Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.weis, wie die stärkste Stütze der Humanität, die uns Im allgemeinen nennen wir die Erinnerung der Die Archäologie und Philologie lehren uns die weis, wie die ſtaͤrkſte Stuͤtze der Humanitaͤt, die uns Im allgemeinen nennen wir die Erinnerung der Die Archaͤologie und Philologie lehren uns die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0201" n="191"/> weis, wie die ſtaͤrkſte Stuͤtze der Humanitaͤt, die uns<lb/> auszeichnet, und zeugt mehr als alles von der Uni¬<lb/> verſalitaͤt unſres Geiſtes, denn wo irgend eine na¬<lb/> tionelle Einſeitigkeit vorherrſcht, pflegt ſie immer zu¬<lb/> erſt in Vorurtheilen gegen andre Nationen und in<lb/> Verachtung ihrer Denkmaͤler ſich zu aͤußern.</p><lb/> <p>Im allgemeinen nennen wir die Erinnerung der<lb/> Zeiten die Geſchichte, und ordnen ihr folgende Wiſ¬<lb/> ſenſchaften unter, Archaͤologie und Philologie oder<lb/> Kunde der bildlichen und ſchriftlichen Denkmaͤler,<lb/> kritiſcher Geſchichtsforſchung und Geſchichtſchreibung.</p><lb/> <p>Die Archaͤologie und Philologie lehren uns die<lb/> alten Denkmaͤler verſtehn und ſind das Mittel fuͤr<lb/> den Geſchichtsforſcher. Die <hi rendition="#g">Philologie</hi> hat ſich<lb/> aber ſelbſt zum Zweck gemacht. Sie hat das Stu¬<lb/> dium der alten und aller Sprachen um ihrer ſelbſt<lb/> willen, nicht blos wegen des zufaͤlligen Inhalts, zu<lb/> ihrem Gegenſtand gemacht. Es iſt darin viel uͤber¬<lb/> trieben worden, man hat den Sprachgelehrten zu<lb/> viel Einfluß eingeraͤumt, und nur zu oft uͤber der<lb/> Form den Inhalt vernachlaͤßigt Indeß hat ſich das<lb/> Übergewicht des reinen Sprachſtudiums gleichſam<lb/> von ſelbſt ergeben muͤſſen. Der Philologe hat die<lb/> doppelte Pflicht, die alten Denkmaͤler theils der<lb/> Form, theils dem Inhalt nach verſtaͤndlich zu ma¬<lb/> chen. Das erſte erfordert aber ein ganz andres Stu¬<lb/> dium, als das zweite, und beide muß er trennen.<lb/> Die Grammatik muß vom Inhalt abſehen, und eine<lb/> vergleichende Analogie bei den verſchiednen alten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
weis, wie die ſtaͤrkſte Stuͤtze der Humanitaͤt, die uns
auszeichnet, und zeugt mehr als alles von der Uni¬
verſalitaͤt unſres Geiſtes, denn wo irgend eine na¬
tionelle Einſeitigkeit vorherrſcht, pflegt ſie immer zu¬
erſt in Vorurtheilen gegen andre Nationen und in
Verachtung ihrer Denkmaͤler ſich zu aͤußern.
Im allgemeinen nennen wir die Erinnerung der
Zeiten die Geſchichte, und ordnen ihr folgende Wiſ¬
ſenſchaften unter, Archaͤologie und Philologie oder
Kunde der bildlichen und ſchriftlichen Denkmaͤler,
kritiſcher Geſchichtsforſchung und Geſchichtſchreibung.
Die Archaͤologie und Philologie lehren uns die
alten Denkmaͤler verſtehn und ſind das Mittel fuͤr
den Geſchichtsforſcher. Die Philologie hat ſich
aber ſelbſt zum Zweck gemacht. Sie hat das Stu¬
dium der alten und aller Sprachen um ihrer ſelbſt
willen, nicht blos wegen des zufaͤlligen Inhalts, zu
ihrem Gegenſtand gemacht. Es iſt darin viel uͤber¬
trieben worden, man hat den Sprachgelehrten zu
viel Einfluß eingeraͤumt, und nur zu oft uͤber der
Form den Inhalt vernachlaͤßigt Indeß hat ſich das
Übergewicht des reinen Sprachſtudiums gleichſam
von ſelbſt ergeben muͤſſen. Der Philologe hat die
doppelte Pflicht, die alten Denkmaͤler theils der
Form, theils dem Inhalt nach verſtaͤndlich zu ma¬
chen. Das erſte erfordert aber ein ganz andres Stu¬
dium, als das zweite, und beide muß er trennen.
Die Grammatik muß vom Inhalt abſehen, und eine
vergleichende Analogie bei den verſchiednen alten
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