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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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"laß uns nicht von dannen ziehen! Wodurch sollte
"wohl erkannt werden, daß ich und Deine Na-
"tion Wohlgewogenheit in Deinen Augen gefun-
"den? Ist es nicht, wenn Du mit uns gehest?
"Nur dadurch werden wir uns, ich und Deine
"Nation, von jeder andern unterscheiden, wel-
"che auf dem Erdboden ist.

"Gott. Auch darinn will ich Dir willfah-
"ren; denn Du hast Gnade gefunden in meinen
"Augen, und ich habe Dich namentlich zu mei-
"nem Liebling ausersehen."

Moses. Durch diese trostreichen Worte auf-
gerichtet, wage ich noch eine kühnere Bitte! Ach
"Herr! laß mich Deine Herrlichkeit schauen!

"Gott. Ich will meine Allgütigkeit vor
"Dir vorüberziehen lassen, *) und mit dem
"Namen des Ewigen Dir bekannt machen,
"welchergestalt ich gewogen bin, dem ich
"gewogen hin, und mich erbarme, dessen

ich
*) Welch großer Sinn! Du willst meine ganze Herr-
lichkeit schauen; ich werde meine Güte vorüber-
ziehen lassen. -- Du wirst sie hinten nach
erkennen. Von vorne her ist sie sterblichen
Augen nicht sichtbar
.
G 4

„laß uns nicht von dannen ziehen! Wodurch ſollte
„wohl erkannt werden, daß ich und Deine Na-
„tion Wohlgewogenheit in Deinen Augen gefun-
„den? Iſt es nicht, wenn Du mit uns geheſt?
„Nur dadurch werden wir uns, ich und Deine
„Nation, von jeder andern unterſcheiden, wel-
„che auf dem Erdboden iſt.

Gott. Auch darinn will ich Dir willfah-
„ren; denn Du haſt Gnade gefunden in meinen
„Augen, und ich habe Dich namentlich zu mei-
„nem Liebling auserſehen.“

Moſes. Durch dieſe troſtreichen Worte auf-
gerichtet, wage ich noch eine kuͤhnere Bitte! Ach
„Herr! laß mich Deine Herrlichkeit ſchauen!

Gott. Ich will meine Allguͤtigkeit vor
„Dir voruͤberziehen laſſen, *) und mit dem
„Namen des Ewigen Dir bekannt machen,
„welchergeſtalt ich gewogen bin, dem ich
„gewogen hin, und mich erbarme, deſſen

ich
*) Welch großer Sinn! Du willſt meine ganze Herr-
lichkeit ſchauen; ich werde meine Guͤte voruͤber-
ziehen laſſen. — Du wirſt ſie hinten nach
erkennen. Von vorne her iſt ſie ſterblichen
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.
G 4
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[103/0205] „laß uns nicht von dannen ziehen! Wodurch ſollte „wohl erkannt werden, daß ich und Deine Na- „tion Wohlgewogenheit in Deinen Augen gefun- „den? Iſt es nicht, wenn Du mit uns geheſt? „Nur dadurch werden wir uns, ich und Deine „Nation, von jeder andern unterſcheiden, wel- „che auf dem Erdboden iſt. „Gott. Auch darinn will ich Dir willfah- „ren; denn Du haſt Gnade gefunden in meinen „Augen, und ich habe Dich namentlich zu mei- „nem Liebling auserſehen.“ Moſes. Durch dieſe troſtreichen Worte auf- gerichtet, wage ich noch eine kuͤhnere Bitte! Ach „Herr! laß mich Deine Herrlichkeit ſchauen! „Gott. Ich will meine Allguͤtigkeit vor „Dir voruͤberziehen laſſen, *) und mit dem „Namen des Ewigen Dir bekannt machen, „welchergeſtalt ich gewogen bin, dem ich „gewogen hin, und mich erbarme, deſſen ich *) Welch großer Sinn! Du willſt meine ganze Herr- lichkeit ſchauen; ich werde meine Guͤte voruͤber- ziehen laſſen. — Du wirſt ſie hinten nach erkennen. Von vorne her iſt ſie ſterblichen Augen nicht ſichtbar. G 4

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/205>, abgerufen am 21.11.2024.