Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Galaswinte.
Im Saale jubelt Hochzeit --
Die Arme vor dem Busen
Kreuzt Fredegund in Demut,
Des Königs list'ge Buhlin:
"Ich bin die Magd und leuchte
Dem Bräutchen auf die Kammer!"
Die Alabasterampel
Mit römischen Sculpturen,
Die schwebend einst geschimmert
In stillem Grabesdunkel,
Trägt Fredegund in Demut
Und hellt die Hochzeitskammer,
Sie setzt die Ampel nieder
Und geht und lächelt tückisch.
Die zarte Galaswinte
Blickt in die weh'nde Flamme,
Die Flamme loht und flackert,
Die Ampel springt in Scherben,
Die Fürstin weint im Dunkel:
"Die mich gebracht aus Spanien,
Dein Kind dem Frankenkönig,
Jetzt drehst du auf dem Rosse
Im Schein der Wanderfackel
Noch einmal dich und breitest
Nach mir die Arme, Mutter!"

Galaſwinte.
Im Saale jubelt Hochzeit —
Die Arme vor dem Buſen
Kreuzt Fredegund in Demut,
Des Königs liſt'ge Buhlin:
„Ich bin die Magd und leuchte
Dem Bräutchen auf die Kammer!“
Die Alabaſterampel
Mit römiſchen Sculpturen,
Die ſchwebend einſt geſchimmert
In ſtillem Grabesdunkel,
Trägt Fredegund in Demut
Und hellt die Hochzeitskammer,
Sie ſetzt die Ampel nieder
Und geht und lächelt tückiſch.
Die zarte Galaſwinte
Blickt in die weh'nde Flamme,
Die Flamme loht und flackert,
Die Ampel ſpringt in Scherben,
Die Fürſtin weint im Dunkel:
„Die mich gebracht aus Spanien,
Dein Kind dem Frankenkönig,
Jetzt drehſt du auf dem Roſſe
Im Schein der Wanderfackel
Noch einmal dich und breiteſt
Nach mir die Arme, Mutter!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0235" n="221"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Gala&#x017F;winte.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <l>Im Saale jubelt Hochzeit &#x2014;</l><lb/>
            <l>Die Arme vor dem Bu&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Kreuzt Fredegund in Demut,</l><lb/>
            <l>Des Königs li&#x017F;t'ge Buhlin:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Ich bin die Magd und leuchte</l><lb/>
            <l>Dem Bräutchen auf die Kammer!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Die Alaba&#x017F;terampel</l><lb/>
            <l>Mit römi&#x017F;chen Sculpturen,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chwebend ein&#x017F;t ge&#x017F;chimmert</l><lb/>
            <l>In &#x017F;tillem Grabesdunkel,</l><lb/>
            <l>Trägt Fredegund in Demut</l><lb/>
            <l>Und hellt die Hochzeitskammer,</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;etzt die Ampel nieder</l><lb/>
            <l>Und geht und lächelt tücki&#x017F;ch.</l><lb/>
            <l>Die zarte Gala&#x017F;winte</l><lb/>
            <l>Blickt in die weh'nde Flamme,</l><lb/>
            <l>Die Flamme loht und flackert,</l><lb/>
            <l>Die Ampel &#x017F;pringt in Scherben,</l><lb/>
            <l>Die Für&#x017F;tin weint im Dunkel:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Die mich gebracht aus Spanien,</l><lb/>
            <l>Dein Kind dem Frankenkönig,</l><lb/>
            <l>Jetzt dreh&#x017F;t du auf dem Ro&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Im Schein der Wanderfackel</l><lb/>
            <l>Noch einmal dich und breite&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Nach mir die Arme, Mutter!&#x201C;</l><lb/>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0235] Galaſwinte. Im Saale jubelt Hochzeit — Die Arme vor dem Buſen Kreuzt Fredegund in Demut, Des Königs liſt'ge Buhlin: „Ich bin die Magd und leuchte Dem Bräutchen auf die Kammer!“ Die Alabaſterampel Mit römiſchen Sculpturen, Die ſchwebend einſt geſchimmert In ſtillem Grabesdunkel, Trägt Fredegund in Demut Und hellt die Hochzeitskammer, Sie ſetzt die Ampel nieder Und geht und lächelt tückiſch. Die zarte Galaſwinte Blickt in die weh'nde Flamme, Die Flamme loht und flackert, Die Ampel ſpringt in Scherben, Die Fürſtin weint im Dunkel: „Die mich gebracht aus Spanien, Dein Kind dem Frankenkönig, Jetzt drehſt du auf dem Roſſe Im Schein der Wanderfackel Noch einmal dich und breiteſt Nach mir die Arme, Mutter!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/235
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/235>, abgerufen am 21.11.2024.