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Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47.

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die Rangordnung, welche man denselben im Systeme gibt, für die in
Rede stehenden Versuche völlig gleichgiltig. So wenig man eine scharfe
Unterscheidungslinie zwischen Species und Varietäten zu ziehen vermag,
eben so wenig ist es bis jetzt gelungen, einen gründlichen Unterschied
zwischen den Hybriden der Species und Varietäten aufzustellen.



Eintheilung und Ordnung der Versuche.

Werden zwei Pflanzen, welche in einem oder mehreren Merkmalen
constant verschieden sind, durch Befruchtung verbunden, so gehen, wie
zahlreiche Versuche beweisen, die gemeinsamen Merkmale unverändert
auf die Hybriden und ihre Nachkommen über; je zwei differirende hin-
gegen vereinigen sich an der Hybride zu einem neuen Merkmale, wel-
ches gewöhnlich an den Nachkommen derselben Veränderungen unter-
worfen ist. Diese Veränderungen für je zwei differirende Merkmale zu
beobachten und das Gesetz zu ermitteln, nach welchem dieselben in den
aufeinander folgenden Generationen eintreten, war die Aufgabe des
Versuches. Derselbe zerfällt daher in eben so viele einzelne Experi-
mente, als constant differirende Merkmale an den Versuchspflanzen vor-
kommen.

Die verschiedenen, zur Befruchtung ausgewählten Erbsenformen
zeigten Unterschiede in der Länge und Färbung des Stengels, in der
Grösse und Gestalt der Blätter, in der Stellung, Farbe und Grösse der
Blüthen, in der Länge der Blüthenstiele, in der Farbe, Gestalt und
Grösse der Hülsen, in der Gestalt und Grösse der Samen, in der Fär-
bung der Samenschale und des Albumens. Ein Theil der angeführten
Merkmale lässt jedoch eine sichere und scharfe Trennung nicht zu,
indem der Unterschied auf einem oft schwierig zu bestimmenden "mehr
oder weniger" beruht. Solche Merkmale waren für die Einzel-Versuche
nicht verwendbar, diese konnten sich nur auf Charactere beschränken,
die an den Pflanzen deutlich und entschieden hervortreten. Der Erfolg
musste endlich zeigen, ob sie in hybrider Vereinigung sämmtlich ein
übereinstimmendes Verhalten beobachten, und ob daraus auch ein Ur-
theil über jene Merkmale möglich wird, welche eine untergeordnete
typische Bedeutung haben.

Die Merkmale, welche in die Versuche aufgenommen wurden, be-
ziehen sich:


die Rangordnung, welche man denselben im Systeme gibt, für die in
Rede stehenden Versuche völlig gleichgiltig. So wenig man eine scharfe
Unterscheidungslinie zwischen Species und Varietäten zu ziehen vermag,
eben so wenig ist es bis jetzt gelungen, einen gründlichen Unterschied
zwischen den Hybriden der Species und Varietäten aufzustellen.



Eintheilung und Ordnung der Versuche.

Werden zwei Pflanzen, welche in einem oder mehreren Merkmalen
constant verschieden sind, durch Befruchtung verbunden, so gehen, wie
zahlreiche Versuche beweisen, die gemeinsamen Merkmale unverändert
auf die Hybriden und ihre Nachkommen über; je zwei differirende hin-
gegen vereinigen sich an der Hybride zu einem neuen Merkmale, wel-
ches gewöhnlich an den Nachkommen derselben Veränderungen unter-
worfen ist. Diese Veränderungen für je zwei differirende Merkmale zu
beobachten und das Gesetz zu ermitteln, nach welchem dieselben in den
aufeinander folgenden Generationen eintreten, war die Aufgabe des
Versuches. Derselbe zerfällt daher in eben so viele einzelne Experi-
mente, als constant differirende Merkmale an den Versuchspflanzen vor-
kommen.

Die verschiedenen, zur Befruchtung ausgewählten Erbsenformen
zeigten Unterschiede in der Länge und Färbung des Stengels, in der
Grösse und Gestalt der Blätter, in der Stellung, Farbe und Grösse der
Blüthen, in der Länge der Blüthenstiele, in der Farbe, Gestalt und
Grösse der Hülsen, in der Gestalt und Grösse der Samen, in der Fär-
bung der Samenschale und des Albumens. Ein Theil der angeführten
Merkmale lässt jedoch eine sichere und scharfe Trennung nicht zu,
indem der Unterschied auf einem oft schwierig zu bestimmenden „mehr
oder weniger“ beruht. Solche Merkmale waren für die Einzel-Versuche
nicht verwendbar, diese konnten sich nur auf Charactere beschränken,
die an den Pflanzen deutlich und entschieden hervortreten. Der Erfolg
musste endlich zeigen, ob sie in hybrider Vereinigung sämmtlich ein
übereinstimmendes Verhalten beobachten, und ob daraus auch ein Ur-
theil über jene Merkmale möglich wird, welche eine untergeordnete
typische Bedeutung haben.

Die Merkmale, welche in die Versuche aufgenommen wurden, be-
ziehen sich:


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[7/0018] die Rangordnung, welche man denselben im Systeme gibt, für die in Rede stehenden Versuche völlig gleichgiltig. So wenig man eine scharfe Unterscheidungslinie zwischen Species und Varietäten zu ziehen vermag, eben so wenig ist es bis jetzt gelungen, einen gründlichen Unterschied zwischen den Hybriden der Species und Varietäten aufzustellen. Eintheilung und Ordnung der Versuche. Werden zwei Pflanzen, welche in einem oder mehreren Merkmalen constant verschieden sind, durch Befruchtung verbunden, so gehen, wie zahlreiche Versuche beweisen, die gemeinsamen Merkmale unverändert auf die Hybriden und ihre Nachkommen über; je zwei differirende hin- gegen vereinigen sich an der Hybride zu einem neuen Merkmale, wel- ches gewöhnlich an den Nachkommen derselben Veränderungen unter- worfen ist. Diese Veränderungen für je zwei differirende Merkmale zu beobachten und das Gesetz zu ermitteln, nach welchem dieselben in den aufeinander folgenden Generationen eintreten, war die Aufgabe des Versuches. Derselbe zerfällt daher in eben so viele einzelne Experi- mente, als constant differirende Merkmale an den Versuchspflanzen vor- kommen. Die verschiedenen, zur Befruchtung ausgewählten Erbsenformen zeigten Unterschiede in der Länge und Färbung des Stengels, in der Grösse und Gestalt der Blätter, in der Stellung, Farbe und Grösse der Blüthen, in der Länge der Blüthenstiele, in der Farbe, Gestalt und Grösse der Hülsen, in der Gestalt und Grösse der Samen, in der Fär- bung der Samenschale und des Albumens. Ein Theil der angeführten Merkmale lässt jedoch eine sichere und scharfe Trennung nicht zu, indem der Unterschied auf einem oft schwierig zu bestimmenden „mehr oder weniger“ beruht. Solche Merkmale waren für die Einzel-Versuche nicht verwendbar, diese konnten sich nur auf Charactere beschränken, die an den Pflanzen deutlich und entschieden hervortreten. Der Erfolg musste endlich zeigen, ob sie in hybrider Vereinigung sämmtlich ein übereinstimmendes Verhalten beobachten, und ob daraus auch ein Ur- theil über jene Merkmale möglich wird, welche eine untergeordnete typische Bedeutung haben. Die Merkmale, welche in die Versuche aufgenommen wurden, be- ziehen sich:

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Zitationshilfe: Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47, hier S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendel_pflanzenhybriden_1866/18>, abgerufen am 09.11.2024.