Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

des andern Morgens alle Stirnen so ganz,
alle Körper so unverwundet, als sie es ohn-
gefähr sechszehn oder siebzehn Stunden früher
gewesen waren.

Einst (es mag nun an die vier und zwanzig
Jahr seyn!) als man wieder an gedachtem
Orte eine solche Tragi-Komödie begangen
hatte, fand man gegen Morgen, mitten auf
der Straße, ohnweit einem der besuchtesten
Weinhäuser, einen Grenadier entseelt, und ganz
in seinem Blute schwimmend liegen. Eine tie-
fe, tödtliche Halswunde hatte ihn dahinge-
streckt; und um diesen Anblick noch gräslicher
zu machen, lag einer seiner Kammeraden,
mit welchem der Getödete schon eine geraume
Zeit in Unfrieden gelebt hatte, die Queere auf
ihm; gab sich durch seine wütende Miene,
durch seinen gezognen blutigen Säbel, und
durch den Ort, wo man ihn fand, augen-
scheinlich als den Mörder an; schlief aber auch
zugleich, desWeines übervoll, auf diesemLeich-
name, dem Schlachtopfer seiner Wuth, eben

E

des andern Morgens alle Stirnen ſo ganz,
alle Koͤrper ſo unverwundet, als ſie es ohn-
gefaͤhr ſechszehn oder ſiebzehn Stunden fruͤher
geweſen waren.

Einſt (es mag nun an die vier und zwanzig
Jahr ſeyn!) als man wieder an gedachtem
Orte eine ſolche Tragi-Komoͤdie begangen
hatte, fand man gegen Morgen, mitten auf
der Straße, ohnweit einem der beſuchteſten
Weinhaͤuſer, einen Grenadier entſeelt, und ganz
in ſeinem Blute ſchwimmend liegen. Eine tie-
fe, toͤdtliche Halswunde hatte ihn dahinge-
ſtreckt; und um dieſen Anblick noch graͤslicher
zu machen, lag einer ſeiner Kammeraden,
mit welchem der Getoͤdete ſchon eine geraume
Zeit in Unfrieden gelebt hatte, die Queere auf
ihm; gab ſich durch ſeine wuͤtende Miene,
durch ſeinen gezognen blutigen Saͤbel, und
durch den Ort, wo man ihn fand, augen-
ſcheinlich als den Moͤrder an; ſchlief aber auch
zugleich, desWeines uͤbervoll, auf dieſemLeich-
name, dem Schlachtopfer ſeiner Wuth, eben

E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0073" n="65"/>
des andern Morgens alle Stirnen &#x017F;o ganz,<lb/>
alle Ko&#x0364;rper &#x017F;o unverwundet, als &#x017F;ie es ohn-<lb/>
gefa&#x0364;hr &#x017F;echszehn oder &#x017F;iebzehn Stunden fru&#x0364;her<lb/>
gewe&#x017F;en waren.</p><lb/>
          <p>Ein&#x017F;t (es mag nun an die vier und zwanzig<lb/>
Jahr &#x017F;eyn!) als man wieder an gedachtem<lb/>
Orte eine &#x017F;olche Tragi-Komo&#x0364;die begangen<lb/>
hatte, fand man gegen Morgen, mitten auf<lb/>
der Straße, ohnweit einem der be&#x017F;uchte&#x017F;ten<lb/>
Weinha&#x0364;u&#x017F;er, einen Grenadier ent&#x017F;eelt, und ganz<lb/>
in &#x017F;einem Blute &#x017F;chwimmend liegen. Eine tie-<lb/>
fe, to&#x0364;dtliche Halswunde hatte ihn dahinge-<lb/>
&#x017F;treckt; und um die&#x017F;en Anblick noch gra&#x0364;slicher<lb/>
zu machen, lag einer &#x017F;einer Kammeraden,<lb/>
mit welchem der Geto&#x0364;dete &#x017F;chon eine geraume<lb/>
Zeit in Unfrieden gelebt hatte, die Queere auf<lb/>
ihm; gab &#x017F;ich durch &#x017F;eine wu&#x0364;tende Miene,<lb/>
durch &#x017F;einen gezognen blutigen Sa&#x0364;bel, und<lb/>
durch den Ort, wo man ihn fand, augen-<lb/>
&#x017F;cheinlich als den Mo&#x0364;rder an; &#x017F;chlief aber auch<lb/>
zugleich, desWeines u&#x0364;bervoll, auf die&#x017F;emLeich-<lb/>
name, dem Schlachtopfer &#x017F;einer Wuth, eben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0073] des andern Morgens alle Stirnen ſo ganz, alle Koͤrper ſo unverwundet, als ſie es ohn- gefaͤhr ſechszehn oder ſiebzehn Stunden fruͤher geweſen waren. Einſt (es mag nun an die vier und zwanzig Jahr ſeyn!) als man wieder an gedachtem Orte eine ſolche Tragi-Komoͤdie begangen hatte, fand man gegen Morgen, mitten auf der Straße, ohnweit einem der beſuchteſten Weinhaͤuſer, einen Grenadier entſeelt, und ganz in ſeinem Blute ſchwimmend liegen. Eine tie- fe, toͤdtliche Halswunde hatte ihn dahinge- ſtreckt; und um dieſen Anblick noch graͤslicher zu machen, lag einer ſeiner Kammeraden, mit welchem der Getoͤdete ſchon eine geraume Zeit in Unfrieden gelebt hatte, die Queere auf ihm; gab ſich durch ſeine wuͤtende Miene, durch ſeinen gezognen blutigen Saͤbel, und durch den Ort, wo man ihn fand, augen- ſcheinlich als den Moͤrder an; ſchlief aber auch zugleich, desWeines uͤbervoll, auf dieſemLeich- name, dem Schlachtopfer ſeiner Wuth, eben E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/73
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/73>, abgerufen am 23.11.2024.