Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. leistungen von dem Arbeiter nicht einmal gegen die noth-dürftigsten Subsistenzmittel ausgetauscht werden können*), wäh- rend für andere Arbeitsleistungen die zehn-, zwanzig- und selbst hundertfache Quantität der zur Subsistenz eines Menschen er- forderlichen Güter leicht zu erlangen ist. Wo immer jedoch die Arbeitsleistungen eines Menschen thatsächlich gegen die Sub- sistenzmittel desselben ausgetauscht werden, ist dies doch nur die Folge des zufälligen Umstandes, dass dieselben nach den allgemeinen Grundsätzen der Preisbildung eben nur gegen einen solchen Preis und keinen anderen ausgetauscht werden konnten. Die Subsistenzmittel des Arbeiters, beziehungsweise die Sub- sistenzminima können demnach weder die unmittelbare Ursache, noch auch das massgebende Princip des Preises der Arbeits- leistungen sein**). In Wahrheit regelt sich denn auch der Preis concreter Die Unzulänglichkeit der Theorie, wornach der Preis der *) In Berlin kann keine Weissnähterin sich mit ihrer Hände Arbeit bei 15stündigem täglichem Nähen dasjenige verdienen, was sie zu ihrem Leben braucht; Nahrung, Wohnung und Holz vermag ihre Einnahme zu decken, aber die Kleidung kann sie sich auch bei dem angestrengtesten Fleisse nicht ver- dienen. (Vgl. Carnap in der deutschen Vierteljahrschrift 1868, II. Abth., S. 165.) Ein Aehnliches ist auch in den meisten der übrigen Grossstädte zu beobachten. **) Die Lebensweise der Arbeiter ist durch ihr Einkommen bedingt,
nicht aber das Einkommen durch ihre Lebensweise, obzwar dies letztere in einer sonderbaren Verwechslung von Ursache und Wirkung allerdings oft behauptet wurde. Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. leistungen von dem Arbeiter nicht einmal gegen die noth-dürftigsten Subsistenzmittel ausgetauscht werden können*), wäh- rend für andere Arbeitsleistungen die zehn-, zwanzig- und selbst hundertfache Quantität der zur Subsistenz eines Menschen er- forderlichen Güter leicht zu erlangen ist. Wo immer jedoch die Arbeitsleistungen eines Menschen thatsächlich gegen die Sub- sistenzmittel desselben ausgetauscht werden, ist dies doch nur die Folge des zufälligen Umstandes, dass dieselben nach den allgemeinen Grundsätzen der Preisbildung eben nur gegen einen solchen Preis und keinen anderen ausgetauscht werden konnten. Die Subsistenzmittel des Arbeiters, beziehungsweise die Sub- sistenzminima können demnach weder die unmittelbare Ursache, noch auch das massgebende Princip des Preises der Arbeits- leistungen sein**). In Wahrheit regelt sich denn auch der Preis concreter Die Unzulänglichkeit der Theorie, wornach der Preis der *) In Berlin kann keine Weissnähterin sich mit ihrer Hände Arbeit bei 15stündigem täglichem Nähen dasjenige verdienen, was sie zu ihrem Leben braucht; Nahrung, Wohnung und Holz vermag ihre Einnahme zu decken, aber die Kleidung kann sie sich auch bei dem angestrengtesten Fleisse nicht ver- dienen. (Vgl. Carnap in der deutschen Vierteljahrschrift 1868, II. Abth., S. 165.) Ein Aehnliches ist auch in den meisten der übrigen Grossstädte zu beobachten. **) Die Lebensweise der Arbeiter ist durch ihr Einkommen bedingt,
nicht aber das Einkommen durch ihre Lebensweise, obzwar dies letztere in einer sonderbaren Verwechslung von Ursache und Wirkung allerdings oft behauptet wurde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0169" n="151"/><fw place="top" type="header">Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.</fw><lb/> leistungen von dem Arbeiter nicht einmal gegen die noth-<lb/> dürftigsten Subsistenzmittel ausgetauscht werden können<note place="foot" n="*)">In Berlin kann keine Weissnähterin sich mit ihrer Hände Arbeit bei<lb/> 15stündigem täglichem Nähen dasjenige verdienen, was sie zu ihrem Leben<lb/> braucht; Nahrung, Wohnung und Holz vermag ihre Einnahme zu decken, aber<lb/> die Kleidung kann sie sich auch bei dem angestrengtesten Fleisse nicht ver-<lb/> dienen. (Vgl. <hi rendition="#g">Carnap</hi> in der deutschen Vierteljahrschrift 1868, II. Abth.,<lb/> S. 165.) Ein Aehnliches ist auch in den meisten der übrigen Grossstädte zu<lb/> beobachten.</note>, wäh-<lb/> rend für andere Arbeitsleistungen die zehn-, zwanzig- und selbst<lb/> hundertfache Quantität der zur Subsistenz eines Menschen er-<lb/> forderlichen Güter leicht zu erlangen ist. Wo immer jedoch die<lb/> Arbeitsleistungen eines Menschen thatsächlich gegen die Sub-<lb/> sistenzmittel desselben ausgetauscht werden, ist dies doch nur<lb/> die Folge des zufälligen Umstandes, dass dieselben nach den<lb/> allgemeinen Grundsätzen der Preisbildung eben nur gegen einen<lb/> solchen Preis und keinen anderen ausgetauscht werden konnten.<lb/> Die Subsistenzmittel des Arbeiters, beziehungsweise die Sub-<lb/> sistenzminima können demnach weder die unmittelbare Ursache,<lb/> noch auch das massgebende Princip des Preises der Arbeits-<lb/> leistungen sein<note place="foot" n="**)">Die Lebensweise der Arbeiter ist durch ihr Einkommen bedingt,<lb/> nicht aber das Einkommen durch ihre Lebensweise, obzwar dies letztere in<lb/> einer sonderbaren Verwechslung von Ursache und Wirkung allerdings oft<lb/> behauptet wurde.</note>.</p><lb/> <p>In Wahrheit regelt sich denn auch der <hi rendition="#g">Preis</hi> concreter<lb/> Arbeitsleistungen, wie wir sehen werden, gleich jenem aller<lb/> anderen Güter nach ihrem <hi rendition="#g">Werthe</hi>. Dieser letztere aber regelt<lb/> sich, wie oben dargelegt wurde, nach der Grösse der Bedeutung<lb/> jener Bedürfnissbefriedigungen, welche wir entbehren müssten,<lb/> wofern wir über die betreffenden Arbeitsleistungen nicht zu ver-<lb/> fügen vermöchten; wofern diese letztern aber Güter höherer<lb/> Ordnung sind, zunächst und unmittelbar nach dem Grundsatze,<lb/> dass Güter höherer Ordnung einen um so grösseren Werth für<lb/> die wirthschaftenden Menschen haben, je grösser der voraus-<lb/> sichtliche Werth des Productes bei gleichem Werthe der com-<lb/> plementären Güter höherer Ordnung, beziehungsweise je niedriger<lb/> der Werth dieser letztern ist.</p><lb/> <p>Die Unzulänglichkeit der Theorie, wornach der Preis der<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [151/0169]
Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
leistungen von dem Arbeiter nicht einmal gegen die noth-
dürftigsten Subsistenzmittel ausgetauscht werden können *), wäh-
rend für andere Arbeitsleistungen die zehn-, zwanzig- und selbst
hundertfache Quantität der zur Subsistenz eines Menschen er-
forderlichen Güter leicht zu erlangen ist. Wo immer jedoch die
Arbeitsleistungen eines Menschen thatsächlich gegen die Sub-
sistenzmittel desselben ausgetauscht werden, ist dies doch nur
die Folge des zufälligen Umstandes, dass dieselben nach den
allgemeinen Grundsätzen der Preisbildung eben nur gegen einen
solchen Preis und keinen anderen ausgetauscht werden konnten.
Die Subsistenzmittel des Arbeiters, beziehungsweise die Sub-
sistenzminima können demnach weder die unmittelbare Ursache,
noch auch das massgebende Princip des Preises der Arbeits-
leistungen sein **).
In Wahrheit regelt sich denn auch der Preis concreter
Arbeitsleistungen, wie wir sehen werden, gleich jenem aller
anderen Güter nach ihrem Werthe. Dieser letztere aber regelt
sich, wie oben dargelegt wurde, nach der Grösse der Bedeutung
jener Bedürfnissbefriedigungen, welche wir entbehren müssten,
wofern wir über die betreffenden Arbeitsleistungen nicht zu ver-
fügen vermöchten; wofern diese letztern aber Güter höherer
Ordnung sind, zunächst und unmittelbar nach dem Grundsatze,
dass Güter höherer Ordnung einen um so grösseren Werth für
die wirthschaftenden Menschen haben, je grösser der voraus-
sichtliche Werth des Productes bei gleichem Werthe der com-
plementären Güter höherer Ordnung, beziehungsweise je niedriger
der Werth dieser letztern ist.
Die Unzulänglichkeit der Theorie, wornach der Preis der
*) In Berlin kann keine Weissnähterin sich mit ihrer Hände Arbeit bei
15stündigem täglichem Nähen dasjenige verdienen, was sie zu ihrem Leben
braucht; Nahrung, Wohnung und Holz vermag ihre Einnahme zu decken, aber
die Kleidung kann sie sich auch bei dem angestrengtesten Fleisse nicht ver-
dienen. (Vgl. Carnap in der deutschen Vierteljahrschrift 1868, II. Abth.,
S. 165.) Ein Aehnliches ist auch in den meisten der übrigen Grossstädte zu
beobachten.
**) Die Lebensweise der Arbeiter ist durch ihr Einkommen bedingt,
nicht aber das Einkommen durch ihre Lebensweise, obzwar dies letztere in
einer sonderbaren Verwechslung von Ursache und Wirkung allerdings oft
behauptet wurde.
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