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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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dieser Rede dermaßen, daß der Herzog ihm die Hand
auf die Schulter legte und ihn freundlich mit den
Worten verabschiedete: "Sprechen wir nicht mehr da¬
von, mein Lieber, die Sache ist nicht von Wichtigkeit."

Fruchtlos brütend, wie er dem Obersten trotz alle¬
dem noch beikommen könne, verließ Wertmüller das
herzogliche Gemach. In seinem Zustande verbissener
Wuth bemerkte er nicht, daß ein blondes Cherubim¬
köpfchen sich die Treppen heran ihm entgegen bewegte.
Es war die goldlockige Tochter des Hauses, Fräulein
Amantia Sprecher, die sich mit einem Strauße erster
Märzglöckchen zu dem Herzog begab. Nicht nur über¬
sah sie der Ungestüme, er raste in so weiten Sprün¬
gen die Steinstufen hinunter, daß er sie fast nieder¬
rannte. Bestürzt hielt sie sich an dem reich verschlun¬
genen Eisengeländer und sah ihm mit ihren unschuldi¬
gen blauen Augen sinnend und vorwurfsvoll nach.

War das derselbe Wertmüller, der ihrer Lieblich¬
keit sonst in auffallender Weise huldigte, der den ganzen
Winter einer ihrer bevorzugten Tänzer gewesen war?
Auch auf morgen hatte er sie ja wieder zum Balle,
dem letzten und glänzendsten des Faschings, eingeladen.
Welche Tarantel hatte ihn heute gestochen?

Wohl war er ihr auch sonst zu Zeiten rücksichtslos
erschienen, wenn er sich spöttisch und wegwerfend über

dieſer Rede dermaßen, daß der Herzog ihm die Hand
auf die Schulter legte und ihn freundlich mit den
Worten verabſchiedete: „Sprechen wir nicht mehr da¬
von, mein Lieber, die Sache iſt nicht von Wichtigkeit.“

Fruchtlos brütend, wie er dem Oberſten trotz alle¬
dem noch beikommen könne, verließ Wertmüller das
herzogliche Gemach. In ſeinem Zuſtande verbiſſener
Wuth bemerkte er nicht, daß ein blondes Cherubim¬
köpfchen ſich die Treppen heran ihm entgegen bewegte.
Es war die goldlockige Tochter des Hauſes, Fräulein
Amantia Sprecher, die ſich mit einem Strauße erſter
Märzglöckchen zu dem Herzog begab. Nicht nur über¬
ſah ſie der Ungeſtüme, er raſte in ſo weiten Sprün¬
gen die Steinſtufen hinunter, daß er ſie faſt nieder¬
rannte. Beſtürzt hielt ſie ſich an dem reich verſchlun¬
genen Eiſengeländer und ſah ihm mit ihren unſchuldi¬
gen blauen Augen ſinnend und vorwurfsvoll nach.

War das derſelbe Wertmüller, der ihrer Lieblich¬
keit ſonſt in auffallender Weiſe huldigte, der den ganzen
Winter einer ihrer bevorzugten Tänzer geweſen war?
Auch auf morgen hatte er ſie ja wieder zum Balle,
dem letzten und glänzendſten des Faſchings, eingeladen.
Welche Tarantel hatte ihn heute geſtochen?

Wohl war er ihr auch ſonſt zu Zeiten rückſichtslos
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[309/0319] dieſer Rede dermaßen, daß der Herzog ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn freundlich mit den Worten verabſchiedete: „Sprechen wir nicht mehr da¬ von, mein Lieber, die Sache iſt nicht von Wichtigkeit.“ Fruchtlos brütend, wie er dem Oberſten trotz alle¬ dem noch beikommen könne, verließ Wertmüller das herzogliche Gemach. In ſeinem Zuſtande verbiſſener Wuth bemerkte er nicht, daß ein blondes Cherubim¬ köpfchen ſich die Treppen heran ihm entgegen bewegte. Es war die goldlockige Tochter des Hauſes, Fräulein Amantia Sprecher, die ſich mit einem Strauße erſter Märzglöckchen zu dem Herzog begab. Nicht nur über¬ ſah ſie der Ungeſtüme, er raſte in ſo weiten Sprün¬ gen die Steinſtufen hinunter, daß er ſie faſt nieder¬ rannte. Beſtürzt hielt ſie ſich an dem reich verſchlun¬ genen Eiſengeländer und ſah ihm mit ihren unſchuldi¬ gen blauen Augen ſinnend und vorwurfsvoll nach. War das derſelbe Wertmüller, der ihrer Lieblich¬ keit ſonſt in auffallender Weiſe huldigte, der den ganzen Winter einer ihrer bevorzugten Tänzer geweſen war? Auch auf morgen hatte er ſie ja wieder zum Balle, dem letzten und glänzendſten des Faſchings, eingeladen. Welche Tarantel hatte ihn heute geſtochen? Wohl war er ihr auch ſonſt zu Zeiten rückſichtslos erſchienen, wenn er ſich ſpöttiſch und wegwerfend über

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/319>, abgerufen am 22.11.2024.