mehr in das Himmlische versetzet werden. So muß also denen Kindern GOttes alles zum besten dienen, und so viel gewinnt der Teufel, daß er wider seinen Willen die Kinder GOttes von sich und der Welt hinweg, aber desto tiefer in die Vereinigung mit GOtt treiben muß.
Jn dieser stillen und einsamen Beschäf- tigung, die Seele immer geschickter für die nahe Ewigkeit zu machen, gienge unsere Selige fort. Gleichwie aber in der Natur die stille und helle Tage nicht immerdar dauren, sondern öfters auf die lieblichste Witterung, Sturm, Dunkelheit, und Re- gen folget, so geschiehet es auch in der Gnade. Die Sonne der Gerechtigkeit zei- get sich nicht immer in dem gleichen Glanz der Seele, es giebt Verbergungen und Dunkelheiten. So erfuhr es diese Seele auch. Jhre Heiterkeit, Stille und der Friede in der Seele, und die lebendige Ue- berzeugungen der Gnade daureten nicht im- mer, sondern es gabe Abwechslungen, es überfielen sie finstere Stunden, darinnen sie in grosse Dürre und Trockenheit geriethe, und von dem HErrn JEsu als verlassen schiene. Wie demüthig, zerschmelzet und ängstlich wurde da ihre Seele nicht! Wie bange und niedergeschlagen wurde das Her- ze, wenn nur ein Gedanke kame, sie möch-
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Thaten der Gnade. I. Stuͤck.
mehr in das Himmliſche verſetzet werden. So muß alſo denen Kindern GOttes alles zum beſten dienen, und ſo viel gewinnt der Teufel, daß er wider ſeinen Willen die Kinder GOttes von ſich und der Welt hinweg, aber deſto tiefer in die Vereinigung mit GOtt treiben muß.
Jn dieſer ſtillen und einſamen Beſchaͤf- tigung, die Seele immer geſchickter fuͤr die nahe Ewigkeit zu machen, gienge unſere Selige fort. Gleichwie aber in der Natur die ſtille und helle Tage nicht immerdar dauren, ſondern oͤfters auf die lieblichſte Witterung, Sturm, Dunkelheit, und Re- gen folget, ſo geſchiehet es auch in der Gnade. Die Sonne der Gerechtigkeit zei- get ſich nicht immer in dem gleichen Glanz der Seele, es giebt Verbergungen und Dunkelheiten. So erfuhr es dieſe Seele auch. Jhre Heiterkeit, Stille und der Friede in der Seele, und die lebendige Ue- berzeugungen der Gnade daureten nicht im- mer, ſondern es gabe Abwechslungen, es uͤberfielen ſie finſtere Stunden, darinnen ſie in groſſe Duͤrre und Trockenheit geriethe, und von dem HErrn JEſu als verlaſſen ſchiene. Wie demuͤthig, zerſchmelzet und aͤngſtlich wurde da ihre Seele nicht! Wie bange und niedergeſchlagen wurde das Her- ze, wenn nur ein Gedanke kame, ſie moͤch-
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Thaten der Gnade. I. Stuͤck.
mehr in das Himmliſche verſetzet werden.
So muß alſo denen Kindern GOttes alles zum
beſten dienen, und ſo viel gewinnt der Teufel,
daß er wider ſeinen Willen die Kinder GOttes
von ſich und der Welt hinweg, aber deſto tiefer
in die Vereinigung mit GOtt treiben muß.
Jn dieſer ſtillen und einſamen Beſchaͤf-
tigung, die Seele immer geſchickter fuͤr
die nahe Ewigkeit zu machen, gienge unſere
Selige fort. Gleichwie aber in der Natur
die ſtille und helle Tage nicht immerdar
dauren, ſondern oͤfters auf die lieblichſte
Witterung, Sturm, Dunkelheit, und Re-
gen folget, ſo geſchiehet es auch in der
Gnade. Die Sonne der Gerechtigkeit zei-
get ſich nicht immer in dem gleichen Glanz
der Seele, es giebt Verbergungen und
Dunkelheiten. So erfuhr es dieſe Seele
auch. Jhre Heiterkeit, Stille und der
Friede in der Seele, und die lebendige Ue-
berzeugungen der Gnade daureten nicht im-
mer, ſondern es gabe Abwechslungen, es
uͤberfielen ſie finſtere Stunden, darinnen ſie
in groſſe Duͤrre und Trockenheit geriethe,
und von dem HErrn JEſu als verlaſſen
ſchiene. Wie demuͤthig, zerſchmelzet und
aͤngſtlich wurde da ihre Seele nicht! Wie
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/123>, abgerufen am 21.11.2024.
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