Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Alte Schweizer. * Sie kommen mit dröhnenden Schritten entlang Den von Raphael's Fresken verherrlichten Gang In der puffigen alten geschichtlichen Tracht, Als riefe das Horn sie zur Murtener Schlacht: "Herr Heiliger Vater, der Gläubigen Hort, So kann es nicht gehn und so geht es nicht fort! Du sparst an den Kohlen, Du knickerst am Licht -- An Deinen Helvetiern knausre Du nicht! Wann den Himmel ein Heiliger Vater gewann, Ergiebt es elf Thaler für jeglichen Mann! So galt's und so gilt's von Geschlecht zu Geschlecht, Wir pochen auf unser historisches Recht! Herr Heiliger Vater, Du weißt wer wir sind!
Bescheidene Leute von Ahne zu Kind! Doch werden wir an den Moneten gekürzt, Wir kommen wie brüllende Löwen gestürzt! * Bei der Thronbesteigung Leo's XIII. brach im Vatican eine
kleine Palastrevolte aus, weil der sparsame Papst den Schweizern das übliche Donativ zurückhielt. Alte Schweizer. * Sie kommen mit dröhnenden Schritten entlang Den von Raphael's Fresken verherrlichten Gang In der puffigen alten geſchichtlichen Tracht, Als riefe das Horn ſie zur Murtener Schlacht: „Herr Heiliger Vater, der Gläubigen Hort, So kann es nicht gehn und ſo geht es nicht fort! Du ſparſt an den Kohlen, Du knickerſt am Licht — An Deinen Helvetiern knauſre Du nicht! Wann den Himmel ein Heiliger Vater gewann, Ergiebt es elf Thaler für jeglichen Mann! So galt's und ſo gilt's von Geſchlecht zu Geſchlecht, Wir pochen auf unſer hiſtoriſches Recht! Herr Heiliger Vater, Du weißt wer wir ſind!
Beſcheidene Leute von Ahne zu Kind! Doch werden wir an den Moneten gekürzt, Wir kommen wie brüllende Löwen geſtürzt! * Bei der Thronbeſteigung Leo's XIII. brach im Vatican eine
kleine Palaſtrevolte aus, weil der ſparſame Papſt den Schweizern das übliche Donativ zurückhielt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0149" n="135"/> </div> <div n="2"> <head>Alte Schweizer. <note place="foot" n="*">Bei der Thronbeſteigung Leo's <hi rendition="#aq">XIII</hi>. brach im Vatican eine<lb/> kleine Palaſtrevolte aus, weil der ſparſame Papſt den Schweizern<lb/> das übliche Donativ zurückhielt.<lb/></note><lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sie kommen mit dröhnenden Schritten entlang</l><lb/> <l>Den von Raphael's Fresken verherrlichten Gang</l><lb/> <l>In der puffigen alten geſchichtlichen Tracht,</l><lb/> <l>Als riefe das Horn ſie zur Murtener Schlacht:</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>„Herr Heiliger Vater, der Gläubigen Hort,</l><lb/> <l>So kann es nicht gehn und ſo geht es nicht fort!</l><lb/> <l>Du ſparſt an den Kohlen, Du knickerſt am Licht —</l><lb/> <l>An Deinen Helvetiern knauſre Du nicht!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Wann den Himmel ein Heiliger Vater gewann,</l><lb/> <l>Ergiebt es elf Thaler für jeglichen Mann!</l><lb/> <l>So galt's und ſo gilt's von Geſchlecht zu Geſchlecht,</l><lb/> <l>Wir pochen auf unſer hiſtoriſches Recht!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Herr Heiliger Vater, Du weißt wer wir ſind!</l><lb/> <l>Beſcheidene Leute von Ahne zu Kind!</l><lb/> <l>Doch werden wir an den Moneten gekürzt,</l><lb/> <l>Wir kommen wie brüllende Löwen geſtürzt!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0149]
Alte Schweizer. *
Sie kommen mit dröhnenden Schritten entlang
Den von Raphael's Fresken verherrlichten Gang
In der puffigen alten geſchichtlichen Tracht,
Als riefe das Horn ſie zur Murtener Schlacht:
„Herr Heiliger Vater, der Gläubigen Hort,
So kann es nicht gehn und ſo geht es nicht fort!
Du ſparſt an den Kohlen, Du knickerſt am Licht —
An Deinen Helvetiern knauſre Du nicht!
Wann den Himmel ein Heiliger Vater gewann,
Ergiebt es elf Thaler für jeglichen Mann!
So galt's und ſo gilt's von Geſchlecht zu Geſchlecht,
Wir pochen auf unſer hiſtoriſches Recht!
Herr Heiliger Vater, Du weißt wer wir ſind!
Beſcheidene Leute von Ahne zu Kind!
Doch werden wir an den Moneten gekürzt,
Wir kommen wie brüllende Löwen geſtürzt!
* Bei der Thronbeſteigung Leo's XIII. brach im Vatican eine
kleine Palaſtrevolte aus, weil der ſparſame Papſt den Schweizern
das übliche Donativ zurückhielt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/149 |
Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/149>, abgerufen am 17.02.2025. |