Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

und hier bleiben müßte! Läßt sich denn nichts machen, seine Abreise zu hintertreiben? Mir fällt nichts ein, ich bin rathlos. Nur noch einmal werde ich ihn sehen und dann, - Gott weiß, wann oder ob jemals wieder! Ich muß mich in mein entsetzliches Schicksal fügen. Wenn ich beim Abschiede nur eine einzige Thräne in seinen Augen sehe, werde ich nicht mehr unglücklich sein. Aber er sucht Ruhm und weint nicht um mich! Wenn ich gar einen Kuß von ihm haben könnte, - aber er kann nicht küssen! Sein Mund hat noch nichts geküßt, als das Krucifix! Ebenso leicht könnte ich erwarten, daß die Statue dort in der Nische herabstiege und mich in ihre Arme schlösse."

Die Sonne neigte sich zum Untergange. Arbogast sollte schon beim Morgengrauen ausreiten, um seine neue Laufbahn anzutreten. Die Prinzessin ging in den Garten hinab und lauerte auf den Geliebten, um ihn womöglich zum letzten Mal ohne Zeugen zu sprechen.

Es fing schon zu dunkeln an. Diafanta war an einem Springbrunnen, den Wasser hervorblasende Tritonen umgaben, vorübergekommen, als sie Arbogast erblickte. Sofort rief sie ihn herbei.

und hier bleiben müßte! Läßt sich denn nichts machen, seine Abreise zu hintertreiben? Mir fällt nichts ein, ich bin rathlos. Nur noch einmal werde ich ihn sehen und dann, – Gott weiß, wann oder ob jemals wieder! Ich muß mich in mein entsetzliches Schicksal fügen. Wenn ich beim Abschiede nur eine einzige Thräne in seinen Augen sehe, werde ich nicht mehr unglücklich sein. Aber er sucht Ruhm und weint nicht um mich! Wenn ich gar einen Kuß von ihm haben könnte, – aber er kann nicht küssen! Sein Mund hat noch nichts geküßt, als das Krucifix! Ebenso leicht könnte ich erwarten, daß die Statue dort in der Nische herabstiege und mich in ihre Arme schlösse.“

Die Sonne neigte sich zum Untergange. Arbogast sollte schon beim Morgengrauen ausreiten, um seine neue Laufbahn anzutreten. Die Prinzessin ging in den Garten hinab und lauerte auf den Geliebten, um ihn womöglich zum letzten Mal ohne Zeugen zu sprechen.

Es fing schon zu dunkeln an. Diafanta war an einem Springbrunnen, den Wasser hervorblasende Tritonen umgaben, vorübergekommen, als sie Arbogast erblickte. Sofort rief sie ihn herbei.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0032" n="24"/>
und hier bleiben müßte! Läßt sich denn nichts machen, seine Abreise zu hintertreiben? Mir fällt nichts ein, ich bin rathlos. Nur noch einmal werde ich ihn sehen und dann, &#x2013; Gott weiß, wann oder ob jemals wieder! Ich muß mich in mein entsetzliches Schicksal fügen. Wenn ich beim Abschiede nur eine einzige Thräne in seinen Augen sehe, werde ich nicht mehr unglücklich sein. Aber er sucht Ruhm und weint nicht um mich! Wenn ich gar einen Kuß von ihm haben könnte, &#x2013; aber er kann nicht küssen! Sein Mund hat noch nichts geküßt, als das Krucifix! Ebenso leicht könnte ich erwarten, daß die Statue dort in der Nische herabstiege und mich in ihre Arme schlösse.&#x201C;</p>
        <p>Die Sonne neigte sich zum Untergange. Arbogast sollte schon beim Morgengrauen ausreiten, um seine neue Laufbahn anzutreten. Die Prinzessin ging in den Garten hinab und lauerte auf den Geliebten, um ihn womöglich zum letzten Mal ohne Zeugen zu sprechen.</p>
        <p>Es fing schon zu dunkeln an. Diafanta war an einem Springbrunnen, den Wasser hervorblasende Tritonen umgaben, vorübergekommen, als sie Arbogast erblickte. Sofort rief sie ihn herbei.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0032] und hier bleiben müßte! Läßt sich denn nichts machen, seine Abreise zu hintertreiben? Mir fällt nichts ein, ich bin rathlos. Nur noch einmal werde ich ihn sehen und dann, – Gott weiß, wann oder ob jemals wieder! Ich muß mich in mein entsetzliches Schicksal fügen. Wenn ich beim Abschiede nur eine einzige Thräne in seinen Augen sehe, werde ich nicht mehr unglücklich sein. Aber er sucht Ruhm und weint nicht um mich! Wenn ich gar einen Kuß von ihm haben könnte, – aber er kann nicht küssen! Sein Mund hat noch nichts geküßt, als das Krucifix! Ebenso leicht könnte ich erwarten, daß die Statue dort in der Nische herabstiege und mich in ihre Arme schlösse.“ Die Sonne neigte sich zum Untergange. Arbogast sollte schon beim Morgengrauen ausreiten, um seine neue Laufbahn anzutreten. Die Prinzessin ging in den Garten hinab und lauerte auf den Geliebten, um ihn womöglich zum letzten Mal ohne Zeugen zu sprechen. Es fing schon zu dunkeln an. Diafanta war an einem Springbrunnen, den Wasser hervorblasende Tritonen umgaben, vorübergekommen, als sie Arbogast erblickte. Sofort rief sie ihn herbei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/32
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/32>, abgerufen am 23.11.2024.