauern ehmaliger Fehltritte i&#x017F;t noch<lb/>
keine Tugend! &#x2014; Der Feind, der mich kra&#x0364;nk-<lb/>
te, und der nun abla&#x0364;ßt, der wohl auch um<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[524/0532] Zweimal hatte er ſchon ſeinen Freund frucht- los zu neuer Thaͤtigkeit aufgemuntert. D. P. geſtand frei heraus: daß ihm ſein ganzes Ge- werbe anekle. Er ſchilderte ſolches als eine Zu- ſammenhaͤufung von Raͤnken, Betruͤgereien, Verdrehungen des Rechts oder Unrechts; und der Pfarrer widerſprach ihm — nicht. Er beſtaͤtigte vielmehr manches, was er hoͤrte, und wieß jedem feilen Rabuliſten den Plaz in der Verdammniß ganz zu oberſt, zwiſchen Kuppler und Tirannen an. „Aber, fuhr er mit gutmuͤthigem Laͤcheln fort, eben weil es auf dieſem Pfade der Boshei- ten und der Raͤnke ſo zahllos viele giebt, muͤßen Sie umkehren, und als Beſchuͤzzer derjeni- gen Gerechtigkeit auftreten, die ſo mannichfachen Angriffen ſich ausgeſezt ſieht. — Bloße un- thaͤtige Reue, mein Lieber, verſoͤhnt nichts im Himmel und auf Erden. Auch das ſchmerz- liche Bedauern ehmaliger Fehltritte iſt noch keine Tugend! — Der Feind, der mich kraͤnk- te, und der nun ablaͤßt, der wohl auch um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/532
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/532>, abgerufen am 23.11.2024.