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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Volkshaufen gesehen und seine Herrschaft über die toben¬
den Massen hat mich entsetzt.

"Ihr seid im Begriff, Bünden der spanischen Macht
zu entreißen und ich zweifle keinen Augenblick am Er¬
folg Eurer Waffen. Aber was dann? Wie werden sich
nach Vertreibung der Spanier die Absichten der fran¬
zösischen Krone, die das strategisch wichtige Land bis
zum allgemeinen Frieden unmöglich aus den Händen
geben darf, mit dem stürmischen Verlangen seiner wil¬
den Bewohner nach der alten Selbständigkeit vereinigen
lassen? Da Richelieu -- ich will sagen der allerchrist¬
lichste König, Euer Herr -- nur den kleinsten Theil
seiner in Deutschland unentbehrlichen Truppen Euch zur
Verfügung stellt, werdet Ihr in Bünden selbst werben
und dem durch jegliches Elend erschöpften Lande neue
Opfer zumuthen müssen. Das aber -- ich schäme mich
zu sagen, was Ihr sicherlich längst bedacht habt -- wird
Euch nur durch das Mittel weitgehender Versprechungen
gelingen. Ich wenigstens kann mir nichts anderes denken,
als daß Ihr mit Euerm persönlichen Werthe den Bünd¬
nern Euch werdet verbürgen müssen, ihnen, sobald Euer
Sieg erfochten ist, ihr ursprüngliches Gebiet und ihre
alte Selbständigkeit unvermindert zurückzugeben. -- Dar¬
um sendet, wie ich vermuthe, Richelieu gerade Euch,
dessen Name von reiner Ehre leuchtet, nach Bünden,

Volkshaufen geſehen und ſeine Herrſchaft über die toben¬
den Maſſen hat mich entſetzt.

„Ihr ſeid im Begriff, Bünden der ſpaniſchen Macht
zu entreißen und ich zweifle keinen Augenblick am Er¬
folg Eurer Waffen. Aber was dann? Wie werden ſich
nach Vertreibung der Spanier die Abſichten der fran¬
zöſiſchen Krone, die das ſtrategiſch wichtige Land bis
zum allgemeinen Frieden unmöglich aus den Händen
geben darf, mit dem ſtürmiſchen Verlangen ſeiner wil¬
den Bewohner nach der alten Selbſtändigkeit vereinigen
laſſen? Da Richelieu — ich will ſagen der allerchriſt¬
lichſte König, Euer Herr — nur den kleinſten Theil
ſeiner in Deutſchland unentbehrlichen Truppen Euch zur
Verfügung ſtellt, werdet Ihr in Bünden ſelbſt werben
und dem durch jegliches Elend erſchöpften Lande neue
Opfer zumuthen müſſen. Das aber — ich ſchäme mich
zu ſagen, was Ihr ſicherlich längſt bedacht habt — wird
Euch nur durch das Mittel weitgehender Verſprechungen
gelingen. Ich wenigſtens kann mir nichts anderes denken,
als daß Ihr mit Euerm perſönlichen Werthe den Bünd¬
nern Euch werdet verbürgen müſſen, ihnen, ſobald Euer
Sieg erfochten iſt, ihr urſprüngliches Gebiet und ihre
alte Selbſtändigkeit unvermindert zurückzugeben. — Dar¬
um ſendet, wie ich vermuthe, Richelieu gerade Euch,
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[202/0212] Volkshaufen geſehen und ſeine Herrſchaft über die toben¬ den Maſſen hat mich entſetzt. „Ihr ſeid im Begriff, Bünden der ſpaniſchen Macht zu entreißen und ich zweifle keinen Augenblick am Er¬ folg Eurer Waffen. Aber was dann? Wie werden ſich nach Vertreibung der Spanier die Abſichten der fran¬ zöſiſchen Krone, die das ſtrategiſch wichtige Land bis zum allgemeinen Frieden unmöglich aus den Händen geben darf, mit dem ſtürmiſchen Verlangen ſeiner wil¬ den Bewohner nach der alten Selbſtändigkeit vereinigen laſſen? Da Richelieu — ich will ſagen der allerchriſt¬ lichſte König, Euer Herr — nur den kleinſten Theil ſeiner in Deutſchland unentbehrlichen Truppen Euch zur Verfügung ſtellt, werdet Ihr in Bünden ſelbſt werben und dem durch jegliches Elend erſchöpften Lande neue Opfer zumuthen müſſen. Das aber — ich ſchäme mich zu ſagen, was Ihr ſicherlich längſt bedacht habt — wird Euch nur durch das Mittel weitgehender Verſprechungen gelingen. Ich wenigſtens kann mir nichts anderes denken, als daß Ihr mit Euerm perſönlichen Werthe den Bünd¬ nern Euch werdet verbürgen müſſen, ihnen, ſobald Euer Sieg erfochten iſt, ihr urſprüngliches Gebiet und ihre alte Selbſtändigkeit unvermindert zurückzugeben. — Dar¬ um ſendet, wie ich vermuthe, Richelieu gerade Euch, deſſen Name von reiner Ehre leuchtet, nach Bünden,

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/212>, abgerufen am 27.11.2024.