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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Das war Jenatsch von einem blutjungen Locotenenten
aus der Freigrafschaft bestätigt worden, der in Fuentes
erkrankt war und, um solch ruhmlosem Untergange aus¬
zuweichen, ein paar Wochen auf Urlaub in der Berg¬
luft von Berbenn verlebt hatte. Sich die Zeit zu
kürzen, brachte er ein neues spanisches Buch mit, eine
so lustige Geschichte, daß er es für unrecht hielt, allein
darüber zu lachen, und er sie dem jungen Pfarrer mit¬
theilte, an dessen Umgang er Gefallen fand und der
ihm durch seinen Geist und seine Kenntniß der
spanischen Sprache zu diesem Genusse vollkommen be¬
fähigt schien. Dies Buch war im Pfarrhause zurück¬
geblieben und heute gedachte Jenatsch den ingeniosen
Hidalgo Don Quixote -- so lautete sein Titel -- als
Schlüssel zu der spanischen Festung zu benützen.

Eben öffnete sich ein Thor der äußersten Umwallung
vor dem ersten Proviantwagen und Jenatsch trieb sein
müdes Thier an, um bei dieser Gelegenheit leichter
Eingang zu erlangen. Als die Freunde jedoch die
Festung erreichten, stand an der Fallbrücke, die Einfahrt
beaufsichtigend, ein spanischer Hauptmann, ein gelber
zäher Geselle -- nur Haut und Knochen -- von dem
das Fieber abgezehrt, was abzuzehren war. Er maß
die Ankommenden mit hohlen mißtrauischen Augen und
als Jenatsch mit anstandsvollem Gruße nach dem Be¬

Das war Jenatſch von einem blutjungen Locotenenten
aus der Freigrafſchaft beſtätigt worden, der in Fuentes
erkrankt war und, um ſolch ruhmloſem Untergange aus¬
zuweichen, ein paar Wochen auf Urlaub in der Berg¬
luft von Berbenn verlebt hatte. Sich die Zeit zu
kürzen, brachte er ein neues ſpaniſches Buch mit, eine
ſo luſtige Geſchichte, daß er es für unrecht hielt, allein
darüber zu lachen, und er ſie dem jungen Pfarrer mit¬
theilte, an deſſen Umgang er Gefallen fand und der
ihm durch ſeinen Geiſt und ſeine Kenntniß der
ſpaniſchen Sprache zu dieſem Genuſſe vollkommen be¬
fähigt ſchien. Dies Buch war im Pfarrhauſe zurück¬
geblieben und heute gedachte Jenatſch den ingenioſen
Hidalgo Don Quixote — ſo lautete ſein Titel — als
Schlüſſel zu der ſpaniſchen Feſtung zu benützen.

Eben öffnete ſich ein Thor der äußerſten Umwallung
vor dem erſten Proviantwagen und Jenatſch trieb ſein
müdes Thier an, um bei dieſer Gelegenheit leichter
Eingang zu erlangen. Als die Freunde jedoch die
Feſtung erreichten, ſtand an der Fallbrücke, die Einfahrt
beaufſichtigend, ein ſpaniſcher Hauptmann, ein gelber
zäher Geſelle — nur Haut und Knochen — von dem
das Fieber abgezehrt, was abzuzehren war. Er maß
die Ankommenden mit hohlen mißtrauiſchen Augen und
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[71/0081] Das war Jenatſch von einem blutjungen Locotenenten aus der Freigrafſchaft beſtätigt worden, der in Fuentes erkrankt war und, um ſolch ruhmloſem Untergange aus¬ zuweichen, ein paar Wochen auf Urlaub in der Berg¬ luft von Berbenn verlebt hatte. Sich die Zeit zu kürzen, brachte er ein neues ſpaniſches Buch mit, eine ſo luſtige Geſchichte, daß er es für unrecht hielt, allein darüber zu lachen, und er ſie dem jungen Pfarrer mit¬ theilte, an deſſen Umgang er Gefallen fand und der ihm durch ſeinen Geiſt und ſeine Kenntniß der ſpaniſchen Sprache zu dieſem Genuſſe vollkommen be¬ fähigt ſchien. Dies Buch war im Pfarrhauſe zurück¬ geblieben und heute gedachte Jenatſch den ingenioſen Hidalgo Don Quixote — ſo lautete ſein Titel — als Schlüſſel zu der ſpaniſchen Feſtung zu benützen. Eben öffnete ſich ein Thor der äußerſten Umwallung vor dem erſten Proviantwagen und Jenatſch trieb ſein müdes Thier an, um bei dieſer Gelegenheit leichter Eingang zu erlangen. Als die Freunde jedoch die Feſtung erreichten, ſtand an der Fallbrücke, die Einfahrt beaufſichtigend, ein ſpaniſcher Hauptmann, ein gelber zäher Geſelle — nur Haut und Knochen — von dem das Fieber abgezehrt, was abzuzehren war. Er maß die Ankommenden mit hohlen mißtrauiſchen Augen und als Jenatſch mit anſtandsvollem Gruße nach dem Be¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/81>, abgerufen am 24.11.2024.