Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.in halben Jahrhunderten die Fugen wechseln, die Der üppigen Vegetation des Südens gegenüber in halben Jahrhunderten die Fugen wechſeln, die Der uͤppigen Vegetation des Suͤdens gegenuͤber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="17"/> in halben Jahrhunderten die Fugen wechſeln, die<lb/> Diſſonanzen ihre Loͤſung finden. Es gibt irgendwo<lb/> eine Stelle, wo man die labyrinthiſchen Gaͤnge zum<lb/> ſchoͤnen Ganzen verſchlungen ſieht. In dieſer Mannig¬<lb/> faltigkeit verbirgt ſich die geheime Harmonie eines un¬<lb/> endlichen Kunſtwerks, das zu ermeſſen ein aͤſthetiſcher<lb/> Trieb uns nicht ruhen laͤßt. Aus <hi rendition="#g">einem</hi> Leben hervor¬<lb/> gegangen, iſt dieſe Literatur ſelbſt ein einiges Ganze.</p><lb/> <p>Der uͤppigen Vegetation des Suͤdens gegenuͤber<lb/> erzeugt der Norden eine unermeßliche Buͤcherwelt.<lb/> Dort gefaͤllt ſich die Natur, hier der Geiſt in einem<lb/> ewig wechſelnden Spiel der wunderbarſten Schoͤpfun¬<lb/> gen. Wie nun der Botaniker jene Pflanzenwelt zu<lb/> uͤberblicken, anzuordnen und ihr geheimes Geſetz ſich<lb/> zu entraͤthſeln trachtet, ſo mag der Literator ein glei¬<lb/> ches an der Buͤcherwelt verſuchen. Das Beduͤrfniß<lb/> nach einem Überblick iſt immer dringender geworden,<lb/> je mehr uns die Buͤcher von allen Seiten uͤber den<lb/> Kopf zu wachſen drohen. Man hat deßhalb ſchon<lb/> laͤngſt jene periodiſche Literatur zugeruͤſtet, die als<lb/> adminiſtrative Behoͤrde die anarchiſchen Elemente der<lb/> ſchreibenden Welt bemeiſtern ſoll; dieſe numerirenden,<lb/> claſſificirenden, conſcribirenden, judicirenden Bu¬<lb/> reaux ſind aber ſelbſt von der Anarchie ergriffen und<lb/> in das allgemeine Chaos unaufhaltſam fortgeriſſen<lb/> worden. Sie moͤchten gern wie der Hundsſtern frei<lb/> uͤber dem bluͤhenden Sommer ſchweben, weil ſie aber<lb/> ſelbſt aus der Tiefe ſtammen, ſind ſie noch von dem<lb/> wilden Triebe der Vegetation beherrſcht, und kleben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0027]
in halben Jahrhunderten die Fugen wechſeln, die
Diſſonanzen ihre Loͤſung finden. Es gibt irgendwo
eine Stelle, wo man die labyrinthiſchen Gaͤnge zum
ſchoͤnen Ganzen verſchlungen ſieht. In dieſer Mannig¬
faltigkeit verbirgt ſich die geheime Harmonie eines un¬
endlichen Kunſtwerks, das zu ermeſſen ein aͤſthetiſcher
Trieb uns nicht ruhen laͤßt. Aus einem Leben hervor¬
gegangen, iſt dieſe Literatur ſelbſt ein einiges Ganze.
Der uͤppigen Vegetation des Suͤdens gegenuͤber
erzeugt der Norden eine unermeßliche Buͤcherwelt.
Dort gefaͤllt ſich die Natur, hier der Geiſt in einem
ewig wechſelnden Spiel der wunderbarſten Schoͤpfun¬
gen. Wie nun der Botaniker jene Pflanzenwelt zu
uͤberblicken, anzuordnen und ihr geheimes Geſetz ſich
zu entraͤthſeln trachtet, ſo mag der Literator ein glei¬
ches an der Buͤcherwelt verſuchen. Das Beduͤrfniß
nach einem Überblick iſt immer dringender geworden,
je mehr uns die Buͤcher von allen Seiten uͤber den
Kopf zu wachſen drohen. Man hat deßhalb ſchon
laͤngſt jene periodiſche Literatur zugeruͤſtet, die als
adminiſtrative Behoͤrde die anarchiſchen Elemente der
ſchreibenden Welt bemeiſtern ſoll; dieſe numerirenden,
claſſificirenden, conſcribirenden, judicirenden Bu¬
reaux ſind aber ſelbſt von der Anarchie ergriffen und
in das allgemeine Chaos unaufhaltſam fortgeriſſen
worden. Sie moͤchten gern wie der Hundsſtern frei
uͤber dem bluͤhenden Sommer ſchweben, weil ſie aber
ſelbſt aus der Tiefe ſtammen, ſind ſie noch von dem
wilden Triebe der Vegetation beherrſcht, und kleben
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