Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

schrien alle gegen diese Behauptung auf. Grün-
de, Deklamation und Eifer wurden darwider
aufgeboten; Prevot blieb ganz gelassen bei sei-
ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: "Auch
"der Mann vom redlichsten Herzen könne durch
"einen Zusammenfluß von Umständen unglück-
"lich genug seyn, ein Verbrechen zu begehn,
"worauf den Gesezzen nach der Tod, und
"zwar mit Rechte, stehe." -- Man verschmäh-
te seine Beweise; man übertäubte seine Rede;
man versicherte gerade zu: daß dies unmög-
lich sey.

"Wohlan, meine Herren" -- hub Prevot,
als er wieder gehört werden konnte, mit ei-
nem Mittelding von Lächeln und von Nach-
denken an -- wohlan, sie sind sämtlich meine
Freunde; ich rechne auf ihre Verschwiegenheit,
und bin bereit, Jhnen ein Geständnis zu thun,
das ich noch keinem sterblichen Ohre anvertraut
habe. Zuvor aber nur erst die nothwendige
Frage: Halten Sie mich sämtlich für einen
rechtschafnen Mann?"

ſchrien alle gegen dieſe Behauptung auf. Gruͤn-
de, Deklamation und Eifer wurden darwider
aufgeboten; Prevot blieb ganz gelaſſen bei ſei-
ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: „Auch
„der Mann vom redlichſten Herzen koͤnne durch
„einen Zuſammenfluß von Umſtaͤnden ungluͤck-
„lich genug ſeyn, ein Verbrechen zu begehn,
„worauf den Geſezzen nach der Tod, und
„zwar mit Rechte, ſtehe.“ -- Man verſchmaͤh-
te ſeine Beweiſe; man uͤbertaͤubte ſeine Rede;
man verſicherte gerade zu: daß dies unmoͤg-
lich ſey.

„Wohlan, meine Herren“ — hub Prevot,
als er wieder gehoͤrt werden konnte, mit ei-
nem Mittelding von Laͤcheln und von Nach-
denken an — wohlan, ſie ſind ſaͤmtlich meine
Freunde; ich rechne auf ihre Verſchwiegenheit,
und bin bereit, Jhnen ein Geſtaͤndnis zu thun,
das ich noch keinem ſterblichen Ohre anvertraut
habe. Zuvor aber nur erſt die nothwendige
Frage: Halten Sie mich ſaͤmtlich fuͤr einen
rechtſchafnen Mann?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0083" n="75"/>
&#x017F;chrien alle gegen die&#x017F;e Behauptung auf. Gru&#x0364;n-<lb/>
de, Deklamation und Eifer wurden darwider<lb/>
aufgeboten; Prevot blieb ganz gela&#x017F;&#x017F;en bei &#x017F;ei-<lb/>
ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: &#x201E;Auch<lb/>
&#x201E;der Mann vom redlich&#x017F;ten Herzen ko&#x0364;nne durch<lb/>
&#x201E;einen Zu&#x017F;ammenfluß von Um&#x017F;ta&#x0364;nden unglu&#x0364;ck-<lb/>
&#x201E;lich genug &#x017F;eyn, ein Verbrechen zu begehn,<lb/>
&#x201E;worauf den Ge&#x017F;ezzen nach der Tod, und<lb/>
&#x201E;zwar mit Rechte, &#x017F;tehe.&#x201C; -- Man ver&#x017F;chma&#x0364;h-<lb/>
te &#x017F;eine Bewei&#x017F;e; man u&#x0364;berta&#x0364;ubte &#x017F;eine Rede;<lb/>
man ver&#x017F;icherte gerade zu: daß dies unmo&#x0364;g-<lb/>
lich &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wohlan, meine Herren&#x201C; &#x2014; hub Prevot,<lb/>
als er wieder geho&#x0364;rt werden konnte, mit ei-<lb/>
nem Mittelding von La&#x0364;cheln und von Nach-<lb/>
denken an &#x2014; wohlan, &#x017F;ie &#x017F;ind &#x017F;a&#x0364;mtlich meine<lb/>
Freunde; ich rechne auf ihre Ver&#x017F;chwiegenheit,<lb/>
und bin bereit, Jhnen ein Ge&#x017F;ta&#x0364;ndnis zu thun,<lb/>
das ich noch keinem &#x017F;terblichen Ohre anvertraut<lb/>
habe. Zuvor aber nur er&#x017F;t die nothwendige<lb/>
Frage: Halten Sie mich &#x017F;a&#x0364;mtlich fu&#x0364;r einen<lb/>
recht&#x017F;chafnen Mann?&#x201C;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0083] ſchrien alle gegen dieſe Behauptung auf. Gruͤn- de, Deklamation und Eifer wurden darwider aufgeboten; Prevot blieb ganz gelaſſen bei ſei- ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: „Auch „der Mann vom redlichſten Herzen koͤnne durch „einen Zuſammenfluß von Umſtaͤnden ungluͤck- „lich genug ſeyn, ein Verbrechen zu begehn, „worauf den Geſezzen nach der Tod, und „zwar mit Rechte, ſtehe.“ -- Man verſchmaͤh- te ſeine Beweiſe; man uͤbertaͤubte ſeine Rede; man verſicherte gerade zu: daß dies unmoͤg- lich ſey. „Wohlan, meine Herren“ — hub Prevot, als er wieder gehoͤrt werden konnte, mit ei- nem Mittelding von Laͤcheln und von Nach- denken an — wohlan, ſie ſind ſaͤmtlich meine Freunde; ich rechne auf ihre Verſchwiegenheit, und bin bereit, Jhnen ein Geſtaͤndnis zu thun, das ich noch keinem ſterblichen Ohre anvertraut habe. Zuvor aber nur erſt die nothwendige Frage: Halten Sie mich ſaͤmtlich fuͤr einen rechtſchafnen Mann?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/83
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/83>, abgerufen am 27.11.2024.