Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

Bild:
<< vorherige Seite
CCLXX. Von einem Poe-
ten.

EJn Poet schreibet auff ein zeit ein
Carmen vnnd wüntschet einem Graf-
fen glück darinn/ verhoffend ein statt-
lich verehrung zu vberkommen. Da
nun der Graff das Buch ein weil besehen hat-
te/ lest er den Koch zu sich fordern/ heist es den
Poeten mit sich in die Küchen nehmen/ vnd et-
was essen geben. Der Poet gehet mit den Koch/
vnd isset vnder den schmutzichten küchen jun-
gen ein morgensuppen. Er wartet drey oder
vier stundt/ vermeinendt/ es werde etwas
mehr geben/ aber es ist vmb sonst, wird end-
lich des Rauchs müd/ gehet wider heim/ vnd
sagt zum Koch/ wen es die gelegenheit geben
wolte/ solt er dem Herrn für die Suppen dan-
cken. Da er nun heim kompt/ klagt er bey sei-
nen professoren vnd Studenten in der lection
offentlich viel vber des Grafen vnbescheiden-
heit/ sagendt/ es sey ein schön lustiges Studi-
um vmb die Poesin/ aber es trag nicht viel in
die küchen: Dann er hab groß mühe vnd Ar-
beit mit einem Carmine gehabt/ so er einem
Graffen dediciret/ hab endlich ein Suppen zu
lohn bekommen. Ließ derwegen Poesin blei-
ben/ begab sich zum Rechten/ den jn bedaucht/
durch dasselb wolte er mehr Gelt
vnd guts erwerben kön-
nen.

Von
S iiij
CCLXX. Von einem Poe-
ten.

EJn Poet ſchreibet auff ein zeit ein
Carmen vnnd wuͤntſchet einem Graf-
fen gluͤck darinn/ verhoffend ein ſtatt-
lich verehrung zu vberkommen. Da
nun der Graff das Buch ein weil beſehen hat-
te/ leſt er den Koch zu ſich fordern/ heiſt es den
Poeten mit ſich in die Kuͤchen nehmen/ vnd et-
was eſſen geben. Der Poet gehet mit dẽ Koch/
vnd iſſet vnder den ſchmutzichten kuͤchen jun-
gen ein morgenſuppen. Er wartet drey oder
vier ſtundt/ vermeinendt/ es werde etwas
mehr geben/ aber es iſt vmb ſonſt, wird end-
lich des Rauchs muͤd/ gehet wider heim/ vnd
ſagt zum Koch/ wen es die gelegenheit geben
wolte/ ſolt er dem Herrn fuͤr die Suppen dan-
cken. Da er nun heim kompt/ klagt er bey ſei-
nen profeſſoren vnd Studenten in der lection
offentlich viel vber des Grafen vnbeſcheiden-
heit/ ſagendt/ es ſey ein ſchoͤn luſtiges Studi-
um vmb die Poeſin/ aber es trag nicht viel in
die kuͤchen: Dann er hab groß muͤhe vnd Ar-
beit mit einem Carmine gehabt/ ſo er einem
Graffen dediciret/ hab endlich ein Suppen zu
lohn bekommen. Ließ derwegen Poeſin blei-
ben/ begab ſich zum Rechten/ den jn bedaucht/
durch daſſelb wolte er mehr Gelt
vnd guts erwerben koͤn-
nen.

Von
S iiij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0271" n="263"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CCLXX.</hi></hi> Von einem Poe-<lb/>
ten.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>Jn Poet &#x017F;chreibet auff ein zeit ein<lb/>
Carmen vnnd wu&#x0364;nt&#x017F;chet einem Graf-<lb/>
fen glu&#x0364;ck darinn/ verhoffend ein &#x017F;tatt-<lb/>
lich verehrung zu vberkommen. Da<lb/>
nun der Graff das Buch ein weil be&#x017F;ehen hat-<lb/>
te/ le&#x017F;t er den Koch zu &#x017F;ich fordern/ hei&#x017F;t es den<lb/>
Poeten mit &#x017F;ich in die Ku&#x0364;chen nehmen/ vnd et-<lb/>
was e&#x017F;&#x017F;en geben. Der Poet gehet mit de&#x0303; Koch/<lb/>
vnd i&#x017F;&#x017F;et vnder den &#x017F;chmutzichten ku&#x0364;chen jun-<lb/>
gen ein morgen&#x017F;uppen. Er wartet drey oder<lb/>
vier &#x017F;tundt/ vermeinendt/ es werde etwas<lb/>
mehr geben/ aber es i&#x017F;t vmb &#x017F;on&#x017F;t, wird end-<lb/>
lich des Rauchs mu&#x0364;d/ gehet wider heim/ vnd<lb/>
&#x017F;agt zum Koch/ wen es die gelegenheit geben<lb/>
wolte/ &#x017F;olt er dem Herrn fu&#x0364;r die Suppen dan-<lb/>
cken. Da er nun heim kompt/ klagt er bey &#x017F;ei-<lb/>
nen profe&#x017F;&#x017F;oren vnd Studenten in der lection<lb/>
offentlich viel vber des Grafen vnbe&#x017F;cheiden-<lb/>
heit/ &#x017F;agendt/ es &#x017F;ey ein &#x017F;cho&#x0364;n lu&#x017F;tiges Studi-<lb/>
um vmb die Poe&#x017F;in/ aber es trag nicht viel in<lb/>
die ku&#x0364;chen: Dann er hab groß mu&#x0364;he vnd Ar-<lb/>
beit mit einem Carmine gehabt/ &#x017F;o er einem<lb/>
Graffen dediciret/ hab endlich ein Suppen zu<lb/>
lohn bekommen. Ließ derwegen Poe&#x017F;in blei-<lb/>
ben/ begab &#x017F;ich zum Rechten/ den jn bedaucht/<lb/><hi rendition="#c">durch da&#x017F;&#x017F;elb wolte er mehr Gelt<lb/>
vnd guts erwerben ko&#x0364;n-<lb/>
nen.</hi></p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">S iiij</fw>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Von</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0271] CCLXX. Von einem Poe- ten. EJn Poet ſchreibet auff ein zeit ein Carmen vnnd wuͤntſchet einem Graf- fen gluͤck darinn/ verhoffend ein ſtatt- lich verehrung zu vberkommen. Da nun der Graff das Buch ein weil beſehen hat- te/ leſt er den Koch zu ſich fordern/ heiſt es den Poeten mit ſich in die Kuͤchen nehmen/ vnd et- was eſſen geben. Der Poet gehet mit dẽ Koch/ vnd iſſet vnder den ſchmutzichten kuͤchen jun- gen ein morgenſuppen. Er wartet drey oder vier ſtundt/ vermeinendt/ es werde etwas mehr geben/ aber es iſt vmb ſonſt, wird end- lich des Rauchs muͤd/ gehet wider heim/ vnd ſagt zum Koch/ wen es die gelegenheit geben wolte/ ſolt er dem Herrn fuͤr die Suppen dan- cken. Da er nun heim kompt/ klagt er bey ſei- nen profeſſoren vnd Studenten in der lection offentlich viel vber des Grafen vnbeſcheiden- heit/ ſagendt/ es ſey ein ſchoͤn luſtiges Studi- um vmb die Poeſin/ aber es trag nicht viel in die kuͤchen: Dann er hab groß muͤhe vnd Ar- beit mit einem Carmine gehabt/ ſo er einem Graffen dediciret/ hab endlich ein Suppen zu lohn bekommen. Ließ derwegen Poeſin blei- ben/ begab ſich zum Rechten/ den jn bedaucht/ durch daſſelb wolte er mehr Gelt vnd guts erwerben koͤn- nen. Von S iiij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/271
Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/271>, abgerufen am 24.11.2024.