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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Thaten der Gnade. II. Stück.
immer zunehmende Sehnen nach dem Vor-
geschmack desselben, machte in ihr eine gar
merkliche Veränderung. Jhr Herz und
Gemüth ergötzten sich nun nicht mehr an
solchen Kleinigkeiten, an welchen sonsten
Kinder von einem solchen Alter ihr Ver-
gnügen und ihre Freude suchen. Sie ent-
zoge sich allen Gelegenheiten, da sie mit in
die Kinderthorheiten und sündliche Ergötz-
lichkeiten hätte können verwickelt werden.
Sie befliesse sich der Einsamkeit, damit sie
ihren Gedanken desto ungehinderter nach-
hängen konnte, und bediente sich in einer
kindlichen Einfalt eines jeden Vorwurfes,
der ihr dasjenige erwecklich machen konnte,
darnach sie sich in ihrem Jnnwendigen so
herzlich sehnete. Redete sie mit jemand, so
flossen solche Reden aus ihrem Munde, die
damit übereinkamen, und welche demjeni-
gen entsprachen, womit sie in dem inneren
Grunde ihres Herzens angefüllet war: Jhr
ganzes Verhalten, alle ihre Handlungen
und Werke waren nun gegen ihre vorige
Aufführung so verschieden, daß diejenigen,
die ihr die nächsten waren, nicht nur über
dieses alles erstaunten, sondern gar (weilen
sie sich darein nicht zu finden wußten, und
den wahren Grund auch nicht weder ent-
deckten, noch verstunden) anfiengen zu
fürchten, es möchte nicht recht mit ihr ste-

hen,

Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
immer zunehmende Sehnen nach dem Vor-
geſchmack deſſelben, machte in ihr eine gar
merkliche Veraͤnderung. Jhr Herz und
Gemuͤth ergoͤtzten ſich nun nicht mehr an
ſolchen Kleinigkeiten, an welchen ſonſten
Kinder von einem ſolchen Alter ihr Ver-
gnuͤgen und ihre Freude ſuchen. Sie ent-
zoge ſich allen Gelegenheiten, da ſie mit in
die Kinderthorheiten und ſuͤndliche Ergoͤtz-
lichkeiten haͤtte koͤnnen verwickelt werden.
Sie beflieſſe ſich der Einſamkeit, damit ſie
ihren Gedanken deſto ungehinderter nach-
haͤngen konnte, und bediente ſich in einer
kindlichen Einfalt eines jeden Vorwurfes,
der ihr dasjenige erwecklich machen konnte,
darnach ſie ſich in ihrem Jnnwendigen ſo
herzlich ſehnete. Redete ſie mit jemand, ſo
floſſen ſolche Reden aus ihrem Munde, die
damit uͤbereinkamen, und welche demjeni-
gen entſprachen, womit ſie in dem inneren
Grunde ihres Herzens angefuͤllet war: Jhr
ganzes Verhalten, alle ihre Handlungen
und Werke waren nun gegen ihre vorige
Auffuͤhrung ſo verſchieden, daß diejenigen,
die ihr die naͤchſten waren, nicht nur uͤber
dieſes alles erſtaunten, ſondern gar (weilen
ſie ſich darein nicht zu finden wußten, und
den wahren Grund auch nicht weder ent-
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[91/0143] Thaten der Gnade. II. Stuͤck. immer zunehmende Sehnen nach dem Vor- geſchmack deſſelben, machte in ihr eine gar merkliche Veraͤnderung. Jhr Herz und Gemuͤth ergoͤtzten ſich nun nicht mehr an ſolchen Kleinigkeiten, an welchen ſonſten Kinder von einem ſolchen Alter ihr Ver- gnuͤgen und ihre Freude ſuchen. Sie ent- zoge ſich allen Gelegenheiten, da ſie mit in die Kinderthorheiten und ſuͤndliche Ergoͤtz- lichkeiten haͤtte koͤnnen verwickelt werden. Sie beflieſſe ſich der Einſamkeit, damit ſie ihren Gedanken deſto ungehinderter nach- haͤngen konnte, und bediente ſich in einer kindlichen Einfalt eines jeden Vorwurfes, der ihr dasjenige erwecklich machen konnte, darnach ſie ſich in ihrem Jnnwendigen ſo herzlich ſehnete. Redete ſie mit jemand, ſo floſſen ſolche Reden aus ihrem Munde, die damit uͤbereinkamen, und welche demjeni- gen entſprachen, womit ſie in dem inneren Grunde ihres Herzens angefuͤllet war: Jhr ganzes Verhalten, alle ihre Handlungen und Werke waren nun gegen ihre vorige Auffuͤhrung ſo verſchieden, daß diejenigen, die ihr die naͤchſten waren, nicht nur uͤber dieſes alles erſtaunten, ſondern gar (weilen ſie ſich darein nicht zu finden wußten, und den wahren Grund auch nicht weder ent- deckten, noch verſtunden) anfiengen zu fuͤrchten, es moͤchte nicht recht mit ihr ſte- hen,

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/143>, abgerufen am 21.11.2024.