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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Unterdessen war der Mond aufgegangen und über¬
rieselte draußen die Krone der Ulme und die schwere
Blätterdecke der Feigenbäume mit hellem Lichte; aber
nur eine spärliche Helle drang durch die kleinen Fen¬
ster in das breite, tiefe Gemach und schattete ihre
massiven Gitterkreuze auf dem steinernen Fußboden ab.

Lucia stellte die italienische eiserne Oellampe auf
den Tisch und entfachte, die Dochte in die Höhe ziehend,
drei helle Flämmchen, die auf ihr über das Geräth
gebeugtes liebliches Antlitz einen rothen Wiederschein
warfen.

Plötzlich fiel durchs Fenster ein Schuß. Die Män¬
ner sprangen auf. Das junge Weib sank ohne Laut
zusammen und die Lampe lag verglimmend am Boden.
Eine tödtliche Kugel hatte die sanfte Lucia getroffen.

Schaudernd sah Waser das schöne sterbende Haupt,
auf welches das Mondlicht fiel und das Jenatsch, auf
den Knieen liegend, im Arme hielt. Jürg weinte laut.
Während der Pater bemüht war die Lampe wieder
anzuzünden, hatte Blasius Alexander seine Büchse
ergriffen und schritt ruhig in den mondhellen Garten
hinaus.

Er mußte den Mörder nicht lange suchen.

Da kauerte zwischen den Stämmen der Bäume ein
langer Mensch, dessen vorgebeugtes Gesicht dunkle darüber

Unterdeſſen war der Mond aufgegangen und über¬
rieſelte draußen die Krone der Ulme und die ſchwere
Blätterdecke der Feigenbäume mit hellem Lichte; aber
nur eine ſpärliche Helle drang durch die kleinen Fen¬
ſter in das breite, tiefe Gemach und ſchattete ihre
maſſiven Gitterkreuze auf dem ſteinernen Fußboden ab.

Lucia ſtellte die italieniſche eiſerne Oellampe auf
den Tiſch und entfachte, die Dochte in die Höhe ziehend,
drei helle Flämmchen, die auf ihr über das Geräth
gebeugtes liebliches Antlitz einen rothen Wiederſchein
warfen.

Plötzlich fiel durchs Fenſter ein Schuß. Die Män¬
ner ſprangen auf. Das junge Weib ſank ohne Laut
zuſammen und die Lampe lag verglimmend am Boden.
Eine tödtliche Kugel hatte die ſanfte Lucia getroffen.

Schaudernd ſah Waſer das ſchöne ſterbende Haupt,
auf welches das Mondlicht fiel und das Jenatſch, auf
den Knieen liegend, im Arme hielt. Jürg weinte laut.
Während der Pater bemüht war die Lampe wieder
anzuzünden, hatte Blaſius Alexander ſeine Büchſe
ergriffen und ſchritt ruhig in den mondhellen Garten
hinaus.

Er mußte den Mörder nicht lange ſuchen.

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[91/0101] Unterdeſſen war der Mond aufgegangen und über¬ rieſelte draußen die Krone der Ulme und die ſchwere Blätterdecke der Feigenbäume mit hellem Lichte; aber nur eine ſpärliche Helle drang durch die kleinen Fen¬ ſter in das breite, tiefe Gemach und ſchattete ihre maſſiven Gitterkreuze auf dem ſteinernen Fußboden ab. Lucia ſtellte die italieniſche eiſerne Oellampe auf den Tiſch und entfachte, die Dochte in die Höhe ziehend, drei helle Flämmchen, die auf ihr über das Geräth gebeugtes liebliches Antlitz einen rothen Wiederſchein warfen. Plötzlich fiel durchs Fenſter ein Schuß. Die Män¬ ner ſprangen auf. Das junge Weib ſank ohne Laut zuſammen und die Lampe lag verglimmend am Boden. Eine tödtliche Kugel hatte die ſanfte Lucia getroffen. Schaudernd ſah Waſer das ſchöne ſterbende Haupt, auf welches das Mondlicht fiel und das Jenatſch, auf den Knieen liegend, im Arme hielt. Jürg weinte laut. Während der Pater bemüht war die Lampe wieder anzuzünden, hatte Blaſius Alexander ſeine Büchſe ergriffen und ſchritt ruhig in den mondhellen Garten hinaus. Er mußte den Mörder nicht lange ſuchen. Da kauerte zwiſchen den Stämmen der Bäume ein langer Menſch, deſſen vorgebeugtes Geſicht dunkle darüber

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/101>, abgerufen am 21.11.2024.