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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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der Kirche folgten, fragte er flüsternd: "Der Erzpriester
ist doch wirklich nicht mehr am Leben?"

"Sapperment!" versetzte der junge Pfarrer, "ich
war dabei, als man ihn unter dem Galgen in Thusis
verscharrte."

Jetzt traten sie durch die Hauptpforte in die Kirche.
Das Schiff, welches sie nun durchschritten, war zum
Behufe des protestantischen Gottesdienstes von allen
Heiligthümern gereinigt und enthielt außer den Bänken
für die Zuhörer nur den Taufstein und eine nackte
Kanzel. Ein Breterverschlag mit einer kleinen Thüre
trennte davon den weiten Chor, der den Katholiken
verblieben und von ihnen zur Capelle eingerichtet wor¬
den war.

Als Jenatsch öffnete, befanden sie sich dem Haupt¬
altare gegenüber, dessen heiliger Schmuck und silbernes
Crucifix in einem letzten durch das schmale Bogenfenster
einfallenden Abendschimmer kaum mehr zu erkennen
waren. Vor ihnen drängte sich Kopf an Kopf die
knieende murmelnde Menge, Weiber, Krüppel, Alte. Längs
der Wände schoben sich dürftige Männergestalten, mit
den langen magern Hälsen vorwärts lauschend und den
Filz krampfhaft vor die Brust gedrückt.

Auf dem Hochaltare flackerten zwei düstere Kerzen,
deren Licht mit dem letzten von außen kommenden

der Kirche folgten, fragte er flüſternd: „Der Erzprieſter
iſt doch wirklich nicht mehr am Leben?“

„Sapperment!“ verſetzte der junge Pfarrer, „ich
war dabei, als man ihn unter dem Galgen in Thuſis
verſcharrte.“

Jetzt traten ſie durch die Hauptpforte in die Kirche.
Das Schiff, welches ſie nun durchſchritten, war zum
Behufe des proteſtantiſchen Gottesdienſtes von allen
Heiligthümern gereinigt und enthielt außer den Bänken
für die Zuhörer nur den Taufſtein und eine nackte
Kanzel. Ein Breterverſchlag mit einer kleinen Thüre
trennte davon den weiten Chor, der den Katholiken
verblieben und von ihnen zur Capelle eingerichtet wor¬
den war.

Als Jenatſch öffnete, befanden ſie ſich dem Haupt¬
altare gegenüber, deſſen heiliger Schmuck und ſilbernes
Crucifix in einem letzten durch das ſchmale Bogenfenſter
einfallenden Abendſchimmer kaum mehr zu erkennen
waren. Vor ihnen drängte ſich Kopf an Kopf die
knieende murmelnde Menge, Weiber, Krüppel, Alte. Längs
der Wände ſchoben ſich dürftige Männergeſtalten, mit
den langen magern Hälſen vorwärts lauſchend und den
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deren Licht mit dem letzten von außen kommenden

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[56/0066] der Kirche folgten, fragte er flüſternd: „Der Erzprieſter iſt doch wirklich nicht mehr am Leben?“ „Sapperment!“ verſetzte der junge Pfarrer, „ich war dabei, als man ihn unter dem Galgen in Thuſis verſcharrte.“ Jetzt traten ſie durch die Hauptpforte in die Kirche. Das Schiff, welches ſie nun durchſchritten, war zum Behufe des proteſtantiſchen Gottesdienſtes von allen Heiligthümern gereinigt und enthielt außer den Bänken für die Zuhörer nur den Taufſtein und eine nackte Kanzel. Ein Breterverſchlag mit einer kleinen Thüre trennte davon den weiten Chor, der den Katholiken verblieben und von ihnen zur Capelle eingerichtet wor¬ den war. Als Jenatſch öffnete, befanden ſie ſich dem Haupt¬ altare gegenüber, deſſen heiliger Schmuck und ſilbernes Crucifix in einem letzten durch das ſchmale Bogenfenſter einfallenden Abendſchimmer kaum mehr zu erkennen waren. Vor ihnen drängte ſich Kopf an Kopf die knieende murmelnde Menge, Weiber, Krüppel, Alte. Längs der Wände ſchoben ſich dürftige Männergeſtalten, mit den langen magern Hälſen vorwärts lauſchend und den Filz krampfhaft vor die Bruſt gedrückt. Auf dem Hochaltare flackerten zwei düſtere Kerzen, deren Licht mit dem letzten von außen kommenden

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/66>, abgerufen am 21.11.2024.