ne erzogen zu werden. Im Grunde ist das menschliche Geschlecht fast in allen Jahrhunder- ten, wenn die Metapher gelten soll, Kind und Mann und Greis zugleich, nur an verschiede- nen Orten und Weltgegenden. Hier in der Wiege, saugt an der Brust, oder lebt von Ram und Milch; dort in männlicher Rüstung und verzehrt das Fleisch der Rinder; und an einem andern Orte am Stabe und schon wieder ohne Zähne. Der Fortgang ist für den einzelnen Menschen, dem die Vorsehung beschieden, einen Theil seiner Ewigkeit hier auf Erden zu zubrin- gen. Jeder gehet das Leben hindurch seinen eigenen Weg; diesen führt der Weg über Blu- men und Wiesen, jenen über wüste Ebenen oder über steile Berge und gefahrvolle Klüfte. Aber alle kommen auf der Reise weiter, und gehen ihres Weges zur Glückseligkeit, zu welcher sie beschieden sind. Aber daß auch das Ganze, die Menschheit hienieden, in der Folge der Zeiten immer vorwärts rücken, und sich vervollkomm- nen soll, dieses scheinet mir der Zweck der Vor- sehung nicht gewesen zu seyn; wenigstens ist dieses so ausgemacht, und zur Rettung der Vor-
sehung
ne erzogen zu werden. Im Grunde iſt das menſchliche Geſchlecht faſt in allen Jahrhunder- ten, wenn die Metapher gelten ſoll, Kind und Mann und Greis zugleich, nur an verſchiede- nen Orten und Weltgegenden. Hier in der Wiege, ſaugt an der Bruſt, oder lebt von Ram und Milch; dort in maͤnnlicher Ruͤſtung und verzehrt das Fleiſch der Rinder; und an einem andern Orte am Stabe und ſchon wieder ohne Zaͤhne. Der Fortgang iſt fuͤr den einzelnen Menſchen, dem die Vorſehung beſchieden, einen Theil ſeiner Ewigkeit hier auf Erden zu zubrin- gen. Jeder gehet das Leben hindurch ſeinen eigenen Weg; dieſen fuͤhrt der Weg uͤber Blu- men und Wieſen, jenen uͤber wuͤſte Ebenen oder uͤber ſteile Berge und gefahrvolle Kluͤfte. Aber alle kommen auf der Reiſe weiter, und gehen ihres Weges zur Gluͤckſeligkeit, zu welcher ſie beſchieden ſind. Aber daß auch das Ganze, die Menſchheit hienieden, in der Folge der Zeiten immer vorwaͤrts ruͤcken, und ſich vervollkomm- nen ſoll, dieſes ſcheinet mir der Zweck der Vor- ſehung nicht geweſen zu ſeyn; wenigſtens iſt dieſes ſo ausgemacht, und zur Rettung der Vor-
ſehung
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ne erzogen zu werden. Im Grunde iſt das
menſchliche Geſchlecht faſt in allen Jahrhunder-
ten, wenn die Metapher gelten ſoll, Kind und
Mann und Greis zugleich, nur an verſchiede-
nen Orten und Weltgegenden. Hier in der
Wiege, ſaugt an der Bruſt, oder lebt von Ram
und Milch; dort in maͤnnlicher Ruͤſtung und
verzehrt das Fleiſch der Rinder; und an einem
andern Orte am Stabe und ſchon wieder ohne
Zaͤhne. Der Fortgang iſt fuͤr den einzelnen
Menſchen, dem die Vorſehung beſchieden, einen
Theil ſeiner Ewigkeit hier auf Erden zu zubrin-
gen. Jeder gehet das Leben hindurch ſeinen
eigenen Weg; dieſen fuͤhrt der Weg uͤber Blu-
men und Wieſen, jenen uͤber wuͤſte Ebenen oder
uͤber ſteile Berge und gefahrvolle Kluͤfte. Aber
alle kommen auf der Reiſe weiter, und gehen
ihres Weges zur Gluͤckſeligkeit, zu welcher ſie
beſchieden ſind. Aber daß auch das Ganze, die
Menſchheit hienieden, in der Folge der Zeiten
immer vorwaͤrts ruͤcken, und ſich vervollkomm-
nen ſoll, dieſes ſcheinet mir der Zweck der Vor-
ſehung nicht geweſen zu ſeyn; wenigſtens iſt
dieſes ſo ausgemacht, und zur Rettung der Vor-
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/147>, abgerufen am 16.07.2024.
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