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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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LXIX. Von eines Weibs törichtem
gelubt.

JN Beyern ist ein hoch gebew/ darinn
rufft mann S. Leonharden an/ nach
dem aber auff ein zeit derselb Thurn
anfing zubrennen/ da thet ein Weib/
welches ein behausung hoch gegen vber ligen
hette/ ein solch gelubt. O Sanct Leonhard
erhalt vnser Haus/ wirstu das thun/ so will ich
dir ein Kuhe schencken. Da diß der Mann hörr
widerrieff ers so balt vnd sprach/ was thustu
törichtes Weib? Sihestu nit/ daß er sein eigen
Hauß nit erhalten kann/ wie will er dann vn-
sers erhalten? Nein/ ich will nit in dei gelübd
willigen/ vnd vergeblich ein Kuhe verlieren:
kann er etwas/ so erhalte er sich selber.

LXX. Von einem Fursten.

JN einer Statt Prediget mann fleissig
Gottes wort/ vnd pflegten viel Leuth
daselbst hin in die Kirch zu gehen. Die
Amptleuth aber/ so der Fürst hieruber
hette/ verwachten die strassen mit grossem
ernst/ vnd so jemand sagte/ er wolt hinein ge-
hen nach dem Hurenhauß/ als dann lobten sie
solcher Leuth vornehmen/ vnnd liessen sie pas-
siren. Waren sie aber im geringsten bey jhnen
verdechtig/ als daß sie die Predigt zuhören in
die Statt gingen/ zwungen sie die Leuth mit
worten vnnd streichen wider heim zu keh-
ren/ bißweilen legten sie dieselbe auch
ins gefengnuß.

Von
LXIX. Von eines Weibs toͤrichtem
gelůbt.

JN Beyern iſt ein hoch gebew/ darinn
rufft mann S. Leonharden an/ nach
dem aber auff ein zeit derſelb Thurn
anfing zubrennen/ da thet ein Weib/
welches ein behauſung hoch gegen vber ligen
hette/ ein ſolch gelubt. O Sanct Leonhard
erhalt vnſer Haus/ wirſtu das thun/ ſo will ich
dir ein Kuhe ſchenckẽ. Da diß der Mann hoͤrr
widerrieff ers ſo balt vnd ſprach/ was thuſtu
toͤrichtes Weib? Siheſtu nit/ daß er ſein eigen
Hauß nit erhalten kann/ wie will er dann vn-
ſers erhalten? Nein/ ich will nit in dei geluͤbd
willigen/ vnd vergeblich ein Kuhe verlieren:
kann er etwas/ ſo erhalte er ſich ſelber.

LXX. Von einem Fůrſten.

JN einer Statt Prediget mann fleiſſig
Gottes wort/ vnd pflegten viel Leuth
daſelbſt hin in die Kirch zu gehen. Die
Amptleuth aber/ ſo der Fuͤrſt hieruber
hette/ verwachten die ſtraſſen mit groſſem
ernſt/ vnd ſo jemand ſagte/ er wolt hinein ge-
hen nach dem Hurenhauß/ als dann lobten ſie
ſolcher Leuth vornehmen/ vnnd lieſſen ſie paſ-
ſiren. Waren ſie aber im geringſten bey jhnen
verdechtig/ als daß ſie die Predigt zuhoͤren in
die Statt gingen/ zwungen ſie die Leuth mit
worten vnnd ſtreichen wider heim zu keh-
ren/ bißweilen legten ſie dieſelbe auch
ins gefengnuß.

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[62/0070] LXIX. Von eines Weibs toͤrichtem gelůbt. JN Beyern iſt ein hoch gebew/ darinn rufft mann S. Leonharden an/ nach dem aber auff ein zeit derſelb Thurn anfing zubrennen/ da thet ein Weib/ welches ein behauſung hoch gegen vber ligen hette/ ein ſolch gelubt. O Sanct Leonhard erhalt vnſer Haus/ wirſtu das thun/ ſo will ich dir ein Kuhe ſchenckẽ. Da diß der Mann hoͤrr widerrieff ers ſo balt vnd ſprach/ was thuſtu toͤrichtes Weib? Siheſtu nit/ daß er ſein eigen Hauß nit erhalten kann/ wie will er dann vn- ſers erhalten? Nein/ ich will nit in dei geluͤbd willigen/ vnd vergeblich ein Kuhe verlieren: kann er etwas/ ſo erhalte er ſich ſelber. LXX. Von einem Fůrſten. JN einer Statt Prediget mann fleiſſig Gottes wort/ vnd pflegten viel Leuth daſelbſt hin in die Kirch zu gehen. Die Amptleuth aber/ ſo der Fuͤrſt hieruber hette/ verwachten die ſtraſſen mit groſſem ernſt/ vnd ſo jemand ſagte/ er wolt hinein ge- hen nach dem Hurenhauß/ als dann lobten ſie ſolcher Leuth vornehmen/ vnnd lieſſen ſie paſ- ſiren. Waren ſie aber im geringſten bey jhnen verdechtig/ als daß ſie die Predigt zuhoͤren in die Statt gingen/ zwungen ſie die Leuth mit worten vnnd ſtreichen wider heim zu keh- ren/ bißweilen legten ſie dieſelbe auch ins gefengnuß. Von

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/70>, abgerufen am 24.11.2024.