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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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steht mit Recht diese oben an. Sie ist ohne alle Leiden¬
schaft geschrieben, und besteht blos aus Reden und Privat¬
unterhaltungen, so wie aus Verhandlungen seines Staats¬
raths, des Tribunats und gesetzgebenden Körpers; an Ort
und Stelle niedergeschrieben, tragen diese Reden und Ver¬
handlungen den Stempel des größten Kanzleigeheim¬
nisses
, und verdienen schon deßwegen mehr Glauben und
Vertrauen als die von Las Cases, O'Meara, Antomarchi etc.
bekannte, indem solche nie bestimmt waren, öffentlich ge¬
macht zu werden, wie es bei den Schriften der Letztern der
Fall war.

Thibaudeau ist mit den Bewunderern dieses genia¬
len Mannes, über die Tiefe seines Geistes, seinen praktischen
Sinn und seinen unerschütterlichen Willen einverstanden,
greift aber dabei keinem Urtheil vor, sondern gibt unver¬
fälscht wieder, was er von Napoleon sah und hörte.

Neben einem männlichen Styl findet man die sorgfäl¬
tigste Auswahl alles dessen, was dem Philosophen und
Staatsmann bei der Beurtheilung des Helden leiten und
woraus er sehen kann, welchen Weg Napoleon einschlug,
um das Ziel, das er sich vorgesteckt hatte, zu erreichen.


ſteht mit Recht dieſe oben an. Sie iſt ohne alle Leiden¬
ſchaft geſchrieben, und beſteht blos aus Reden und Privat¬
unterhaltungen, ſo wie aus Verhandlungen ſeines Staats¬
raths, des Tribunats und geſetzgebenden Koͤrpers; an Ort
und Stelle niedergeſchrieben, tragen dieſe Reden und Ver¬
handlungen den Stempel des groͤßten Kanzleigeheim¬
niſſes
, und verdienen ſchon deßwegen mehr Glauben und
Vertrauen als die von Las Caſes, O'Meara, Antomarchi ꝛc.
bekannte, indem ſolche nie beſtimmt waren, oͤffentlich ge¬
macht zu werden, wie es bei den Schriften der Letztern der
Fall war.

Thibaudeau iſt mit den Bewunderern dieſes genia¬
len Mannes, uͤber die Tiefe ſeines Geiſtes, ſeinen praktiſchen
Sinn und ſeinen unerſchuͤtterlichen Willen einverſtanden,
greift aber dabei keinem Urtheil vor, ſondern gibt unver¬
faͤlſcht wieder, was er von Napoleon ſah und hoͤrte.

Neben einem maͤnnlichen Styl findet man die ſorgfaͤl¬
tigſte Auswahl alles deſſen, was dem Philoſophen und
Staatsmann bei der Beurtheilung des Helden leiten und
woraus er ſehen kann, welchen Weg Napoleon einſchlug,
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[0318] ſteht mit Recht dieſe oben an. Sie iſt ohne alle Leiden¬ ſchaft geſchrieben, und beſteht blos aus Reden und Privat¬ unterhaltungen, ſo wie aus Verhandlungen ſeines Staats¬ raths, des Tribunats und geſetzgebenden Koͤrpers; an Ort und Stelle niedergeſchrieben, tragen dieſe Reden und Ver¬ handlungen den Stempel des groͤßten Kanzleigeheim¬ niſſes, und verdienen ſchon deßwegen mehr Glauben und Vertrauen als die von Las Caſes, O'Meara, Antomarchi ꝛc. bekannte, indem ſolche nie beſtimmt waren, oͤffentlich ge¬ macht zu werden, wie es bei den Schriften der Letztern der Fall war. Thibaudeau iſt mit den Bewunderern dieſes genia¬ len Mannes, uͤber die Tiefe ſeines Geiſtes, ſeinen praktiſchen Sinn und ſeinen unerſchuͤtterlichen Willen einverſtanden, greift aber dabei keinem Urtheil vor, ſondern gibt unver¬ faͤlſcht wieder, was er von Napoleon ſah und hoͤrte. Neben einem maͤnnlichen Styl findet man die ſorgfaͤl¬ tigſte Auswahl alles deſſen, was dem Philoſophen und Staatsmann bei der Beurtheilung des Helden leiten und woraus er ſehen kann, welchen Weg Napoleon einſchlug, um das Ziel, das er ſich vorgeſteckt hatte, zu erreichen.

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/318>, abgerufen am 28.11.2024.