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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Der Blutstropfen.
Zur Zeit der Lese war's im Winzerhaus
Des Herdes goldne Flamme prasselte,
Die Fensterscheiben überhauchten sich
Und draußen scholl das Evoe geisterhaft
Aus Nebeldämmer. Becher klangen. Jung
Und Alt empfand die bacchische Gewalt.
Mit einem zarten Schimmer röteten
Selbst ihr die Wangen sich, die unser Gast
Und dieser Erde Gast nicht lange war,
Ein stilles, scheues, ungezähmtes Kind.
Zum Reigen rief Lyaeus. Jene schlich
Sich weg. Ins Freie blickte sie hinaus
Durchs Fenster. Dann beschrieb sie träumerisch,
Die ganz sich unbeachtet Wähnende,
Die Scheibe mit dem Finger. Weh! umstellt,
Belauert wurde sie von einem Schwarm
Und überfallen. Rasch in Trümmer schlug,
Das Antlitz glutbedeckt, die Scheibe sie,
Sich selbst verwundend. Dieses Tüchlein hier,
Das als Reliquie mir im Schreine liegt,
Fing, über die verletzte Hand gelegt,
Das Quellen eines Tropfen Blutes auf,
Der warm ihr eben erst im Herzen rann.
Der Blutstropfen.
Zur Zeit der Leſe war's im Winzerhaus
Des Herdes goldne Flamme praſſelte,
Die Fenſterſcheiben überhauchten ſich
Und draußen ſcholl das Evoë geiſterhaft
Aus Nebeldämmer. Becher klangen. Jung
Und Alt empfand die bacchiſche Gewalt.
Mit einem zarten Schimmer röteten
Selbſt ihr die Wangen ſich, die unſer Gaſt
Und dieſer Erde Gaſt nicht lange war,
Ein ſtilles, ſcheues, ungezähmtes Kind.
Zum Reigen rief Lyaeus. Jene ſchlich
Sich weg. Ins Freie blickte ſie hinaus
Durchs Fenſter. Dann beſchrieb ſie träumeriſch,
Die ganz ſich unbeachtet Wähnende,
Die Scheibe mit dem Finger. Weh! umſtellt,
Belauert wurde ſie von einem Schwarm
Und überfallen. Raſch in Trümmer ſchlug,
Das Antlitz glutbedeckt, die Scheibe ſie,
Sich ſelbſt verwundend. Dieſes Tüchlein hier,
Das als Reliquie mir im Schreine liegt,
Fing, über die verletzte Hand gelegt,
Das Quellen eines Tropfen Blutes auf,
Der warm ihr eben erſt im Herzen rann.
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[164/0178] Der Blutstropfen. Zur Zeit der Leſe war's im Winzerhaus Des Herdes goldne Flamme praſſelte, Die Fenſterſcheiben überhauchten ſich Und draußen ſcholl das Evoë geiſterhaft Aus Nebeldämmer. Becher klangen. Jung Und Alt empfand die bacchiſche Gewalt. Mit einem zarten Schimmer röteten Selbſt ihr die Wangen ſich, die unſer Gaſt Und dieſer Erde Gaſt nicht lange war, Ein ſtilles, ſcheues, ungezähmtes Kind. Zum Reigen rief Lyaeus. Jene ſchlich Sich weg. Ins Freie blickte ſie hinaus Durchs Fenſter. Dann beſchrieb ſie träumeriſch, Die ganz ſich unbeachtet Wähnende, Die Scheibe mit dem Finger. Weh! umſtellt, Belauert wurde ſie von einem Schwarm Und überfallen. Raſch in Trümmer ſchlug, Das Antlitz glutbedeckt, die Scheibe ſie, Sich ſelbſt verwundend. Dieſes Tüchlein hier, Das als Reliquie mir im Schreine liegt, Fing, über die verletzte Hand gelegt, Das Quellen eines Tropfen Blutes auf, Der warm ihr eben erſt im Herzen rann.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/178>, abgerufen am 26.11.2024.