Solch ein Gut pflegt bei hoher Cultur z. B. der Volks- schulunterricht zu sein. Auch gutes gesundes Trinkwasser gilt den Bewohnern vieler Städte für ein so wichtiges Gut, dass sie dasselbe, wo es nicht in natürlicher Fülle vorhanden ist, mittelst Wasserleitungen in die öffentlichen Brunnen führen und zwar in so grossen Quantitäten, dass der Bedarf der Bewohner an Trinkwasser nicht nur vollständig gedeckt ist, sondern der Regel nach noch bedeutende Quantitäten über diesen Bedarf hinaus verfügbar sind. Während auf niederen Culturstufen die Unter- weisung eines Lehrers für den dieser Unterweisung Bedürftigen ein ökonomisches Gut ist, wird dies Gut bei hoch entwickelter Cultur, Dank der Vorsorge der Gesellschaft, für jeden einzelnen Bewohner des Landes zu einem nicht ökonomischen und nicht minder in vielen grossen Städten gutes und gesundes Trink- wasser, wo es bisher für die Consumenten einen ökonomischen Charakter hatte, zu einem nicht ökonomischen Gute.
Umgekehrt können Güter, welche den Menschen von Na- tur aus in einer ihren Bedarf übersteigenden Quantität verfüg- bar sind, doch für die Consumenten derselben den ökonomischen Charakter erlangen, wenn ein Gewalthaber die übrigen wirth- schaften Subjecte von der freien Verfügung über diese Güter ausschliesst. In waldreichen Ländern sind die Ortschaften sehr zahlreich, die von Natur aus von holzreichen Wäldern umgeben sind, so zwar, dass die verfügbare Holzquantität den Bedarf der Bewohner weitaus übersteigt und demnach das Holz in rohen Baumstämmen dem natürlichen Laufe der Dinge nach keinen ökonomischen Charakter haben würde. Dadurch aber, dass ein Gewalthaber sich des ganzen Waldes, oder doch des weitaus grösseren Theiles desselben bemächtigt, kann er die Holzquan- titäten, die den Bewohnern der betreffenden Ortschaft thatsäch- lich verfügbar sind, derart reguliren, dass das Holz für dieselben nichtsdestoweniger einen ökonomischen Charakter gewinnt. In den waldreichen Karpathen gibt es z. B. zahlreiche Ortschaften, in welchen die Kleingrundbesitzer, die ehemaligen Grundholden, von den Grossgrundbesitzern das ihnen nöthige Holz kaufen müssen, während diese Letzteren selbst jährlich viele tausende Baumstämme im Walde vermodern lassen, da die ihnen verfüg- baren Quantitäten weitaus grösser sind als der vorhandene
Ueber den Ursprung der menschlichen Wirthschaft.
Solch ein Gut pflegt bei hoher Cultur z. B. der Volks- schulunterricht zu sein. Auch gutes gesundes Trinkwasser gilt den Bewohnern vieler Städte für ein so wichtiges Gut, dass sie dasselbe, wo es nicht in natürlicher Fülle vorhanden ist, mittelst Wasserleitungen in die öffentlichen Brunnen führen und zwar in so grossen Quantitäten, dass der Bedarf der Bewohner an Trinkwasser nicht nur vollständig gedeckt ist, sondern der Regel nach noch bedeutende Quantitäten über diesen Bedarf hinaus verfügbar sind. Während auf niederen Culturstufen die Unter- weisung eines Lehrers für den dieser Unterweisung Bedürftigen ein ökonomisches Gut ist, wird dies Gut bei hoch entwickelter Cultur, Dank der Vorsorge der Gesellschaft, für jeden einzelnen Bewohner des Landes zu einem nicht ökonomischen und nicht minder in vielen grossen Städten gutes und gesundes Trink- wasser, wo es bisher für die Consumenten einen ökonomischen Charakter hatte, zu einem nicht ökonomischen Gute.
Umgekehrt können Güter, welche den Menschen von Na- tur aus in einer ihren Bedarf übersteigenden Quantität verfüg- bar sind, doch für die Consumenten derselben den ökonomischen Charakter erlangen, wenn ein Gewalthaber die übrigen wirth- schaften Subjecte von der freien Verfügung über diese Güter ausschliesst. In waldreichen Ländern sind die Ortschaften sehr zahlreich, die von Natur aus von holzreichen Wäldern umgeben sind, so zwar, dass die verfügbare Holzquantität den Bedarf der Bewohner weitaus übersteigt und demnach das Holz in rohen Baumstämmen dem natürlichen Laufe der Dinge nach keinen ökonomischen Charakter haben würde. Dadurch aber, dass ein Gewalthaber sich des ganzen Waldes, oder doch des weitaus grösseren Theiles desselben bemächtigt, kann er die Holzquan- titäten, die den Bewohnern der betreffenden Ortschaft thatsäch- lich verfügbar sind, derart reguliren, dass das Holz für dieselben nichtsdestoweniger einen ökonomischen Charakter gewinnt. In den waldreichen Karpathen gibt es z. B. zahlreiche Ortschaften, in welchen die Kleingrundbesitzer, die ehemaligen Grundholden, von den Grossgrundbesitzern das ihnen nöthige Holz kaufen müssen, während diese Letzteren selbst jährlich viele tausende Baumstämme im Walde vermodern lassen, da die ihnen verfüg- baren Quantitäten weitaus grösser sind als der vorhandene
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0082"n="64"/><fwplace="top"type="header">Ueber den Ursprung der menschlichen Wirthschaft.</fw><lb/><p>Solch ein Gut pflegt bei hoher Cultur z. B. der Volks-<lb/>
schulunterricht zu sein. Auch gutes gesundes Trinkwasser gilt<lb/>
den Bewohnern vieler Städte für ein so wichtiges Gut, dass sie<lb/>
dasselbe, wo es nicht in natürlicher Fülle vorhanden ist, mittelst<lb/>
Wasserleitungen in die öffentlichen Brunnen führen und zwar in<lb/>
so grossen Quantitäten, dass der Bedarf der Bewohner an<lb/>
Trinkwasser nicht nur vollständig gedeckt ist, sondern der Regel<lb/>
nach noch bedeutende Quantitäten über diesen Bedarf hinaus<lb/>
verfügbar sind. Während auf niederen Culturstufen die Unter-<lb/>
weisung eines Lehrers für den dieser Unterweisung Bedürftigen<lb/>
ein ökonomisches Gut ist, wird dies Gut bei hoch entwickelter<lb/>
Cultur, Dank der Vorsorge der Gesellschaft, für jeden einzelnen<lb/>
Bewohner des Landes zu einem nicht ökonomischen und nicht<lb/>
minder in vielen grossen Städten gutes und gesundes Trink-<lb/>
wasser, wo es bisher für die Consumenten einen ökonomischen<lb/>
Charakter hatte, zu einem nicht ökonomischen Gute.</p><lb/><p>Umgekehrt können Güter, welche den Menschen von Na-<lb/>
tur aus in einer ihren Bedarf übersteigenden Quantität verfüg-<lb/>
bar sind, doch für die Consumenten derselben den ökonomischen<lb/>
Charakter erlangen, wenn ein Gewalthaber die übrigen wirth-<lb/>
schaften Subjecte von der freien Verfügung über diese Güter<lb/>
ausschliesst. In waldreichen Ländern sind die Ortschaften sehr<lb/>
zahlreich, die von Natur aus von holzreichen Wäldern umgeben<lb/>
sind, so zwar, dass die verfügbare Holzquantität den Bedarf<lb/>
der Bewohner weitaus übersteigt und demnach das Holz in rohen<lb/>
Baumstämmen dem natürlichen Laufe der Dinge nach keinen<lb/>
ökonomischen Charakter haben würde. Dadurch aber, dass ein<lb/>
Gewalthaber sich des ganzen Waldes, oder doch des weitaus<lb/>
grösseren Theiles desselben bemächtigt, kann er die Holzquan-<lb/>
titäten, die den Bewohnern der betreffenden Ortschaft thatsäch-<lb/>
lich verfügbar sind, derart reguliren, dass das Holz für dieselben<lb/>
nichtsdestoweniger einen ökonomischen Charakter gewinnt. In<lb/>
den waldreichen Karpathen gibt es z. B. zahlreiche Ortschaften,<lb/>
in welchen die Kleingrundbesitzer, die ehemaligen Grundholden,<lb/>
von den Grossgrundbesitzern das ihnen nöthige Holz kaufen<lb/>
müssen, während diese Letzteren selbst jährlich viele tausende<lb/>
Baumstämme im Walde vermodern lassen, da die ihnen verfüg-<lb/>
baren Quantitäten weitaus grösser sind als der vorhandene<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[64/0082]
Ueber den Ursprung der menschlichen Wirthschaft.
Solch ein Gut pflegt bei hoher Cultur z. B. der Volks-
schulunterricht zu sein. Auch gutes gesundes Trinkwasser gilt
den Bewohnern vieler Städte für ein so wichtiges Gut, dass sie
dasselbe, wo es nicht in natürlicher Fülle vorhanden ist, mittelst
Wasserleitungen in die öffentlichen Brunnen führen und zwar in
so grossen Quantitäten, dass der Bedarf der Bewohner an
Trinkwasser nicht nur vollständig gedeckt ist, sondern der Regel
nach noch bedeutende Quantitäten über diesen Bedarf hinaus
verfügbar sind. Während auf niederen Culturstufen die Unter-
weisung eines Lehrers für den dieser Unterweisung Bedürftigen
ein ökonomisches Gut ist, wird dies Gut bei hoch entwickelter
Cultur, Dank der Vorsorge der Gesellschaft, für jeden einzelnen
Bewohner des Landes zu einem nicht ökonomischen und nicht
minder in vielen grossen Städten gutes und gesundes Trink-
wasser, wo es bisher für die Consumenten einen ökonomischen
Charakter hatte, zu einem nicht ökonomischen Gute.
Umgekehrt können Güter, welche den Menschen von Na-
tur aus in einer ihren Bedarf übersteigenden Quantität verfüg-
bar sind, doch für die Consumenten derselben den ökonomischen
Charakter erlangen, wenn ein Gewalthaber die übrigen wirth-
schaften Subjecte von der freien Verfügung über diese Güter
ausschliesst. In waldreichen Ländern sind die Ortschaften sehr
zahlreich, die von Natur aus von holzreichen Wäldern umgeben
sind, so zwar, dass die verfügbare Holzquantität den Bedarf
der Bewohner weitaus übersteigt und demnach das Holz in rohen
Baumstämmen dem natürlichen Laufe der Dinge nach keinen
ökonomischen Charakter haben würde. Dadurch aber, dass ein
Gewalthaber sich des ganzen Waldes, oder doch des weitaus
grösseren Theiles desselben bemächtigt, kann er die Holzquan-
titäten, die den Bewohnern der betreffenden Ortschaft thatsäch-
lich verfügbar sind, derart reguliren, dass das Holz für dieselben
nichtsdestoweniger einen ökonomischen Charakter gewinnt. In
den waldreichen Karpathen gibt es z. B. zahlreiche Ortschaften,
in welchen die Kleingrundbesitzer, die ehemaligen Grundholden,
von den Grossgrundbesitzern das ihnen nöthige Holz kaufen
müssen, während diese Letzteren selbst jährlich viele tausende
Baumstämme im Walde vermodern lassen, da die ihnen verfüg-
baren Quantitäten weitaus grösser sind als der vorhandene
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/82>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.