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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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setzten Franziskanermönch, dessen von der Capuze be¬
schattetes Augenpaar er forschend auf sich gerichtet
fühlte. Eine Maske war das nicht. Der Mönch warf
seine regentriefende Capuze zurück und Waser erkannte
das nüchterne, geisteskräftige Gesicht des Paters Pancraz
und seine klug blitzenden Augen. Die beiden Männer
schüttelten sich die Hände.

"Thun wir uns zusammen, Herr Bürgermeister,"
sagte der Pater leis aber eindringlich. "Welt und
Kirche, Ehrenkette und Kuttenstrick im Bunde werden
durch den tollsten Spuck dringen! Ich lese auf Eurem
Gesicht, daß Ihr wie ich in Sorge seid um den Obersten.
Etwas ist droben vorgefallen. Was sie dort fort¬
schleppten -- ich habe das niederhangende Haupt scharf
angesehn -- war der todte oder ohnmächtige Rudolf
Planta. Um den ist's kein Schade und an der Fast¬
nacht sind blutige Köpfe nichts besonderes, aber gut
ist's doch, wenn wir hinaufkommen!"

Bei diesen Worten schob er den Bürgermeister in
eine gesicherte Ecke und stellte sich vor ihn, denn ein
paar trunkene Officiere stürzten sich eben, mit den
Degen fuchtelnd, in die Menge hinunter.

Der Pater verschwieg seine Hauptsorge -- Lucretia.
Er war, durch das Unwetter verspätet, vor einer Stunde

ſetzten Franziskanermönch, deſſen von der Capuze be¬
ſchattetes Augenpaar er forſchend auf ſich gerichtet
fühlte. Eine Maske war das nicht. Der Mönch warf
ſeine regentriefende Capuze zurück und Waſer erkannte
das nüchterne, geiſteskräftige Geſicht des Paters Pancraz
und ſeine klug blitzenden Augen. Die beiden Männer
ſchüttelten ſich die Hände.

„Thun wir uns zuſammen, Herr Bürgermeiſter,“
ſagte der Pater leis aber eindringlich. „Welt und
Kirche, Ehrenkette und Kuttenſtrick im Bunde werden
durch den tollſten Spuck dringen! Ich leſe auf Eurem
Geſicht, daß Ihr wie ich in Sorge ſeid um den Oberſten.
Etwas iſt droben vorgefallen. Was ſie dort fort¬
ſchleppten — ich habe das niederhangende Haupt ſcharf
angeſehn — war der todte oder ohnmächtige Rudolf
Planta. Um den iſt's kein Schade und an der Faſt¬
nacht ſind blutige Köpfe nichts beſonderes, aber gut
iſt's doch, wenn wir hinaufkommen!“

Bei dieſen Worten ſchob er den Bürgermeiſter in
eine geſicherte Ecke und ſtellte ſich vor ihn, denn ein
paar trunkene Officiere ſtürzten ſich eben, mit den
Degen fuchtelnd, in die Menge hinunter.

Der Pater verſchwieg ſeine Hauptſorge — Lucretia.
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[400/0410] ſetzten Franziskanermönch, deſſen von der Capuze be¬ ſchattetes Augenpaar er forſchend auf ſich gerichtet fühlte. Eine Maske war das nicht. Der Mönch warf ſeine regentriefende Capuze zurück und Waſer erkannte das nüchterne, geiſteskräftige Geſicht des Paters Pancraz und ſeine klug blitzenden Augen. Die beiden Männer ſchüttelten ſich die Hände. „Thun wir uns zuſammen, Herr Bürgermeiſter,“ ſagte der Pater leis aber eindringlich. „Welt und Kirche, Ehrenkette und Kuttenſtrick im Bunde werden durch den tollſten Spuck dringen! Ich leſe auf Eurem Geſicht, daß Ihr wie ich in Sorge ſeid um den Oberſten. Etwas iſt droben vorgefallen. Was ſie dort fort¬ ſchleppten — ich habe das niederhangende Haupt ſcharf angeſehn — war der todte oder ohnmächtige Rudolf Planta. Um den iſt's kein Schade und an der Faſt¬ nacht ſind blutige Köpfe nichts beſonderes, aber gut iſt's doch, wenn wir hinaufkommen!“ Bei dieſen Worten ſchob er den Bürgermeiſter in eine geſicherte Ecke und ſtellte ſich vor ihn, denn ein paar trunkene Officiere ſtürzten ſich eben, mit den Degen fuchtelnd, in die Menge hinunter. Der Pater verſchwieg ſeine Hauptſorge — Lucretia. Er war, durch das Unwetter verſpätet, vor einer Stunde

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/410>, abgerufen am 23.11.2024.