Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

unbedeutende Worte mit ihr gesprochen, wie oft er auch gekommen war, um nach ihrem Befinden und ihren Wünschen zu fragen; aber er glaubte bei jedem seiner Besuche immer deutlicher wahrzunehmen, daß sie sich nach dem Augenblicke sehne, ihre Gedanken mit ihm auszutauschen.

Die Auffassung der ganzen Lage hatte sich inzwischen bei ihm von Grund aus verändert. Als die erste Bestürzung vorüber war, entschloß er sich Anfangs, die Dinge zu nehmen, wie sie einmal waren, und sich in das Unabwendbare zu fügen; aber dieser rein vernünftige Standpunkt, der ihm zunächst einige Beruhigung gewährte, ließ sich nicht lange behaupten, da das unwillig zum Schweigen gebrachte Herz sofort darein redete und bald allein die Sprache führte.

Und nun war Alles gleich umgekehrt. Der Schrecken verwandelte sich in Freude, und was kurz vorher wie ein zerschmetterndes Verhängniß aussah, nahm sich wie eine glückliche, hocherwünschte Fügung des Himmels aus. Die wieder erwachte Liebe schwoll zu einer überwältigenden Leidenschaft an, vor welcher alle aufsteigenden Bedenken wie Spreu im Winde verflogen.

unbedeutende Worte mit ihr gesprochen, wie oft er auch gekommen war, um nach ihrem Befinden und ihren Wünschen zu fragen; aber er glaubte bei jedem seiner Besuche immer deutlicher wahrzunehmen, daß sie sich nach dem Augenblicke sehne, ihre Gedanken mit ihm auszutauschen.

Die Auffassung der ganzen Lage hatte sich inzwischen bei ihm von Grund aus verändert. Als die erste Bestürzung vorüber war, entschloß er sich Anfangs, die Dinge zu nehmen, wie sie einmal waren, und sich in das Unabwendbare zu fügen; aber dieser rein vernünftige Standpunkt, der ihm zunächst einige Beruhigung gewährte, ließ sich nicht lange behaupten, da das unwillig zum Schweigen gebrachte Herz sofort darein redete und bald allein die Sprache führte.

Und nun war Alles gleich umgekehrt. Der Schrecken verwandelte sich in Freude, und was kurz vorher wie ein zerschmetterndes Verhängniß aussah, nahm sich wie eine glückliche, hocherwünschte Fügung des Himmels aus. Die wieder erwachte Liebe schwoll zu einer überwältigenden Leidenschaft an, vor welcher alle aufsteigenden Bedenken wie Spreu im Winde verflogen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0088" n="80"/>
unbedeutende Worte mit ihr gesprochen, wie oft er auch gekommen war, um nach ihrem Befinden und ihren Wünschen zu fragen; aber er glaubte bei jedem seiner Besuche immer deutlicher wahrzunehmen, daß sie sich nach dem Augenblicke sehne, ihre Gedanken mit ihm auszutauschen.</p>
        <p>Die Auffassung der ganzen Lage hatte sich inzwischen bei ihm von Grund aus verändert. Als die erste Bestürzung vorüber war, entschloß er sich Anfangs, die Dinge zu nehmen, wie sie einmal waren, und sich in das Unabwendbare zu fügen; aber dieser rein vernünftige Standpunkt, der ihm zunächst einige Beruhigung gewährte, ließ sich nicht lange behaupten, da das unwillig zum Schweigen gebrachte Herz sofort darein redete und bald allein die Sprache führte.</p>
        <p>Und nun war Alles gleich umgekehrt. Der Schrecken verwandelte sich in Freude, und was kurz vorher wie ein zerschmetterndes Verhängniß aussah, nahm sich wie eine glückliche, hocherwünschte Fügung des Himmels aus. Die wieder erwachte Liebe schwoll zu einer überwältigenden Leidenschaft an, vor welcher alle aufsteigenden Bedenken wie Spreu im Winde verflogen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0088] unbedeutende Worte mit ihr gesprochen, wie oft er auch gekommen war, um nach ihrem Befinden und ihren Wünschen zu fragen; aber er glaubte bei jedem seiner Besuche immer deutlicher wahrzunehmen, daß sie sich nach dem Augenblicke sehne, ihre Gedanken mit ihm auszutauschen. Die Auffassung der ganzen Lage hatte sich inzwischen bei ihm von Grund aus verändert. Als die erste Bestürzung vorüber war, entschloß er sich Anfangs, die Dinge zu nehmen, wie sie einmal waren, und sich in das Unabwendbare zu fügen; aber dieser rein vernünftige Standpunkt, der ihm zunächst einige Beruhigung gewährte, ließ sich nicht lange behaupten, da das unwillig zum Schweigen gebrachte Herz sofort darein redete und bald allein die Sprache führte. Und nun war Alles gleich umgekehrt. Der Schrecken verwandelte sich in Freude, und was kurz vorher wie ein zerschmetterndes Verhängniß aussah, nahm sich wie eine glückliche, hocherwünschte Fügung des Himmels aus. Die wieder erwachte Liebe schwoll zu einer überwältigenden Leidenschaft an, vor welcher alle aufsteigenden Bedenken wie Spreu im Winde verflogen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource.

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/88
Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/88>, abgerufen am 15.05.2024.