Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Franz Heinrich: Der in Erwegung göttlicher Wollthaten sich recht verhaltende Israeliter. Hildesheim, 1716.

Bild:
<< vorherige Seite

geistreicher Lehrer unserer Kirchen also nachdencklich und nachdrücklich geschrieben: Diß Sprüchlein hält uns für aller Menschen Nichtigkeit / Unvermögen / Jammer und Elend / Tod / Hölle und Verdammniß / daß GOtt uns nicht um der Würdigkeit und Verdienstes willen geholffen / und seinen lieben Sohn geschencket / sondern aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit; Und hiemit will uns GOtt all unsern Ruhm unserer Würdigkeit / Vermögens und Verdienstes niederlegen / auff daß Er allein die Ehre / Ruhm und Preiß unser Seligkeit behalte. Diß ist das Ziel der gantzen heiligen Schrifft / daß wir von unsern Kräfften und Vermögen / Würdigkeit und Verdienst abgeführet werden zur Erkäntniß unsers Elendes und Nichtigkeit / und denn ferner gebracht werden zur Erkäntniß der Gnaden GOttes. Und bald darauff: Der Mensch kan die Gnade Gottes nicht erkennen / noch recht zu Hertzen nehmen / wenn er nicht zuvor seine Nichtigkeit erkennet / und in ihm selbst gar zunichte gemacht wird. Joh. Arndii Auslegung des Pfalters Davids. Abermahl gestehet David / sich zum höchsten darüber verwundernd / seine Unwürdigkeit und GOttes unbegreiffliche Gütigkeit / wenn Er anderswo auch schreibet: HERR / was ist der Mensch / daß du dich sein annimmst? und des Menschen Kind / daß Du ihn so achtest? Ps. CXLIV. 3. Ist sehr emphatisch gefraget / [fremdsprachliches Material] HErr / was ist der Mensch? Darauff er sofort vers 4. antwortet: Ist doch der Mensch gleich wie nichts. Extenuandi vim habet haec quaestio vel maxime, ita ut invicem opponantur infinita Dei, adeo benigne nobiscum agentis, majestas, & nostra extrema ac impurissima vilitas, quam citra stuporem nemo cordatorum satis conferre potest. D. Gejer. Commentar. in h.l. So da nun die Heiligen selbst sich der Göttlichen Gnaden in allen Stücken zu geringe geschätzet / denen wir doch nicht gleichen; warum solten wir denn auff unser Verdienst und Würdigkeit für GOtt trotzen? Selbst ein Päbstlicher Scribente bekennet: Bona opera

geistreicher Lehrer unserer Kirchen also nachdencklich und nachdrücklich geschrieben: Diß Sprüchlein hält uns für aller Menschen Nichtigkeit / Unvermögen / Jammer und Elend / Tod / Hölle und Verdammniß / daß GOtt uns nicht um der Würdigkeit und Verdienstes willen geholffen / und seinen lieben Sohn geschencket / sondern aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit; Und hiemit will uns GOtt all unsern Ruhm unserer Würdigkeit / Vermögens und Verdienstes niederlegen / auff daß Er allein die Ehre / Ruhm und Preiß unser Seligkeit behalte. Diß ist das Ziel der gantzen heiligen Schrifft / daß wir von unsern Kräfften und Vermögen / Würdigkeit und Verdienst abgeführet werden zur Erkäntniß unsers Elendes und Nichtigkeit / und denn ferner gebracht werden zur Erkäntniß der Gnaden GOttes. Und bald darauff: Der Mensch kan die Gnade Gottes nicht erkennẽ / noch recht zu Hertzen nehmen / weñ er nicht zuvor seine Nichtigkeit erkennet / und in ihm selbst gar zunichte gemacht wird. Joh. Arndii Auslegung des Pfalters Davids. Abermahl gestehet David / sich zum höchsten darüber verwundernd / seine Unwürdigkeit und GOttes unbegreiffliche Gütigkeit / wenn Er anderswo auch schreibet: HERR / was ist der Mensch / daß du dich sein annim̃st? und des Menschen Kind / daß Du ihn so achtest? Ps. CXLIV. 3. Ist sehr emphatisch gefraget / [fremdsprachliches Material] HErr / was ist der Mensch? Darauff er sofort vers 4. antwortet: Ist doch der Mensch gleich wie nichts. Extenuandi vim habet haec quaestio vel maximè, ita ut invicem opponantur infinita Dei, adeò benignè nobiscum agentis, majestas, & nostra extrema ac impurissima vilitas, quam citra stuporem nemo cordatorum satis conferre potest. D. Gejer. Commentar. in h.l. So da nun die Heiligen selbst sich der Göttlichen Gnaden in allen Stücken zu geringe geschätzet / denen wir doch nicht gleichen; warum solten wir denn auff unser Verdienst und Würdigkeit für GOtt trotzen? Selbst ein Päbstlicher Scribente bekennet: Bona opera

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0037" n="35"/>
geistreicher                      Lehrer unserer Kirchen also nachdencklich und nachdrücklich geschrieben: Diß                      Sprüchlein hält uns für aller Menschen Nichtigkeit / Unvermögen / Jammer und                      Elend / Tod / Hölle und Verdammniß / daß GOtt uns nicht um der Würdigkeit und                      Verdienstes willen geholffen / und seinen lieben Sohn geschencket / sondern aus                      lauter Gnaden und Barmhertzigkeit; Und hiemit will uns GOtt all unsern Ruhm                      unserer Würdigkeit / Vermögens und Verdienstes niederlegen / auff daß Er allein                      die Ehre / Ruhm und Preiß unser Seligkeit behalte. Diß ist das Ziel der gantzen                      heiligen Schrifft / daß wir von unsern Kräfften und Vermögen / Würdigkeit und                      Verdienst abgeführet werden zur Erkäntniß unsers Elendes und Nichtigkeit / und                      denn ferner gebracht werden zur Erkäntniß der Gnaden GOttes. Und bald darauff:                      Der Mensch kan die Gnade Gottes nicht erkenne&#x0303; / noch recht zu                      Hertzen nehmen / wen&#x0303; er nicht zuvor seine Nichtigkeit erkennet /                      und in ihm selbst gar zunichte gemacht wird. <note place="left">Joh.                          Arndii Auslegung des Pfalters Davids.</note> Abermahl gestehet David / sich                      zum höchsten darüber verwundernd / seine Unwürdigkeit und GOttes unbegreiffliche                      Gütigkeit / wenn Er anderswo auch schreibet: HERR / was ist der Mensch / daß du                      dich sein annim&#x0303;st? und des Menschen Kind / daß Du ihn so achtest?                          <note place="left">Ps. CXLIV. 3.</note> Ist sehr emphatisch gefraget                      / <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> HErr / was ist der Mensch? Darauff er sofort vers 4.                      antwortet: Ist doch der Mensch gleich wie nichts. <note place="left">Extenuandi vim habet haec quaestio vel maximè, ita ut invicem opponantur                          infinita Dei, adeò benignè nobiscum agentis, majestas, &amp; nostra extrema                          ac impurissima vilitas, quam citra stuporem nemo cordatorum satis conferre                          potest. D. Gejer. Commentar. in h.l.</note> So da nun die Heiligen selbst                      sich der Göttlichen Gnaden in allen Stücken zu geringe geschätzet / denen wir                      doch nicht gleichen; warum solten wir denn auff unser Verdienst und Würdigkeit                      für GOtt trotzen? Selbst ein Päbstlicher Scribente bekennet: Bona opera
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0037] geistreicher Lehrer unserer Kirchen also nachdencklich und nachdrücklich geschrieben: Diß Sprüchlein hält uns für aller Menschen Nichtigkeit / Unvermögen / Jammer und Elend / Tod / Hölle und Verdammniß / daß GOtt uns nicht um der Würdigkeit und Verdienstes willen geholffen / und seinen lieben Sohn geschencket / sondern aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit; Und hiemit will uns GOtt all unsern Ruhm unserer Würdigkeit / Vermögens und Verdienstes niederlegen / auff daß Er allein die Ehre / Ruhm und Preiß unser Seligkeit behalte. Diß ist das Ziel der gantzen heiligen Schrifft / daß wir von unsern Kräfften und Vermögen / Würdigkeit und Verdienst abgeführet werden zur Erkäntniß unsers Elendes und Nichtigkeit / und denn ferner gebracht werden zur Erkäntniß der Gnaden GOttes. Und bald darauff: Der Mensch kan die Gnade Gottes nicht erkennẽ / noch recht zu Hertzen nehmen / weñ er nicht zuvor seine Nichtigkeit erkennet / und in ihm selbst gar zunichte gemacht wird. Abermahl gestehet David / sich zum höchsten darüber verwundernd / seine Unwürdigkeit und GOttes unbegreiffliche Gütigkeit / wenn Er anderswo auch schreibet: HERR / was ist der Mensch / daß du dich sein annim̃st? und des Menschen Kind / daß Du ihn so achtest? Ist sehr emphatisch gefraget / _ HErr / was ist der Mensch? Darauff er sofort vers 4. antwortet: Ist doch der Mensch gleich wie nichts. So da nun die Heiligen selbst sich der Göttlichen Gnaden in allen Stücken zu geringe geschätzet / denen wir doch nicht gleichen; warum solten wir denn auff unser Verdienst und Würdigkeit für GOtt trotzen? Selbst ein Päbstlicher Scribente bekennet: Bona opera Joh. Arndii Auslegung des Pfalters Davids. Ps. CXLIV. 3. Extenuandi vim habet haec quaestio vel maximè, ita ut invicem opponantur infinita Dei, adeò benignè nobiscum agentis, majestas, & nostra extrema ac impurissima vilitas, quam citra stuporem nemo cordatorum satis conferre potest. D. Gejer. Commentar. in h.l.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_israeliter_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_israeliter_1716/37
Zitationshilfe: Meyer, Franz Heinrich: Der in Erwegung göttlicher Wollthaten sich recht verhaltende Israeliter. Hildesheim, 1716, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_israeliter_1716/37>, abgerufen am 24.11.2024.