Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.Die Wirthschaft und die wirthschaftlichen Güter. die Mehrzahl derselben, selbst bei den angestrengtesten auf dieBefriedigung ihrer Bedürfnisse gerichteten Thätigkeit, sich vom Untergange nicht zu retten vermöchte. Je weiter aber die Cultur fortschreitet und je mehr die Menschen angewiesen sind, die zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nöthigen Güter durch einen langen Productionsprocess zu gewinnen (S. 21 ff.), um so zwingen- der wird für dieselben die Nothwendigkeit, für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse von vorn herein zu sorgen, das ist, ihren Be- darf für kommende Zeiträume zu decken. So geht selbst der australische Wilde nicht erst dann auf Ueberall wo wir unsere Blicke hinwenden, sehen wir bei Während wir uns zum Schutze gegen die Winterkälte noch *) Selbst manche Thiere legen Vorräthe an und sorgen so von vorn herein dafür, dass es ihnen im Winter nicht an Nahrung und einem warmen Lager gebreche. Menger, Volkswirthschaftslehre. 3
Die Wirthschaft und die wirthschaftlichen Güter. die Mehrzahl derselben, selbst bei den angestrengtesten auf dieBefriedigung ihrer Bedürfnisse gerichteten Thätigkeit, sich vom Untergange nicht zu retten vermöchte. Je weiter aber die Cultur fortschreitet und je mehr die Menschen angewiesen sind, die zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nöthigen Güter durch einen langen Productionsprocess zu gewinnen (S. 21 ff.), um so zwingen- der wird für dieselben die Nothwendigkeit, für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse von vorn herein zu sorgen, das ist, ihren Be- darf für kommende Zeiträume zu decken. So geht selbst der australische Wilde nicht erst dann auf Ueberall wo wir unsere Blicke hinwenden, sehen wir bei Während wir uns zum Schutze gegen die Winterkälte noch *) Selbst manche Thiere legen Vorräthe an und sorgen so von vorn herein dafür, dass es ihnen im Winter nicht an Nahrung und einem warmen Lager gebreche. Menger, Volkswirthschaftslehre. 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="33"/><fw place="top" type="header">Die Wirthschaft und die wirthschaftlichen Güter.</fw><lb/> die Mehrzahl derselben, selbst bei den angestrengtesten auf die<lb/> Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichteten Thätigkeit, sich vom<lb/> Untergange nicht zu retten vermöchte. Je weiter aber die Cultur<lb/> fortschreitet und je mehr die Menschen angewiesen sind, die<lb/> zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nöthigen Güter durch einen<lb/> langen Productionsprocess zu gewinnen (S. 21 ff.), um so zwingen-<lb/> der wird für dieselben die Nothwendigkeit, für die Befriedigung<lb/> ihrer Bedürfnisse von vorn herein zu sorgen, das ist, ihren Be-<lb/> darf für kommende Zeiträume zu decken.</p><lb/> <p>So geht selbst der australische Wilde nicht erst dann auf<lb/> die Jagd, wenn ihn bereits hungert und er baut nicht erst dann<lb/> seine Behausung, wenn die rauhe Jahreszeit eingetreten und er<lb/> den schädlichen Einflüssen der Witterung bereits ausgesetzt<lb/> ist<note place="foot" n="*)">Selbst manche Thiere legen Vorräthe an und sorgen so von vorn<lb/> herein dafür, dass es ihnen im Winter nicht an Nahrung und einem warmen<lb/> Lager gebreche.</note>. Die Culturmenschen zeichnen sich aber dadurch vor allen<lb/> andern wirthschaftenden Individuen aus, dass sie nicht nur für<lb/> eine kurze Spanne Zeit, sondern weit hinaus für die Befriedigung<lb/> ihrer Bedürfnisse sorgen, die Sicherstellung derselben für viele<lb/> Jahre, ja für ihr ganzes Leben anstreben und der Regel nach<lb/> noch darüber hinaus dafür Sorge tragen, dass es auch ihren<lb/> Nachkommen an den zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse erfor-<lb/> derlichen Mitteln nicht fehle.</p><lb/> <p>Ueberall wo wir unsere Blicke hinwenden, sehen wir bei<lb/> Culturvölkern ein System grossartiger Vorsorge für die Befriedi-<lb/> gung menschlicher Bedürfnisse.</p><lb/> <p>Während wir uns zum Schutze gegen die Winterkälte noch<lb/> in unsere Winterkleider hüllen, sind schon die fertigen Frühjahrs-<lb/> stoffe am Wege in die Läden der Detailhändler, und in den<lb/> Fabriken werden bereits die leichten Stoffe gewebt, mit welchen<lb/> wir uns im nächsten Sommer, und die Garne für die Stoffe ge-<lb/> sponnen, mit welchen wir uns im nächsten Winter bekleiden<lb/> werden. Wenn wir erkranken, bedürfen wir der Dienstleistungen<lb/> eines Arztes, und bei Rechtsstreitigkeiten des Beirathes eines<lb/> Rechtskundigen. Tritt nun für Jemanden ein solcher Fall ein,<lb/> dann wäre es für ihn viel zu spät, wollte er sich die medici-<lb/> nischen oder juridischen Kenntnisse und Fertigkeiten selbst an-<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Menger</hi>, Volkswirthschaftslehre. 3</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [33/0051]
Die Wirthschaft und die wirthschaftlichen Güter.
die Mehrzahl derselben, selbst bei den angestrengtesten auf die
Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichteten Thätigkeit, sich vom
Untergange nicht zu retten vermöchte. Je weiter aber die Cultur
fortschreitet und je mehr die Menschen angewiesen sind, die
zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nöthigen Güter durch einen
langen Productionsprocess zu gewinnen (S. 21 ff.), um so zwingen-
der wird für dieselben die Nothwendigkeit, für die Befriedigung
ihrer Bedürfnisse von vorn herein zu sorgen, das ist, ihren Be-
darf für kommende Zeiträume zu decken.
So geht selbst der australische Wilde nicht erst dann auf
die Jagd, wenn ihn bereits hungert und er baut nicht erst dann
seine Behausung, wenn die rauhe Jahreszeit eingetreten und er
den schädlichen Einflüssen der Witterung bereits ausgesetzt
ist *). Die Culturmenschen zeichnen sich aber dadurch vor allen
andern wirthschaftenden Individuen aus, dass sie nicht nur für
eine kurze Spanne Zeit, sondern weit hinaus für die Befriedigung
ihrer Bedürfnisse sorgen, die Sicherstellung derselben für viele
Jahre, ja für ihr ganzes Leben anstreben und der Regel nach
noch darüber hinaus dafür Sorge tragen, dass es auch ihren
Nachkommen an den zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse erfor-
derlichen Mitteln nicht fehle.
Ueberall wo wir unsere Blicke hinwenden, sehen wir bei
Culturvölkern ein System grossartiger Vorsorge für die Befriedi-
gung menschlicher Bedürfnisse.
Während wir uns zum Schutze gegen die Winterkälte noch
in unsere Winterkleider hüllen, sind schon die fertigen Frühjahrs-
stoffe am Wege in die Läden der Detailhändler, und in den
Fabriken werden bereits die leichten Stoffe gewebt, mit welchen
wir uns im nächsten Sommer, und die Garne für die Stoffe ge-
sponnen, mit welchen wir uns im nächsten Winter bekleiden
werden. Wenn wir erkranken, bedürfen wir der Dienstleistungen
eines Arztes, und bei Rechtsstreitigkeiten des Beirathes eines
Rechtskundigen. Tritt nun für Jemanden ein solcher Fall ein,
dann wäre es für ihn viel zu spät, wollte er sich die medici-
nischen oder juridischen Kenntnisse und Fertigkeiten selbst an-
*) Selbst manche Thiere legen Vorräthe an und sorgen so von vorn
herein dafür, dass es ihnen im Winter nicht an Nahrung und einem warmen
Lager gebreche.
Menger, Volkswirthschaftslehre. 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |