Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Laut feilschte rings der Markt und summte, Sobald der Hammerschlag verstummte, Mit ekeln Buden ward verklebt Der Pfeiler, der nach oben strebt. Ich aber ging dem Brote nach, Baut' Erkerlein und Giebeldach, Ein wackrer Lohnknecht wie die Andern. Doch Abends im Nachhausewandern Bei trauter Dämmerglocke Klang Stand ich vor meinem Münster lang, Die Glut erklomm den höchsten Trümmer, Verglomm in letztem Tagesschimmer, Noch ging das Knabenspiel im Braus Rings um das dunkelnd hohe Haus. Wohl hemmt ein Junge kurz den Lauf Und schaut am Münster trotzig auf -- Dann runzelt' ich die weißen Braun Und dachte: Werden's Diese baun? Inzwischen schossen auf die Reiser,
Sie wurden saft'ger und ich greiser. Jüngst irrt' ich traurig und allein Um meinen Dom im Abendschein, Ernst stand das junge Volk beisammen, Die kräft'gen Augen sprühten Flammen, Sie schienen warm sich zu verschwören Und redend nur auf sich zu hören, Ich schlich in ihre Nähe leis, Aus Einem Munde sprach der Kreis: "Bei Gottes Haupte! Wir vollenden Den Dom mit diesen unsern Händen!" ... Laut feilſchte rings der Markt und ſummte, Sobald der Hammerſchlag verſtummte, Mit ekeln Buden ward verklebt Der Pfeiler, der nach oben ſtrebt. Ich aber ging dem Brote nach, Baut' Erkerlein und Giebeldach, Ein wackrer Lohnknecht wie die Andern. Doch Abends im Nachhauſewandern Bei trauter Dämmerglocke Klang Stand ich vor meinem Münſter lang, Die Glut erklomm den höchſten Trümmer, Verglomm in letztem Tagesſchimmer, Noch ging das Knabenſpiel im Braus Rings um das dunkelnd hohe Haus. Wohl hemmt ein Junge kurz den Lauf Und ſchaut am Münſter trotzig auf — Dann runzelt' ich die weißen Braun Und dachte: Werden's Dieſe baun? Inzwiſchen ſchoſſen auf die Reiſer,
Sie wurden ſaft'ger und ich greiſer. Jüngſt irrt' ich traurig und allein Um meinen Dom im Abendſchein, Ernſt ſtand das junge Volk beiſammen, Die kräft'gen Augen ſprühten Flammen, Sie ſchienen warm ſich zu verſchwören Und redend nur auf ſich zu hören, Ich ſchlich in ihre Nähe leis, Aus Einem Munde ſprach der Kreis: „Bei Gottes Haupte! Wir vollenden Den Dom mit dieſen unſern Händen!“ ... <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0288" n="274"/> <lg n="6"> <l>Laut feilſchte rings der Markt und ſummte,</l><lb/> <l>Sobald der Hammerſchlag verſtummte,</l><lb/> <l>Mit ekeln Buden ward verklebt</l><lb/> <l>Der Pfeiler, der nach oben ſtrebt.</l><lb/> <l>Ich aber ging dem Brote nach,</l><lb/> <l>Baut' Erkerlein und Giebeldach,</l><lb/> <l>Ein wackrer Lohnknecht wie die Andern.</l><lb/> <l>Doch Abends im Nachhauſewandern</l><lb/> <l>Bei trauter Dämmerglocke Klang</l><lb/> <l>Stand ich vor meinem Münſter lang,</l><lb/> <l>Die Glut erklomm den höchſten Trümmer,</l><lb/> <l>Verglomm in letztem Tagesſchimmer,</l><lb/> <l>Noch ging das Knabenſpiel im Braus</l><lb/> <l>Rings um das dunkelnd hohe Haus.</l><lb/> <l>Wohl hemmt ein Junge kurz den Lauf</l><lb/> <l>Und ſchaut am Münſter trotzig auf —</l><lb/> <l>Dann runzelt' ich die weißen Braun</l><lb/> <l>Und dachte: Werden's Dieſe baun?</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Inzwiſchen ſchoſſen auf die Reiſer,</l><lb/> <l>Sie wurden ſaft'ger und ich greiſer.</l><lb/> <l>Jüngſt irrt' ich traurig und allein</l><lb/> <l>Um meinen Dom im Abendſchein,</l><lb/> <l>Ernſt ſtand das junge Volk beiſammen,</l><lb/> <l>Die kräft'gen Augen ſprühten Flammen,</l><lb/> <l>Sie ſchienen warm ſich zu verſchwören</l><lb/> <l>Und redend nur auf ſich zu hören,</l><lb/> <l>Ich ſchlich in ihre Nähe leis,</l><lb/> <l>Aus Einem Munde ſprach der Kreis:</l><lb/> <l>„Bei Gottes Haupte! Wir vollenden</l><lb/> <l>Den Dom mit dieſen unſern Händen!“ ...</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0288]
Laut feilſchte rings der Markt und ſummte,
Sobald der Hammerſchlag verſtummte,
Mit ekeln Buden ward verklebt
Der Pfeiler, der nach oben ſtrebt.
Ich aber ging dem Brote nach,
Baut' Erkerlein und Giebeldach,
Ein wackrer Lohnknecht wie die Andern.
Doch Abends im Nachhauſewandern
Bei trauter Dämmerglocke Klang
Stand ich vor meinem Münſter lang,
Die Glut erklomm den höchſten Trümmer,
Verglomm in letztem Tagesſchimmer,
Noch ging das Knabenſpiel im Braus
Rings um das dunkelnd hohe Haus.
Wohl hemmt ein Junge kurz den Lauf
Und ſchaut am Münſter trotzig auf —
Dann runzelt' ich die weißen Braun
Und dachte: Werden's Dieſe baun?
Inzwiſchen ſchoſſen auf die Reiſer,
Sie wurden ſaft'ger und ich greiſer.
Jüngſt irrt' ich traurig und allein
Um meinen Dom im Abendſchein,
Ernſt ſtand das junge Volk beiſammen,
Die kräft'gen Augen ſprühten Flammen,
Sie ſchienen warm ſich zu verſchwören
Und redend nur auf ſich zu hören,
Ich ſchlich in ihre Nähe leis,
Aus Einem Munde ſprach der Kreis:
„Bei Gottes Haupte! Wir vollenden
Den Dom mit dieſen unſern Händen!“ ...
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |