"Ein militärisches Handbuch schreiben, meint Ihr?" höhnte Wertmüller. "Nicht doch! In der Lage, die Ihr ihm so kunstvoll bereitet habt, bleibt für Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wissen, wohin mein Herr sich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen sich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen -- entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬ geführt wurde.
Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn an den Herzog Bernhard von Weimar, seinen Schwieger¬ sohn, worin er sich zu gemeinem Reiterdienst im deutschen Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog Bernhard ausrichten? Besinn' ich mich recht, so folgtet auch Ihr einst seiner Fahne. Er wird sich über Euch wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße so auch meinerseits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre ich dessen nie theilhaft geworden! Besonders jenes Mal vor der Festung Fuentes nicht, als Ihr in gebührenden Ehren einherschrittet . . . schon damals mit spanischem Gefolge! Manches stünde besser und Ihr wäret schon längst an Euern richtigen Platz er¬ höht."
"Ihr reizt mich nicht," sagte der Andere finster. "Ich bin des Blutes satt und an Eurer persönlichen
„Ein militäriſches Handbuch ſchreiben, meint Ihr?“ höhnte Wertmüller. „Nicht doch! In der Lage, die Ihr ihm ſo kunſtvoll bereitet habt, bleibt für Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wiſſen, wohin mein Herr ſich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen ſich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen — entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬ geführt wurde.
Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn an den Herzog Bernhard von Weimar, ſeinen Schwieger¬ ſohn, worin er ſich zu gemeinem Reiterdienſt im deutſchen Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog Bernhard ausrichten? Beſinn' ich mich recht, ſo folgtet auch Ihr einſt ſeiner Fahne. Er wird ſich über Euch wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße ſo auch meinerſeits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre ich deſſen nie theilhaft geworden! Beſonders jenes Mal vor der Feſtung Fuentes nicht, als Ihr in gebührenden Ehren einherſchrittet . . . ſchon damals mit ſpaniſchem Gefolge! Manches ſtünde beſſer und Ihr wäret ſchon längſt an Euern richtigen Platz er¬ höht.“
„Ihr reizt mich nicht,“ ſagte der Andere finſter. „Ich bin des Blutes ſatt und an Eurer perſönlichen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0334"n="324"/><p>„Ein militäriſches Handbuch ſchreiben, meint<lb/>
Ihr?“ höhnte Wertmüller. „Nicht doch! In der Lage,<lb/>
die Ihr ihm ſo kunſtvoll bereitet habt, bleibt für<lb/>
Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem<lb/>
Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wiſſen, wohin mein Herr<lb/>ſich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen<lb/>ſich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen<lb/>— entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬<lb/>
geführt wurde.</p><lb/><p>Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn<lb/>
an den Herzog Bernhard von Weimar, ſeinen Schwieger¬<lb/>ſohn, worin er ſich zu gemeinem Reiterdienſt im deutſchen<lb/>
Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog<lb/>
Bernhard ausrichten? Beſinn' ich mich recht, ſo folgtet<lb/>
auch Ihr einſt ſeiner Fahne. Er wird ſich über Euch<lb/>
wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße ſo auch<lb/>
meinerſeits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre<lb/>
ich deſſen nie theilhaft geworden! Beſonders jenes<lb/>
Mal vor der Feſtung Fuentes nicht, als Ihr in<lb/>
gebührenden Ehren einherſchrittet . . . ſchon damals<lb/>
mit ſpaniſchem Gefolge! Manches ſtünde beſſer und<lb/>
Ihr wäret ſchon längſt an Euern richtigen Platz er¬<lb/>
höht.“</p><lb/><p>„Ihr reizt mich nicht,“ſagte der Andere finſter.<lb/>„Ich bin des Blutes ſatt und an Eurer perſönlichen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[324/0334]
„Ein militäriſches Handbuch ſchreiben, meint
Ihr?“ höhnte Wertmüller. „Nicht doch! In der Lage,
die Ihr ihm ſo kunſtvoll bereitet habt, bleibt für
Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem
Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wiſſen, wohin mein Herr
ſich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen
ſich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen
— entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬
geführt wurde.
Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn
an den Herzog Bernhard von Weimar, ſeinen Schwieger¬
ſohn, worin er ſich zu gemeinem Reiterdienſt im deutſchen
Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog
Bernhard ausrichten? Beſinn' ich mich recht, ſo folgtet
auch Ihr einſt ſeiner Fahne. Er wird ſich über Euch
wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße ſo auch
meinerſeits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre
ich deſſen nie theilhaft geworden! Beſonders jenes
Mal vor der Feſtung Fuentes nicht, als Ihr in
gebührenden Ehren einherſchrittet . . . ſchon damals
mit ſpaniſchem Gefolge! Manches ſtünde beſſer und
Ihr wäret ſchon längſt an Euern richtigen Platz er¬
höht.“
„Ihr reizt mich nicht,“ ſagte der Andere finſter.
„Ich bin des Blutes ſatt und an Eurer perſönlichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/334>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.