Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

der Bischoff verwundert sich/ daß sie so vnver-
schembt weren/ vnd fragt/ warumb wolt jr jn
von dem vnsern lassen heraus zihen? Weil wir
den Sabbath halten/ sagten sie. Der Bischoff
sprach/ so gebiete ich den meinen/ daß sie weder
heut noch morgen etwas in dieser Sach/ dar-
umb jhr anhalret/ thun sollen. Heut soll es nit
geschehen/ weyl ewer Sabbath ist: Morgen
sollen sies auch nit thun/ weil vnser Sabbath
ist. Also musten sie ihn heraus zihen/ damit er
nicht verderben möchte. Diß ist geschehen zu
Bischof Ernsten Fürsten zu Sachsen zeiten.

LXII. Von einem schlechten Weiblein.

EJn Mönnich mit Namen Gottschalck
schreibet/ er hab ein Weib gekennet/
welche grossen Augen wehthumb ge-
lidden/ deßwegen sie viel auff Artzney
gewendet/ will aber alles nit helfen. Endlich
klagt sie diß einem Schuler/ vnnd sagt dabey/
sie wolts einem reichlich vergelten/ wann einer
diesen schmertzen wurde abwenden. Wie wol
nun der Schuler nichts in der Artzney wuste/
so verreist jn doch die fette verehrung/ daß er
zusagte jhr zuhelffen. Nimpt derwegen ein
blat Papyr/ macht etliche Charactern/ dar-
auff er weder zuvor gedacht noch dergleichen
jemals gesehen hatte/ vnder dieselbe schreibet
er mit groben Buchstaben: Der Teufel kratz
dir die Augen auß/ vnnd scheiß dir die löcher
voll. Dieses blat wickelt er zusammen/ ver-
schloß es/ vnd lies sies an Hals hengen. Das
Weib folget/ vnnd wird jhrm geholffen. Nach
einem Jahr oder zwey will ein ander Weib
wissen wz in der Charten stehe/ sie lests lessen/

wird

der Biſchoff verwundert ſich/ daß ſie ſo vnver-
ſchembt weren/ vnd fragt/ warumb wolt jr jn
von dem vnſern laſſen heraus zihen? Weil wir
den Sabbath halten/ ſagten ſie. Der Biſchoff
ſprach/ ſo gebiete ich den meinẽ/ daß ſie weder
heut noch morgen etwas in dieſer Sach/ dar-
umb jhr anhalret/ thun ſollen. Heut ſoll es nit
geſchehen/ weyl ewer Sabbath iſt: Morgen
ſollen ſies auch nit thun/ weil vnſer Sabbath
iſt. Alſo muſten ſie ihn heraus zihen/ damit er
nicht verderben moͤchte. Diß iſt geſchehen zu
Biſchof Ernſten Fuͤrſten zu Sachſen zeiten.

LXII. Von einem ſchlechten Weiblein.

EJn Moͤnnich mit Namen Gottſchalck
ſchreibet/ er hab ein Weib gekennet/
welche groſſen Augen wehthumb ge-
lidden/ deßwegen ſie viel auff Artzney
gewendet/ will aber alles nit helfen. Endlich
klagt ſie diß einem Schuler/ vnnd ſagt dabey/
ſie wolts einem reichlich vergelten/ wañ einer
dieſen ſchmertzen wurde abwenden. Wie wol
nun der Schuler nichts in der Artzney wuſte/
ſo verreiſt jn doch die fette verehrung/ daß er
zuſagte jhr zuhelffen. Nimpt derwegen ein
blat Papyr/ macht etliche Charactern/ dar-
auff er weder zuvor gedacht noch dergleichen
jemals geſehen hatte/ vnder dieſelbe ſchreibet
er mit groben Buchſtaben: Der Teufel kratz
dir die Augen auß/ vnnd ſcheiß dir die loͤcher
voll. Dieſes blat wickelt er zuſammen/ ver-
ſchloß es/ vnd lies ſies an Hals hengen. Das
Weib folget/ vnnd wird jhrm geholffen. Nach
einem Jahr oder zwey will ein ander Weib
wiſſen wz in der Charten ſtehe/ ſie leſts leſſen/

wird

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="58"/>
der Bi&#x017F;choff verwundert &#x017F;ich/ daß &#x017F;ie &#x017F;o vnver-<lb/>
&#x017F;chembt weren/ vnd fragt/ warumb wolt jr jn<lb/>
von dem vn&#x017F;ern la&#x017F;&#x017F;en heraus zihen? Weil wir<lb/>
den Sabbath halten/ &#x017F;agten &#x017F;ie. Der Bi&#x017F;choff<lb/>
&#x017F;prach/ &#x017F;o gebiete ich den meine&#x0303;/ daß &#x017F;ie weder<lb/>
heut noch morgen etwas in die&#x017F;er Sach/ dar-<lb/>
umb jhr anhalret/ thun &#x017F;ollen. Heut &#x017F;oll es nit<lb/>
ge&#x017F;chehen/ weyl ewer Sabbath i&#x017F;t: Morgen<lb/>
&#x017F;ollen &#x017F;ies auch nit thun/ weil vn&#x017F;er Sabbath<lb/>
i&#x017F;t. Al&#x017F;o mu&#x017F;ten &#x017F;ie ihn heraus zihen/ damit er<lb/>
nicht verderben mo&#x0364;chte. Diß i&#x017F;t ge&#x017F;chehen zu<lb/>
Bi&#x017F;chof Ern&#x017F;ten Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu Sach&#x017F;en zeiten.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">LXII</hi>.</hi> Von einem &#x017F;chlechten Weiblein.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>Jn Mo&#x0364;nnich mit Namen Gott&#x017F;chalck<lb/>
&#x017F;chreibet/ er hab ein Weib gekennet/<lb/>
welche gro&#x017F;&#x017F;en Augen wehthumb ge-<lb/>
lidden/ deßwegen &#x017F;ie viel auff Artzney<lb/>
gewendet/ will aber alles nit helfen. Endlich<lb/>
klagt &#x017F;ie diß einem Schuler/ vnnd &#x017F;agt dabey/<lb/>
&#x017F;ie wolts einem reichlich vergelten/ wan&#x0303; einer<lb/>
die&#x017F;en &#x017F;chmertzen wurde abwenden. Wie wol<lb/>
nun der Schuler nichts in der Artzney wu&#x017F;te/<lb/>
&#x017F;o verrei&#x017F;t jn doch die fette verehrung/ daß er<lb/>
zu&#x017F;agte jhr zuhelffen. Nimpt derwegen ein<lb/>
blat Papyr/ macht etliche Charactern/ dar-<lb/>
auff er weder zuvor gedacht noch dergleichen<lb/>
jemals ge&#x017F;ehen hatte/ vnder die&#x017F;elbe &#x017F;chreibet<lb/>
er mit groben Buch&#x017F;taben: Der Teufel kratz<lb/>
dir die Augen auß/ vnnd &#x017F;cheiß dir die lo&#x0364;cher<lb/>
voll. Die&#x017F;es blat wickelt er zu&#x017F;ammen/ ver-<lb/>
&#x017F;chloß es/ vnd lies &#x017F;ies an Hals hengen. Das<lb/>
Weib folget/ vnnd wird jhrm geholffen. Nach<lb/>
einem Jahr oder zwey will ein ander Weib<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en wz in der Charten &#x017F;tehe/ &#x017F;ie le&#x017F;ts le&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wird</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[58/0066] der Biſchoff verwundert ſich/ daß ſie ſo vnver- ſchembt weren/ vnd fragt/ warumb wolt jr jn von dem vnſern laſſen heraus zihen? Weil wir den Sabbath halten/ ſagten ſie. Der Biſchoff ſprach/ ſo gebiete ich den meinẽ/ daß ſie weder heut noch morgen etwas in dieſer Sach/ dar- umb jhr anhalret/ thun ſollen. Heut ſoll es nit geſchehen/ weyl ewer Sabbath iſt: Morgen ſollen ſies auch nit thun/ weil vnſer Sabbath iſt. Alſo muſten ſie ihn heraus zihen/ damit er nicht verderben moͤchte. Diß iſt geſchehen zu Biſchof Ernſten Fuͤrſten zu Sachſen zeiten. LXII. Von einem ſchlechten Weiblein. EJn Moͤnnich mit Namen Gottſchalck ſchreibet/ er hab ein Weib gekennet/ welche groſſen Augen wehthumb ge- lidden/ deßwegen ſie viel auff Artzney gewendet/ will aber alles nit helfen. Endlich klagt ſie diß einem Schuler/ vnnd ſagt dabey/ ſie wolts einem reichlich vergelten/ wañ einer dieſen ſchmertzen wurde abwenden. Wie wol nun der Schuler nichts in der Artzney wuſte/ ſo verreiſt jn doch die fette verehrung/ daß er zuſagte jhr zuhelffen. Nimpt derwegen ein blat Papyr/ macht etliche Charactern/ dar- auff er weder zuvor gedacht noch dergleichen jemals geſehen hatte/ vnder dieſelbe ſchreibet er mit groben Buchſtaben: Der Teufel kratz dir die Augen auß/ vnnd ſcheiß dir die loͤcher voll. Dieſes blat wickelt er zuſammen/ ver- ſchloß es/ vnd lies ſies an Hals hengen. Das Weib folget/ vnnd wird jhrm geholffen. Nach einem Jahr oder zwey will ein ander Weib wiſſen wz in der Charten ſtehe/ ſie leſts leſſen/ wird

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/66
Zitationshilfe:	Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/66>, abgerufen am 24.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.