Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.weltliche Leidenschaft und liebliche Sinnlichkeit. Als¬ Übrigens haben die genialen Ideen jener Wie¬ weltliche Leidenſchaft und liebliche Sinnlichkeit. Als¬ Übrigens haben die genialen Ideen jener Wie¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="53"/> weltliche Leidenſchaft und liebliche Sinnlichkeit. Als¬<lb/> dann aber darf man allerdings und mit groͤßter Strenge<lb/> die einſeitige Herrſchaft eines Styls, und die ge¬<lb/> ſchmackloſen Übertreibungen deſſelben verwerfen. Wenn<lb/> die Muſik auch alle Maͤngel der uͤbrigen Kuͤnſte ge¬<lb/> theilt hat, ſo iſt ſie doch gerade in der geſchmacklo¬<lb/> ſen Periode des vorigen Jahrhunderts vor allen an¬<lb/> dern Kuͤnſten in ihrer weltlichen Richtung zu einer<lb/> erhabenen Hoͤhe gediehen und hat unſterbliche Werke<lb/> hervorgebracht. Die Urſache davon war, daß ſie un¬<lb/> gleich ihren Schweſtern nicht blos von Hoͤfen und<lb/> Stubengelehrten, ſondern vom Volke ſelbſt gepflegt<lb/> wurde. Derſelbe Umſtand wird auch einer Reſtaura¬<lb/> tion der Kirchenmuſik und beſonders des Chorals guͤn¬<lb/> ſtig werden. Schon ſehn wir fuͤr dieſen Gegenſtand<lb/> eine allgemeine Theilnahme rege werden und uͤberall<lb/> entſtehn neue Singgeſellſchaften, erſcheinen neue Schrif¬<lb/> ten uͤber den Geſang.</p><lb/> <p>Übrigens haben die genialen Ideen jener Wie¬<lb/> derherſteller der bildenden Kuͤnſte in unſern romanti¬<lb/> ſchen Damen und Juͤnglingen eine Liebhaberei fuͤr<lb/> das Kunſtgeſchwaͤtz und eine enthuſiaſtiſche Faſelei er¬<lb/> weckt, die in einer Menge von belletriſtiſchen Pro¬<lb/> ducten ſich breit machen. Namentlich ſeit Heinſe, Hoff¬<lb/> mann und Tieck ihre aͤſthetiſchen Anſichten in der Form<lb/> des Romans vorgetragen, wimmelt es von falſchen<lb/> Nachahmern derſelben, die nicht wenig dazu beitra¬<lb/> gen, daß die Meinungen ſich verwirren und die ſcharfe<lb/> Kritik ſich abſtumpft und verflacht.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [53/0063]
weltliche Leidenſchaft und liebliche Sinnlichkeit. Als¬
dann aber darf man allerdings und mit groͤßter Strenge
die einſeitige Herrſchaft eines Styls, und die ge¬
ſchmackloſen Übertreibungen deſſelben verwerfen. Wenn
die Muſik auch alle Maͤngel der uͤbrigen Kuͤnſte ge¬
theilt hat, ſo iſt ſie doch gerade in der geſchmacklo¬
ſen Periode des vorigen Jahrhunderts vor allen an¬
dern Kuͤnſten in ihrer weltlichen Richtung zu einer
erhabenen Hoͤhe gediehen und hat unſterbliche Werke
hervorgebracht. Die Urſache davon war, daß ſie un¬
gleich ihren Schweſtern nicht blos von Hoͤfen und
Stubengelehrten, ſondern vom Volke ſelbſt gepflegt
wurde. Derſelbe Umſtand wird auch einer Reſtaura¬
tion der Kirchenmuſik und beſonders des Chorals guͤn¬
ſtig werden. Schon ſehn wir fuͤr dieſen Gegenſtand
eine allgemeine Theilnahme rege werden und uͤberall
entſtehn neue Singgeſellſchaften, erſcheinen neue Schrif¬
ten uͤber den Geſang.
Übrigens haben die genialen Ideen jener Wie¬
derherſteller der bildenden Kuͤnſte in unſern romanti¬
ſchen Damen und Juͤnglingen eine Liebhaberei fuͤr
das Kunſtgeſchwaͤtz und eine enthuſiaſtiſche Faſelei er¬
weckt, die in einer Menge von belletriſtiſchen Pro¬
ducten ſich breit machen. Namentlich ſeit Heinſe, Hoff¬
mann und Tieck ihre aͤſthetiſchen Anſichten in der Form
des Romans vorgetragen, wimmelt es von falſchen
Nachahmern derſelben, die nicht wenig dazu beitra¬
gen, daß die Meinungen ſich verwirren und die ſcharfe
Kritik ſich abſtumpft und verflacht.
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