Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884.Keine unüberbrückbare Kluft trennt die Geschichte Hier, in Rücksicht auf die Aufgaben und die *) "Untersuchungen" S. 12 ff.
Keine unüberbrückbare Kluft trennt die Geschichte Hier, in Rücksicht auf die Aufgaben und die *) „Untersuchungen“ S. 12 ff.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0040" n="24"/> <p>Keine unüberbrückbare Kluft trennt die Geschichte<lb/> von der Theorie der Volkswirthschaft, so wenig als<lb/> die Anatomie von der Physiologie, die Mathematik von<lb/> der Physik und der Chemie; zwischen der theoretischen<lb/> Nationalökonomie und der Geschichte der Volkswirth-<lb/> schaft, ja zwischen den Wissenschaften überhaupt besteht<lb/> selbstverständlich keine so unüberbrückbare Kluft, wie<lb/> etwa zwischen der transcendentalen Philosophie und<lb/> einer dänischen Dogge; indess doch in jedem Falle <hi rendition="#g">eine<lb/> ganzbestimmte Grenze</hi>, wie eine solche zwischen<lb/> Wissenschaften eben zu bestehen vermag. Der Physio-<lb/> log verfolgt andere wissenschaftliche Ziele als der<lb/> Anatom, auch wenn er sich für seine Zwecke mit den<lb/> Ergebnissen der Anatomie beschäftigt, der Physiker<lb/> andere Ziele als der Mathematiker, auch wenn er sich<lb/> der Ergebnisse der Mathematik für seine Zwecke be-<lb/> dient, und das Ziel, welches sich der Bearbeiter der<lb/> Theorie der Volkswirthschaft setzt, ist ein durchaus<lb/> verschiedenes von jenem des Historikers auf dem<lb/> Gebiete der Volkswirthschaft, auch wenn er für seinen<lb/> Zweck historische Studien betreibt. „Es sind <hi rendition="#g">concrete</hi><lb/> Thaten, Schicksale, Institutionen etc. bestimmter Völker<lb/> und Staaten, es sind concrete Culturentwicklungen und<lb/> Zustände, deren Erforschung die Aufgabe der Geschichte,<lb/> beziehungsweise der (historischen!) Statistik bildet,<lb/> während die theoretischen Socialwissenschaften uns die<lb/><hi rendition="#g">Erscheinungsformen</hi> der socialen Phänomene und<lb/> die <hi rendition="#g">Gesetze</hi> ihrer Aufeinanderfolge, Coëxistenz u. s. f.<lb/> darzulegen die Aufgabe haben.“ <note place="foot" n="*)">„Untersuchungen“ S. 12 ff.</note></p><lb/> <p>Hier, in Rücksicht auf die Aufgaben und die<lb/> Ziele der Forschung, bestehen jene strengen Grenzen<lb/> zwischen den obigen Wissenschaften, welche nicht ver-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0040]
Keine unüberbrückbare Kluft trennt die Geschichte
von der Theorie der Volkswirthschaft, so wenig als
die Anatomie von der Physiologie, die Mathematik von
der Physik und der Chemie; zwischen der theoretischen
Nationalökonomie und der Geschichte der Volkswirth-
schaft, ja zwischen den Wissenschaften überhaupt besteht
selbstverständlich keine so unüberbrückbare Kluft, wie
etwa zwischen der transcendentalen Philosophie und
einer dänischen Dogge; indess doch in jedem Falle eine
ganzbestimmte Grenze, wie eine solche zwischen
Wissenschaften eben zu bestehen vermag. Der Physio-
log verfolgt andere wissenschaftliche Ziele als der
Anatom, auch wenn er sich für seine Zwecke mit den
Ergebnissen der Anatomie beschäftigt, der Physiker
andere Ziele als der Mathematiker, auch wenn er sich
der Ergebnisse der Mathematik für seine Zwecke be-
dient, und das Ziel, welches sich der Bearbeiter der
Theorie der Volkswirthschaft setzt, ist ein durchaus
verschiedenes von jenem des Historikers auf dem
Gebiete der Volkswirthschaft, auch wenn er für seinen
Zweck historische Studien betreibt. „Es sind concrete
Thaten, Schicksale, Institutionen etc. bestimmter Völker
und Staaten, es sind concrete Culturentwicklungen und
Zustände, deren Erforschung die Aufgabe der Geschichte,
beziehungsweise der (historischen!) Statistik bildet,
während die theoretischen Socialwissenschaften uns die
Erscheinungsformen der socialen Phänomene und
die Gesetze ihrer Aufeinanderfolge, Coëxistenz u. s. f.
darzulegen die Aufgabe haben.“ *)
Hier, in Rücksicht auf die Aufgaben und die
Ziele der Forschung, bestehen jene strengen Grenzen
zwischen den obigen Wissenschaften, welche nicht ver-
*) „Untersuchungen“ S. 12 ff.
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