Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

Gartens zu zerstreuen anfing, führte der König den Grafen zu seiner Tochter und ließ Beide nach einer kurzen und schmeichelhaften Vorstellung allein.

"Wie beneide ich Euch und alle Männer!" sagte Dona Diafanta. "Von welcher Reiselust bin ich verzehrt, und ach, wie sehr wünsche ich Gottes wunderbare Welt mit eigenen Augen zu sehen! Ich höre Geschichten aus fremden Ländern ausnehmend gern und lasse oft die Schiffer, die aus entlegenen Weltgegenden kommen, zu mir rufen und mir von ihnen erzählen."

"Viel Wunderbares habe ich gesehen," erwiderte der Graf, von der Nähe der Prinzessin und ihren schönen Augen, in deren ganze Tiefe er hineinblicken konnte, wie berauscht. "Aber das Allerwunderbarste, was ich auf meinen langen Fahrten gefunden, - das seid Ihr selbst!"

Dona Diafanta antwortete mit mildem Ernst, doch nicht ohne Vorwurf: "Ich hätte Euch für ernsthafter gehalten, Eurer Miene und Eurem Aussehen nach."

"Verzeihung," rief der Graf, höchst betroffen und verwirrt, "wenn ich gegen die schuldige Ehrerbietung

Gartens zu zerstreuen anfing, führte der König den Grafen zu seiner Tochter und ließ Beide nach einer kurzen und schmeichelhaften Vorstellung allein.

„Wie beneide ich Euch und alle Männer!“ sagte Dona Diafanta. „Von welcher Reiselust bin ich verzehrt, und ach, wie sehr wünsche ich Gottes wunderbare Welt mit eigenen Augen zu sehen! Ich höre Geschichten aus fremden Ländern ausnehmend gern und lasse oft die Schiffer, die aus entlegenen Weltgegenden kommen, zu mir rufen und mir von ihnen erzählen.“

„Viel Wunderbares habe ich gesehen,“ erwiderte der Graf, von der Nähe der Prinzessin und ihren schönen Augen, in deren ganze Tiefe er hineinblicken konnte, wie berauscht. „Aber das Allerwunderbarste, was ich auf meinen langen Fahrten gefunden, – das seid Ihr selbst!“

Dona Diafanta antwortete mit mildem Ernst, doch nicht ohne Vorwurf: „Ich hätte Euch für ernsthafter gehalten, Eurer Miene und Eurem Aussehen nach.“

„Verzeihung,“ rief der Graf, höchst betroffen und verwirrt, „wenn ich gegen die schuldige Ehrerbietung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0070" n="62"/>
Gartens zu zerstreuen anfing, führte der König den Grafen zu seiner Tochter und ließ Beide nach einer kurzen und schmeichelhaften Vorstellung allein.</p>
        <p>&#x201E;Wie beneide ich Euch und alle Männer!&#x201C; sagte Dona Diafanta. &#x201E;Von welcher Reiselust bin ich verzehrt, und ach, wie sehr wünsche ich Gottes wunderbare Welt mit eigenen Augen zu sehen! Ich höre Geschichten aus fremden Ländern ausnehmend gern und lasse oft die Schiffer, die aus entlegenen Weltgegenden kommen, zu mir rufen und mir von ihnen erzählen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Viel Wunderbares habe ich gesehen,&#x201C; erwiderte der Graf, von der Nähe der Prinzessin und ihren schönen Augen, in deren ganze Tiefe er hineinblicken konnte, wie berauscht. &#x201E;Aber das Allerwunderbarste, was ich auf meinen langen Fahrten gefunden, &#x2013; das seid Ihr selbst!&#x201C;</p>
        <p>Dona Diafanta antwortete mit mildem Ernst, doch nicht ohne Vorwurf: &#x201E;Ich hätte Euch für ernsthafter gehalten, Eurer Miene und Eurem Aussehen nach.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Verzeihung,&#x201C; rief der Graf, höchst betroffen und verwirrt, &#x201E;wenn ich gegen die schuldige Ehrerbietung
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0070] Gartens zu zerstreuen anfing, führte der König den Grafen zu seiner Tochter und ließ Beide nach einer kurzen und schmeichelhaften Vorstellung allein. „Wie beneide ich Euch und alle Männer!“ sagte Dona Diafanta. „Von welcher Reiselust bin ich verzehrt, und ach, wie sehr wünsche ich Gottes wunderbare Welt mit eigenen Augen zu sehen! Ich höre Geschichten aus fremden Ländern ausnehmend gern und lasse oft die Schiffer, die aus entlegenen Weltgegenden kommen, zu mir rufen und mir von ihnen erzählen.“ „Viel Wunderbares habe ich gesehen,“ erwiderte der Graf, von der Nähe der Prinzessin und ihren schönen Augen, in deren ganze Tiefe er hineinblicken konnte, wie berauscht. „Aber das Allerwunderbarste, was ich auf meinen langen Fahrten gefunden, – das seid Ihr selbst!“ Dona Diafanta antwortete mit mildem Ernst, doch nicht ohne Vorwurf: „Ich hätte Euch für ernsthafter gehalten, Eurer Miene und Eurem Aussehen nach.“ „Verzeihung,“ rief der Graf, höchst betroffen und verwirrt, „wenn ich gegen die schuldige Ehrerbietung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/70
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/70>, abgerufen am 15.05.2024.