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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Bemerkung gemacht: daß Frauen, wenn sie
nur vorher ein Kindbette überstanden, dann
größre Martern als Männer zu ertragen ver-
möchten. Dennoch machte eine Halsstarrigkeit
dieser Art gewaltiges Aufsehn. Das Gerüchte
davon durchlief bald das ganze kleine Fürsten-
thum.Vorzüglich sprach man in allenBierschen-
ken anSonn- undFesttagen von dieser unglaub-
lichen Bosheit, von dieser verstockten Sünde-
rin, die lieber ihren Leib verrenken, ihre Glied-
maßen verstümmeln lasse, ehe sie der Wahr-
heit eingeständig seyn wolle. Schon munkel-
ten einige: ob nicht gar ein Bündnis mit dem
T-- hier möglich sey. Daß Unschuld selbst
die Kräfte eines armen Mädchens stälen kön-
ne; daran dachte niemand.

Aber auch unter Bauern giebt es zuwei-
len Köpfe und Herzen, die ihren eignen, un-
gehinderten Gang fortgehen; giebt es Jsmaels,
deren Hand gegen Jedermann, und Jeder-
manns Hand gegen sie ist; die beim Zeitungsle-
sen sich immer zur schwächern Partei schlagen;

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Bemerkung gemacht: daß Frauen, wenn ſie
nur vorher ein Kindbette uͤberſtanden, dann
groͤßre Martern als Maͤnner zu ertragen ver-
moͤchten. Dennoch machte eine Halsſtarrigkeit
dieſer Art gewaltiges Aufſehn. Das Geruͤchte
davon durchlief bald das ganze kleine Fuͤrſten-
thum.Vorzuͤglich ſprach man in allenBierſchen-
ken anSonn- undFeſttagen von dieſer unglaub-
lichen Bosheit, von dieſer verſtockten Suͤnde-
rin, die lieber ihren Leib verrenken, ihre Glied-
maßen verſtuͤmmeln laſſe, ehe ſie der Wahr-
heit eingeſtaͤndig ſeyn wolle. Schon munkel-
ten einige: ob nicht gar ein Buͤndnis mit dem
T— hier moͤglich ſey. Daß Unſchuld ſelbſt
die Kraͤfte eines armen Maͤdchens ſtaͤlen koͤn-
ne; daran dachte niemand.

Aber auch unter Bauern giebt es zuwei-
len Koͤpfe und Herzen, die ihren eignen, un-
gehinderten Gang fortgehen; giebt es Jſmaels,
deren Hand gegen Jedermann, und Jeder-
manns Hand gegen ſie iſt; die beim Zeitungsle-
ſen ſich immer zur ſchwaͤchern Partei ſchlagen;

F 5
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[89/0097] Bemerkung gemacht: daß Frauen, wenn ſie nur vorher ein Kindbette uͤberſtanden, dann groͤßre Martern als Maͤnner zu ertragen ver- moͤchten. Dennoch machte eine Halsſtarrigkeit dieſer Art gewaltiges Aufſehn. Das Geruͤchte davon durchlief bald das ganze kleine Fuͤrſten- thum.Vorzuͤglich ſprach man in allenBierſchen- ken anSonn- undFeſttagen von dieſer unglaub- lichen Bosheit, von dieſer verſtockten Suͤnde- rin, die lieber ihren Leib verrenken, ihre Glied- maßen verſtuͤmmeln laſſe, ehe ſie der Wahr- heit eingeſtaͤndig ſeyn wolle. Schon munkel- ten einige: ob nicht gar ein Buͤndnis mit dem T— hier moͤglich ſey. Daß Unſchuld ſelbſt die Kraͤfte eines armen Maͤdchens ſtaͤlen koͤn- ne; daran dachte niemand. Aber auch unter Bauern giebt es zuwei- len Koͤpfe und Herzen, die ihren eignen, un- gehinderten Gang fortgehen; giebt es Jſmaels, deren Hand gegen Jedermann, und Jeder- manns Hand gegen ſie iſt; die beim Zeitungsle- ſen ſich immer zur ſchwaͤchern Partei ſchlagen; F 5

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/97>, abgerufen am 27.11.2024.