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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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der Staatsmann aus ihm geworden . . . Er will sich
von mir scheiden und loskaufen, darum gab er mir
mein Riedberg wieder. Er scheut mich wie einen Vor¬
wurf, er flieht mein Antlitz wie das einer Todten! --
Und sie vergaß, daß sie selbst ihn drohend beschworen,
die Schwelle ihres Hauses nimmermehr zu über¬
schreiten. --

"Heilige Mutter Gottes, was ist das für ein
Lärm!" fuhr jetzt Schwester Perpetua auf, denn im
Schloßzwinger erscholl ein rasendes Gebell der Hofhunde.
Man hörte das Schelten der sie beschwichtigenden Knechte,
dazwischen wiederholte Schläge gegen das Thor und,
als Lucretia das Fenster öffnete, eine mit langsamer
Bedenklichkeit geführte Unterhandlung zwischen Lucas
und der gebieterischen Stimme eines Einlaß Begeh¬
renden.

Nun erschien der Alte selber mit der bestürztesten
Miene, deren seine felsenharten Züge fähig waren.
"Es verlangt Einer allein mit Euch zu reden, Fräu¬
lein" . . . . sagte er, "der Oberst Jenatsch, den Gott
strafe!" -- setzte er leiser und mit innerer Empörung
hinzu.

Lucretia stand groß und bleich. Sie hatte die
Stimme vor dem Hofthor am ersten Laute erkannt.

"Laß ihn nicht warten! Führe ihn hieher!" befahl

der Staatsmann aus ihm geworden . . . Er will ſich
von mir ſcheiden und loskaufen, darum gab er mir
mein Riedberg wieder. Er ſcheut mich wie einen Vor¬
wurf, er flieht mein Antlitz wie das einer Todten! —
Und ſie vergaß, daß ſie ſelbſt ihn drohend beſchworen,
die Schwelle ihres Hauſes nimmermehr zu über¬
ſchreiten. —

„Heilige Mutter Gottes, was iſt das für ein
Lärm!“ fuhr jetzt Schweſter Perpetua auf, denn im
Schloßzwinger erſcholl ein raſendes Gebell der Hofhunde.
Man hörte das Schelten der ſie beſchwichtigenden Knechte,
dazwiſchen wiederholte Schläge gegen das Thor und,
als Lucretia das Fenſter öffnete, eine mit langſamer
Bedenklichkeit geführte Unterhandlung zwiſchen Lucas
und der gebieteriſchen Stimme eines Einlaß Begeh¬
renden.

Nun erſchien der Alte ſelber mit der beſtürzteſten
Miene, deren ſeine felſenharten Züge fähig waren.
„Es verlangt Einer allein mit Euch zu reden, Fräu¬
lein“ . . . . ſagte er, „der Oberſt Jenatſch, den Gott
ſtrafe!“ — ſetzte er leiſer und mit innerer Empörung
hinzu.

Lucretia ſtand groß und bleich. Sie hatte die
Stimme vor dem Hofthor am erſten Laute erkannt.

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[286/0296] der Staatsmann aus ihm geworden . . . Er will ſich von mir ſcheiden und loskaufen, darum gab er mir mein Riedberg wieder. Er ſcheut mich wie einen Vor¬ wurf, er flieht mein Antlitz wie das einer Todten! — Und ſie vergaß, daß ſie ſelbſt ihn drohend beſchworen, die Schwelle ihres Hauſes nimmermehr zu über¬ ſchreiten. — „Heilige Mutter Gottes, was iſt das für ein Lärm!“ fuhr jetzt Schweſter Perpetua auf, denn im Schloßzwinger erſcholl ein raſendes Gebell der Hofhunde. Man hörte das Schelten der ſie beſchwichtigenden Knechte, dazwiſchen wiederholte Schläge gegen das Thor und, als Lucretia das Fenſter öffnete, eine mit langſamer Bedenklichkeit geführte Unterhandlung zwiſchen Lucas und der gebieteriſchen Stimme eines Einlaß Begeh¬ renden. Nun erſchien der Alte ſelber mit der beſtürzteſten Miene, deren ſeine felſenharten Züge fähig waren. „Es verlangt Einer allein mit Euch zu reden, Fräu¬ lein“ . . . . ſagte er, „der Oberſt Jenatſch, den Gott ſtrafe!“ — ſetzte er leiſer und mit innerer Empörung hinzu. Lucretia ſtand groß und bleich. Sie hatte die Stimme vor dem Hofthor am erſten Laute erkannt. „Laß ihn nicht warten! Führe ihn hieher!“ befahl

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/296>, abgerufen am 21.11.2024.