Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.stopft durch die Wassermasse selbst, die in ihn zurück¬ "Ich habe gehört, zu Naukratis in Egypten sey ſtopft durch die Waſſermaſſe ſelbſt, die in ihn zuruͤck¬ «Ich habe gehoͤrt, zu Naukratis in Egypten ſey <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0018" n="8"/> ſtopft durch die Waſſermaſſe ſelbſt, die in ihn zuruͤck¬<lb/> ſtuͤrzt. Der Geiſt erſchlafft unter den Buͤchern, die<lb/> doch ſelbſt nur ſeiner Kraft ihr Daſeyn verdanken.<lb/> Man lernt Worte auswendig und fuͤhlt ſich der<lb/> Muͤhe uͤberhoben, ſelbſt zu denken. Nichts ſchadet<lb/> ſo ſehr der eignen Geiſtesanſtrengung, als die Be¬<lb/> quemlichkeit, von dem Gewinn einer fremden zu zeh¬<lb/> ren, und durch nichts wird die Faulheit und der<lb/> Duͤnkel der Menſchen ſo ſehr unterſtuͤtzt, als durch<lb/> die Buͤcher. Mit der Kraft aber geht die Freiheit<lb/> des Geiſtes verloren. Man kann nicht leichter aus<lb/> den freien Menſchen dumme Schafherden machen,<lb/> als indem man ſie zu Leſern macht. Daher war es<lb/> ſchon dem feinen Platon zweifelhaft, ob die Erfin¬<lb/> dung der Schrift die Menſchen ſonderlich gebeſſert<lb/> haͤtte, und es wird nicht uͤbel angebracht ſeyn, die<lb/> denkwuͤrdigen Worte dieſes liebenswuͤrdigen Weiſen<lb/> hieher zu ſetzen:</p><lb/> <p>«Ich habe gehoͤrt, zu Naukratis in Egypten ſey<lb/> einer von den dortigen alten Goͤttern geweſen, dem<lb/> auch der Vogel, welcher Ibis heißt, geheiligt war,<lb/> er ſelbſt aber, der Gott, habe <hi rendition="#g">Theuth</hi> geheißen.<lb/> Dieſer habe zuerſt Zahl und Rechnung erfunden,<lb/> dann die Meßkunſt und die Sternkunde, ferner das<lb/> Bret- und Wuͤrfelſpiel, und ſo auch die <hi rendition="#g">Buchſta¬<lb/> ben</hi>. Als Koͤnig von ganz Egypten habe damals<lb/> Thamus geherrſcht in der großen Stadt des obern<lb/> Landes, welche die Hellenen das egyptiſche Thebe<lb/> nennen, den Gott ſelbſt aber Ammon. Zu dem ſey<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0018]
ſtopft durch die Waſſermaſſe ſelbſt, die in ihn zuruͤck¬
ſtuͤrzt. Der Geiſt erſchlafft unter den Buͤchern, die
doch ſelbſt nur ſeiner Kraft ihr Daſeyn verdanken.
Man lernt Worte auswendig und fuͤhlt ſich der
Muͤhe uͤberhoben, ſelbſt zu denken. Nichts ſchadet
ſo ſehr der eignen Geiſtesanſtrengung, als die Be¬
quemlichkeit, von dem Gewinn einer fremden zu zeh¬
ren, und durch nichts wird die Faulheit und der
Duͤnkel der Menſchen ſo ſehr unterſtuͤtzt, als durch
die Buͤcher. Mit der Kraft aber geht die Freiheit
des Geiſtes verloren. Man kann nicht leichter aus
den freien Menſchen dumme Schafherden machen,
als indem man ſie zu Leſern macht. Daher war es
ſchon dem feinen Platon zweifelhaft, ob die Erfin¬
dung der Schrift die Menſchen ſonderlich gebeſſert
haͤtte, und es wird nicht uͤbel angebracht ſeyn, die
denkwuͤrdigen Worte dieſes liebenswuͤrdigen Weiſen
hieher zu ſetzen:
«Ich habe gehoͤrt, zu Naukratis in Egypten ſey
einer von den dortigen alten Goͤttern geweſen, dem
auch der Vogel, welcher Ibis heißt, geheiligt war,
er ſelbſt aber, der Gott, habe Theuth geheißen.
Dieſer habe zuerſt Zahl und Rechnung erfunden,
dann die Meßkunſt und die Sternkunde, ferner das
Bret- und Wuͤrfelſpiel, und ſo auch die Buchſta¬
ben. Als Koͤnig von ganz Egypten habe damals
Thamus geherrſcht in der großen Stadt des obern
Landes, welche die Hellenen das egyptiſche Thebe
nennen, den Gott ſelbſt aber Ammon. Zu dem ſey
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