Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrog er sich und haben wir
Uns in das Nichts verlaufen,
Ein räud'ger Hund, Seor, wie Ihr
Darf fröhlich mit ersaufen!"
-- "Seor, da betet Ihr nicht gut!
Zurück Euch in den Rachen
Den räud'gen Hund! Ihr raucht von Blut
Und Ihr entsprangt den Wachen!"
"Seor, ich dolcht' ein falsches Weib,
Bekenn' ich unverhohlen!
Nicht hab' dem Bäcker einen Laib
Vom Bret ich weggestohlen!
Seor, Ihr seid ein Galgenstrick!"
-- "Seor, Ihr seid nicht besser!"
Sie ziehen mit entflammtem Blick
Und kreuzen blanke Messer ...
Da zwischen ihre Messer walzt
In tollem Freudensprunge,
Mit ölgetränkten Fingern schnalzt
Miguel, der Küchenjunge.
Er drückt die Lider blinzelnd ein
Mit schlauem Wimperzwinken,
Bald hüpft er auf dem rechten Bein,
Bald hopst er auf dem linken,
In Lüften bläht sich sein Gewand,
Es puffen ihm die Hosen --
Neugierig kommen hergerannt
Soldaten und Matrosen.
Betrog er ſich und haben wir
Uns in das Nichts verlaufen,
Ein räud'ger Hund, Seor, wie Ihr
Darf fröhlich mit erſaufen!“
— „Seor, da betet Ihr nicht gut!
Zurück Euch in den Rachen
Den räud'gen Hund! Ihr raucht von Blut
Und Ihr entſprangt den Wachen!“
„Seor, ich dolcht' ein falſches Weib,
Bekenn' ich unverhohlen!
Nicht hab' dem Bäcker einen Laib
Vom Bret ich weggeſtohlen!
Seor, Ihr ſeid ein Galgenſtrick!“
— „Seor, Ihr ſeid nicht beſſer!“
Sie ziehen mit entflammtem Blick
Und kreuzen blanke Meſſer ...
Da zwiſchen ihre Meſſer walzt
In tollem Freudenſprunge,
Mit ölgetränkten Fingern ſchnalzt
Miguel, der Küchenjunge.
Er drückt die Lider blinzelnd ein
Mit ſchlauem Wimperzwinken,
Bald hüpft er auf dem rechten Bein,
Bald hopſt er auf dem linken,
In Lüften bläht ſich ſein Gewand,
Es puffen ihm die Hoſen —
Neugierig kommen hergerannt
Soldaten und Matroſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0297" n="283"/>
            <lg n="4">
              <l>Betrog er &#x017F;ich und haben wir</l><lb/>
              <l>Uns in das Nichts verlaufen,</l><lb/>
              <l>Ein räud'ger Hund, Seor, wie Ihr</l><lb/>
              <l>Darf fröhlich mit er&#x017F;aufen!&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x2014; &#x201E;Seor, da betet Ihr nicht gut!</l><lb/>
              <l>Zurück Euch in den Rachen</l><lb/>
              <l>Den räud'gen Hund! Ihr raucht von Blut</l><lb/>
              <l>Und Ihr ent&#x017F;prangt den Wachen!&#x201C;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>&#x201E;Seor, ich dolcht' ein fal&#x017F;ches Weib,</l><lb/>
              <l>Bekenn' ich unverhohlen!</l><lb/>
              <l>Nicht hab' dem Bäcker einen Laib</l><lb/>
              <l>Vom Bret ich wegge&#x017F;tohlen!</l><lb/>
              <l>Seor, Ihr &#x017F;eid ein Galgen&#x017F;trick!&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x2014; &#x201E;Seor, Ihr &#x017F;eid nicht be&#x017F;&#x017F;er!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Sie ziehen mit entflammtem Blick</l><lb/>
              <l>Und kreuzen blanke Me&#x017F;&#x017F;er ...</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Da zwi&#x017F;chen ihre Me&#x017F;&#x017F;er walzt</l><lb/>
              <l>In tollem Freuden&#x017F;prunge,</l><lb/>
              <l>Mit ölgetränkten Fingern &#x017F;chnalzt</l><lb/>
              <l>Miguel, der Küchenjunge.</l><lb/>
              <l>Er drückt die Lider blinzelnd ein</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;chlauem Wimperzwinken,</l><lb/>
              <l>Bald hüpft er auf dem rechten Bein,</l><lb/>
              <l>Bald hop&#x017F;t er auf dem linken,</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l>In Lüften bläht &#x017F;ich &#x017F;ein Gewand,</l><lb/>
              <l>Es puffen ihm die Ho&#x017F;en &#x2014;</l><lb/>
              <l>Neugierig kommen hergerannt</l><lb/>
              <l>Soldaten und Matro&#x017F;en.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0297] Betrog er ſich und haben wir Uns in das Nichts verlaufen, Ein räud'ger Hund, Seor, wie Ihr Darf fröhlich mit erſaufen!“ — „Seor, da betet Ihr nicht gut! Zurück Euch in den Rachen Den räud'gen Hund! Ihr raucht von Blut Und Ihr entſprangt den Wachen!“ „Seor, ich dolcht' ein falſches Weib, Bekenn' ich unverhohlen! Nicht hab' dem Bäcker einen Laib Vom Bret ich weggeſtohlen! Seor, Ihr ſeid ein Galgenſtrick!“ — „Seor, Ihr ſeid nicht beſſer!“ Sie ziehen mit entflammtem Blick Und kreuzen blanke Meſſer ... Da zwiſchen ihre Meſſer walzt In tollem Freudenſprunge, Mit ölgetränkten Fingern ſchnalzt Miguel, der Küchenjunge. Er drückt die Lider blinzelnd ein Mit ſchlauem Wimperzwinken, Bald hüpft er auf dem rechten Bein, Bald hopſt er auf dem linken, In Lüften bläht ſich ſein Gewand, Es puffen ihm die Hoſen — Neugierig kommen hergerannt Soldaten und Matroſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/297
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/297>, abgerufen am 23.11.2024.