Gefahr ihrer Lage mit drohender Deutlichkeit. War ihnen doch nur in seiner Vertrauen erweckenden Person Frankreich als helfende Macht nahe getreten! Er war es, der für seinen König mit ihnen unterhandelt, den von ihnen begehrten Kampfpreis zugesagt, für Frank¬ reichs Rechtlichkeit im Worthalten dem kleinen Lande gegenüber sich verbürgt hatte. Was geschah, wenn ihr Mittler, der gute Herzog, verschwand? Wen gab ihm Richelieu zum Nachfolger? War der die Welt mit kalter Berechnung überschauende Cardinal, der rücksichts¬ lose Staatsmann gesonnen, das unbequeme Erbe der Gerechtigkeit des Protestanten Heinrich Rohan anzu¬ treten?
Das Unheil ging diesmal noch vorüber. Die Nachricht vom Tode des Herzogs war eine falsche. Nach einigen Wochen erfuhr man, er habe zehn Tage lang mit geschlossenen Augen bewußtlos gelegen, dann sei er wieder zum Leben erwacht und erhole sich lang¬ sam. Welcher böse Zweifel aber ihn gefoltert hatte, bis er todesmatt aufs Lager sank, das ahnte damals noch niemand.
Gefahr ihrer Lage mit drohender Deutlichkeit. War ihnen doch nur in ſeiner Vertrauen erweckenden Perſon Frankreich als helfende Macht nahe getreten! Er war es, der für ſeinen König mit ihnen unterhandelt, den von ihnen begehrten Kampfpreis zugeſagt, für Frank¬ reichs Rechtlichkeit im Worthalten dem kleinen Lande gegenüber ſich verbürgt hatte. Was geſchah, wenn ihr Mittler, der gute Herzog, verſchwand? Wen gab ihm Richelieu zum Nachfolger? War der die Welt mit kalter Berechnung überſchauende Cardinal, der rückſichts¬ loſe Staatsmann geſonnen, das unbequeme Erbe der Gerechtigkeit des Proteſtanten Heinrich Rohan anzu¬ treten?
Das Unheil ging diesmal noch vorüber. Die Nachricht vom Tode des Herzogs war eine falſche. Nach einigen Wochen erfuhr man, er habe zehn Tage lang mit geſchloſſenen Augen bewußtlos gelegen, dann ſei er wieder zum Leben erwacht und erhole ſich lang¬ ſam. Welcher böſe Zweifel aber ihn gefoltert hatte, bis er todesmatt aufs Lager ſank, das ahnte damals noch niemand.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0252"n="242"/>
Gefahr ihrer Lage mit drohender Deutlichkeit. War<lb/>
ihnen doch nur in ſeiner Vertrauen erweckenden Perſon<lb/>
Frankreich als helfende Macht nahe getreten! Er war<lb/>
es, der für ſeinen König mit ihnen unterhandelt, den<lb/>
von ihnen begehrten Kampfpreis zugeſagt, für Frank¬<lb/>
reichs Rechtlichkeit im Worthalten dem kleinen Lande<lb/>
gegenüber ſich verbürgt hatte. Was geſchah, wenn ihr<lb/>
Mittler, der gute Herzog, verſchwand? Wen gab ihm<lb/>
Richelieu zum Nachfolger? War der die Welt mit<lb/>
kalter Berechnung überſchauende Cardinal, der rückſichts¬<lb/>
loſe Staatsmann geſonnen, das unbequeme Erbe der<lb/>
Gerechtigkeit des Proteſtanten Heinrich Rohan anzu¬<lb/>
treten?</p><lb/><p>Das Unheil ging diesmal noch vorüber. Die<lb/>
Nachricht vom Tode des Herzogs war eine falſche.<lb/>
Nach einigen Wochen erfuhr man, er habe zehn Tage<lb/>
lang mit geſchloſſenen Augen bewußtlos gelegen, dann<lb/>ſei er wieder zum Leben erwacht und erhole ſich lang¬<lb/>ſam. Welcher böſe Zweifel aber ihn gefoltert hatte,<lb/>
bis er todesmatt aufs Lager ſank, das ahnte damals<lb/>
noch niemand.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[242/0252]
Gefahr ihrer Lage mit drohender Deutlichkeit. War
ihnen doch nur in ſeiner Vertrauen erweckenden Perſon
Frankreich als helfende Macht nahe getreten! Er war
es, der für ſeinen König mit ihnen unterhandelt, den
von ihnen begehrten Kampfpreis zugeſagt, für Frank¬
reichs Rechtlichkeit im Worthalten dem kleinen Lande
gegenüber ſich verbürgt hatte. Was geſchah, wenn ihr
Mittler, der gute Herzog, verſchwand? Wen gab ihm
Richelieu zum Nachfolger? War der die Welt mit
kalter Berechnung überſchauende Cardinal, der rückſichts¬
loſe Staatsmann geſonnen, das unbequeme Erbe der
Gerechtigkeit des Proteſtanten Heinrich Rohan anzu¬
treten?
Das Unheil ging diesmal noch vorüber. Die
Nachricht vom Tode des Herzogs war eine falſche.
Nach einigen Wochen erfuhr man, er habe zehn Tage
lang mit geſchloſſenen Augen bewußtlos gelegen, dann
ſei er wieder zum Leben erwacht und erhole ſich lang¬
ſam. Welcher böſe Zweifel aber ihn gefoltert hatte,
bis er todesmatt aufs Lager ſank, das ahnte damals
noch niemand.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/252>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.