Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.Wendepunkt in unsrer neuen Bildung. Sie wird ihre Tieck trat mit seiner echtdeutschen Poesie in eine Die Bearbeitungen alter Volkssagen sind Tieck's Wendepunkt in unſrer neuen Bildung. Sie wird ihre Tieck trat mit ſeiner echtdeutſchen Poeſie in eine Die Bearbeitungen alter Volksſagen ſind Tieck's <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0159" n="149"/> Wendepunkt in unſrer neuen Bildung. Sie wird ihre<lb/> Wirkungen weit in die Zukunft verbreiten.</p><lb/> <p>Tieck trat mit ſeiner echtdeutſchen Poeſie in eine<lb/> natuͤrliche Oppoſition gegen die herrſchenden Schulen,<lb/> und namentlich gegen die proteſtantiſche und antike<lb/> Bildung und Geſinnung. Darum ſind ſeine Dichtun¬<lb/> gen nur zum Theil poſitiv, zum Theil negativ. Er<lb/> offenbarte nicht nur den echten, bisher verkannten<lb/> deutſchen Genius; er fehdete zugleich auch mit allen<lb/> Waffen eines tiefen Gefuͤhls und uͤberlegnen Geiſtes<lb/> die Verirrungen der Zeit an.</p><lb/> <p>Die Bearbeitungen alter Volksſagen ſind Tieck's<lb/> vorzuͤglichſte Dichtungen, worin er auf poſitive<lb/> Weiſe ſich ausgeſprochen. Doch auch ſchon in dieſen<lb/> ernſten Dichtungen hat er den Contraſt gegen das Mo¬<lb/> derne zu bezeichnen geſucht, indem er nach dem Beiſpiel<lb/> Shakeſpeare's das Komiſche dem Tragiſchen vermiſchte.<lb/> Immer ſtellt Tieck die poetiſchen Elemente des Mit¬<lb/> telalters der entarteten Proſa der neuen Verſtandes¬<lb/> periode gegenuͤber, zunaͤchſt die kraͤftige, geſunde Sinn¬<lb/> lichkeit und Kraft, woraus alle uͤbrigen Tugenden<lb/> jener fruͤhern Zeit herfloſſen, der Unnatur und Schwaͤ¬<lb/> che, welche die Grundlage unſrer Fehler und Laſter<lb/> bilden. Hierin iſt Tieck ſehr nahe mit Schiller ver¬<lb/> wandt. Auch Tieck ſchildert die edelſten und kraͤf¬<lb/> tigſten Naturen, nur macht er aus ihnen nicht, wie<lb/> Schiller, allgemeine Ideale der Humanitaͤt, ſondern<lb/> er laͤßt ſie nur als Repraͤſentanten der Vorzeit und<lb/> einer beſtimmten Volksnatur erſcheinen. In dieſen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [149/0159]
Wendepunkt in unſrer neuen Bildung. Sie wird ihre
Wirkungen weit in die Zukunft verbreiten.
Tieck trat mit ſeiner echtdeutſchen Poeſie in eine
natuͤrliche Oppoſition gegen die herrſchenden Schulen,
und namentlich gegen die proteſtantiſche und antike
Bildung und Geſinnung. Darum ſind ſeine Dichtun¬
gen nur zum Theil poſitiv, zum Theil negativ. Er
offenbarte nicht nur den echten, bisher verkannten
deutſchen Genius; er fehdete zugleich auch mit allen
Waffen eines tiefen Gefuͤhls und uͤberlegnen Geiſtes
die Verirrungen der Zeit an.
Die Bearbeitungen alter Volksſagen ſind Tieck's
vorzuͤglichſte Dichtungen, worin er auf poſitive
Weiſe ſich ausgeſprochen. Doch auch ſchon in dieſen
ernſten Dichtungen hat er den Contraſt gegen das Mo¬
derne zu bezeichnen geſucht, indem er nach dem Beiſpiel
Shakeſpeare's das Komiſche dem Tragiſchen vermiſchte.
Immer ſtellt Tieck die poetiſchen Elemente des Mit¬
telalters der entarteten Proſa der neuen Verſtandes¬
periode gegenuͤber, zunaͤchſt die kraͤftige, geſunde Sinn¬
lichkeit und Kraft, woraus alle uͤbrigen Tugenden
jener fruͤhern Zeit herfloſſen, der Unnatur und Schwaͤ¬
che, welche die Grundlage unſrer Fehler und Laſter
bilden. Hierin iſt Tieck ſehr nahe mit Schiller ver¬
wandt. Auch Tieck ſchildert die edelſten und kraͤf¬
tigſten Naturen, nur macht er aus ihnen nicht, wie
Schiller, allgemeine Ideale der Humanitaͤt, ſondern
er laͤßt ſie nur als Repraͤſentanten der Vorzeit und
einer beſtimmten Volksnatur erſcheinen. In dieſen
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